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03 Nightfall - Zeiten der Finsternis

03 Nightfall - Zeiten der Finsternis

Titel: 03 Nightfall - Zeiten der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Phoenix
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Gehenna sehen – das Tor und das Land. Zeig mir, wie es sich anfühlt.«
    Der Morgenstern starrte ihn überrascht an. »Einverstanden. Ich zeige es dir, aber ich weiß nicht, ob das helfen wird. Du musst deine Schilde senken.«
    Dante lachte. »Du machst wohl Witze. Zeig es mir einfach. Ich finde mich dann schon zurecht.«
    Das reine Gesicht des Gefallenen wirkte nun empört. »Ich würde nie versuchen, dich ohne deine Erlaubnis zu fesseln«, erklärte er. »Mein Leben ist um das Prinzip des freien Willens der Elohim aufgebaut.«
    »Kann sein. Aber ich werde dir nicht einfach so trauen.«
    »Ich habe das Gefühl, du bist sogar noch sturer als dein Vater«, brummte der Engel.
    »Merci beaucoup.« Dante wandte sich an Heather. »Ich weiß, dass Kugeln ihm nicht viel anhaben können. Aber sie schmerzen. Wenn er also etwas versucht, das dir irgendwie verdächtig vorkommt, dann leere dein Magazin in ihn.«
    Heather nickte. »Werde ich. Pass auf, Baptiste.«
    »Eure Bedenken sind unbegründet. Ich kann dir die Information, die du brauchst, durch mein Wybrcathl zukommen lassen.«
    »Ist das dein Gesang? So wie die Gesänge, die ich vor kurzem auf dem Hügel gehört habe?«
    »Ja. Lucien scheint deine Ausbildung ganz schön schleifen zu lassen.«
    » Tais-toi. Du redest über Dinge, von denen du keine Ahnung hast.«
    »Dann werde ich dir etwas geben, wovon ich Ahnung habe«, antwortete der Morgenstern. Er schloss die Augen. Lange silberne Wimpern senkten sich, er breitete die Flügel aus und ließ so erneut seinen Duft nach Bitterorange und Weihrauch in die Luft steigen.
    Ein Gesang perlte durch die Nacht. Es war ein vielschichtiger Rhythmus voller Informationen. Tonfolgen und kristallklare Notenläufe schickten Bilder, Orte und Sternkarten in Dantes Bewusstsein. Er sah das goldene Tor vor einem dunklen Himmel und wie Gehenna mit der Strahlkraft eines Polarlichts ausblutete. Er sah das Land, seine von Horsten durchbrochenen Felsen und Berge, seine wilden, weiß schäumenden Meere, den königlichen Horst aus blauem Marmor und die trillernden Aingeals , die den schwarzen Sternenthron umschwebten.
    Luzifers Lied endete.
    Dante dagegen kämpfte gegen den Drang an, sein eigenes Lied in Erwiderung erklingen zu lassen. Er schloss die Augen und betrachtete nochmals die Bilder in seinem Bewusstsein. Entschlossen überließ er sich dem Gefühl, das das verschwindende Gehenna mit seinen weiten Himmeln in ihm hinterlassen hatte. Dann dachte er an Lucien und versuchte, ihn sich vorzustellen.
    »D’accord«, flüsterte er.
    »Du brauchst mich, damit ich dich zum Tor begleite«, sagte der Morgenstern.
    Dante schüttelte den Kopf. »Nicht unbedingt.« Er wandte sich um und ging zu dem Baronne-Grab, wo er seine Hände auf den glatten, kühlen Stein legte.
    Hinter sich auf dem Weg hörte er leise Schritte. Er roch Flieder und frischen Regen. Langsam blickte er von dem wettergegerbten Stein auf und sah in Heathers dämmerblaue Augen.
    »Was hast du vor?«, fragte sie.
    »Ich weiß es nicht, bis ich es tue«, entgegnete er. »Ich will, dass du neben mir bleibst . Ja? Mein Bauchgefühl sagt mir, dass du am sichersten bist, wenn du mich berührst. Vielleicht kannst du dich an meinem Gürtel festhalten.«
    Heather runzelte die Stirn. »Muss ich mir Sorgen machen?«
    »Höchstwahrscheinlich schon.«
    »Was ist mit ihm?«, fragte sie und wies mit dem Kopf auf Luzifer.
    »Er sollte sich höchstwahrscheinlich auch Sorgen machen.«
    Luzifer musterte Dante lange. Das Strahlen seines Gesichts wurde um einiges schwächer. Beklommenheit überschattete seine Miene – ein Ausdruck, der für einen Gefallenen höchst selten war, wie Dante insgeheim vermutete.
    »Vielleicht warte ich im Himmel«, sagte Luzifer.
    » C’est bon. Denn du wirst dich bestimmt nicht an meinem Gürtel festhalten.«
    Der Morgenstern breitete die weißen Flügel aus, deren schillernde Unterseiten im Licht der Sterne funkelten. Als er sich in die Lüfte erhob, blies ein Windstoß die letzten Kerzen aus, die auf dem Grab gebrannt hatten.
    »Bist du so weit, chérie ?«
    Heather schob die Pistole in die Tasche ihres dunklen Trenchcoats. »Ja, ich bin bei dir«, antwortete sie, fasste nach seinem Gürtel und hielt sich daran fest. »Miteinander, Seite an Seite.«
    Dante schloss die Augen. Er stellte sich Gehenna und das Gefühl, das der Ort in ihm ausgelöst hatte, vor. Dann ballte er seine linke Hand zur Faust und hob sie. Sein Gesang erschallte laut und deutlich, dornenumrankt und

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