03 - Keiner wie Wir
besaß, sie hatte alle vorhandenen Big-Brother-Elemente freiwillig offenbart.
Chris, der sich schweigend an der Suche beteiligt und dabei nur hin und wieder Daniels lädierte Stirn mit kaum verhohlener Neugierde beäugt hatte, verlor beim Anblick des Wohnzimmers, jetzt in hübschem Altrosa gehalten, doch endlich die Fassung.
»Was treibt ihr denn hier?«
»Nichts.«
»Nach ‚nichts’ sieht es aber nicht aus!«
»Wir ... äh ... haben einen kleinen Wettkampf am Laufen.«
»Aha. Und in welcher Disziplin?«
Anstatt seinen Freund zu erleuchten, hob Daniel die Schultern. Chris würde es ohnehin nicht begreifen. Auf jeden Außenstehenden musste ihr Verhalten zwangsläufig an Wahnsinn erinnern. Weil diese Leute eben keine Phantasie besaßen und total ahnungslos waren!
Kevin, dessen Anwesenheit noch einen zweiten Grund hatte, saß bereits an seinem Laptop. Dabei handelte es sich um ein kostspieliges Exemplar, kein Billigprodukt, wie Tina sie benutzte.
Daniel jedoch wurde einem zunehmend widerlichen Verhör unterzogen.
»Wo war sie denn nun?«
»Arbeiten.«
»Wie? Und warum hat sie sich nicht gemeld...«
Unwirsch verzog Daniel das Gesicht. »Sie war arbeiten und hat vergessen, anzurufen. Mehr gibt es nicht zu sagen!«
Ganz offensichtlich war sein Freund damit alles andere als zufrieden, dummerweise hatte Daniel nicht die geringste Absicht, dieses Thema noch ausufernder mit ihm zu diskutieren. Hierbei handelte es sich um eine Angelegenheit, die ausschließlich Tina und ihn anging.
Und in der er siegen würde, selbstverständlich.
Chris, der ewig Langweilige und Zweifelnde, schüttelte den Kopf. »Ihr seid beide nicht ganz normal. Das war damals schon so und wird sich wohl nie ändern. Also, wenn du mich fragst ...«
»Genau das habe ich aber nicht getan!«, knurrte Daniel. »Halt dich da raus!«
Mit den Jahren war Chris bedeutend ruhiger geworden. Übereinstimmend mit allen anderen, nicht unmittelbar Beteiligten, jedoch Eingeweihten, hatte er bereits vor Monaten resümiert, dass bei den beiden ohnehin jede Hilfe zu spät kam, sofern überhaupt jemals Hoffnung bestanden hatte. Er nahm die Abfuhr sportlich. »Wie du meinst ...« und begab sich zurück auf seinen sicheren Beobachtungsposten, den er bereits seit so vielen Jahren besetzte. Langweilig wurde es selten! Und natürlich hatte er die Absicht, die anderen Zaungäste exklusiv über die neuesten Entwicklungen zu informieren.
»Dann viel Glück«, meinte er lässig. »Mal sehen, wer überlebt.«
»Danke.«
»Kein Problem.«
Damit galt zumindest dieses Thema als abgeschlossen, auch wenn Chris ihn dann und wann mit einem zweifelnden Blick bedachte. An die war Daniel längst derart gewöhnt, dass er sich damit garantiert nicht aus der Reserve locken ließ.
Währenddessen saß dieser Kevin immer noch an seinem Laptop und machte keine Anstalten, endlich zu einem vorzeigbaren Ergebnis zu gelangen. Die Zeit wurde langsam knapp, zunehmend stand Daniel der Schweiß auf der Stirn, was ihn auch gleich wieder ärgerte.
Was sollte schon passieren? Wenn sie wirklich vor Verschwinden der beiden auftauchen würde, hatte er eben Besuch von ein paar Freunden – und?
Daniels Sorge erwies sich bald als unbegründet.
Eine halbe Stunde später überreichte Kevin ihm mit feierlichem Grinsen einen schlichten Speicher-Stick. »Ich habe keine Ahnung, wen du damit hochnehmen willst, aber ... damit gelingt es dir garantiert.«
»Was ist zu tun?«
»Nichts leichter als das«, meinte das Computergenie schulterzuckend. »Schließe ihn an und starte die Maschine. Beim nächsten Hochfahren war es das ...«
Das klang doch durchaus vielversprechend …
* * *
O bwohl ja eigentlich kein Grund zur Sorge bestand, komplimentierte Daniel die beiden Männer so schnell wie möglich aus dem Appartement.
Großzügig übersah er Chris zweifelnde Blicke und wurde nicht einmal wütend, weil sich dessen Abschied gestaltete, als wäre dies ihr letztes Aufeinandertreffen … vor Daniels Hinrichtung.
»Machs gut ... Es war schön, dich gekannt zu haben. Okay, nicht schön , aber auf jeden Fall unterhaltsam. Du wirst mir fehlen ...«
Ungeduldig nickte Daniel. »Ja, du mich auch. Wenn du jetzt nicht endlich abhaust, muss ich dich leider töten, zersägen und die Leichenteile in Säure verschwinden lassen. Du störst! «
»Reg dich ab!« Fassungslos schüttelte Chris den Kopf und trat in den Hausflur. »Früher warst du auch mal höflicher.« Er tat, als würde er die letzten Worte
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