03 Nightfall - Zeiten der Finsternis
fröstelnd. Blut troff ihm aus der Nase, während er nickte. »Oui.« D en Blick hielt er auf Violet gerichtet.
»Sie lebt wieder. Sie atmet. Du musst dem Zauber Einhalt gebieten.«
Dante schloss die Augen. »Konzentrier dich«, flüsterte er. »Verdammt nochmal, konzentrier dich.«
Violets Mutter nahm die Hände vom Mund und flüsterte: »O mein Gott, o mein Gott.« Mit jedem Wort klang ihre Stimme durchdringender. »Was haben Sie mit ihr gemacht? Sie haben sie verändert! Sie haben sie verändert! Geben Sie sie mir wieder!«
Heather brach in Panik aus, als sie sah, wie sich die Frau vorbeugte. Sie hatte offenbar vor, Dante ihre Tochter zu entreißen – aus den funkensprühenden blauen Händen.
»Halt!«, rief sie. Instinktiv erstarrte die Frau, die Hände in der Luft. Ihr Blick schoss zu Heather. »Wenn Sie ihn berühren, verändert er Sie möglicherweise auch.«
Angst zeigte sich in der Miene der Frau, als sie die Hände zurückzog und zu Fäusten geballt auf ihre Schenkel legte. »Ich will meine Tochter wieder«, sagte sie mit zitternder Stimme. »Ich will sie sofort wieder.«
»Ich werde mich bemühen«, antwortete Heather und richtete die Aufmerksamkeit wieder auf Dante und das Mädchen in seinem Schoß.
Sie wünschte sich, näher kommen, ihn berühren, sich irgendwie tiefer und direkter mit ihm verbinden zu können als nur durch bloße Worte. Doch solange das blaue Feuer seine Hände umgab, wollte sie nichts riskieren.
»Hörst du mich noch, Baptiste? Wir sind in einem Motel in Damascus …«
»Lassen Sie das Kind los!«
Der Agent, den Dante zu Boden gerissen hatte, stand wenige Meter von ihnen entfernt. Sein Gesicht war leichenblass, und seine Brille saß ihm schief auf der Nase. Blut troff aus einer Seite seines Halses. Er hielt seine Waffe mit beiden zitternden Händen fest und richtete den Lauf direkt auf Dantes Kopf.
»Zurück, Arschloch«, grollte Von. »So hilfst du niemandem weiter. Lass die Dame machen. Sie weiß, was sie tut.«
Ein Muskel zuckte am Kiefer des Agenten, der immerhin kein weiteres Wort mehr sagte. Die Pistole hielt er aber weiter auf Dantes Kopf gerichtet.
»Red weiter, Püppchen.«
Heather holte zaghaft Luft. »Wir sind in Damascus in Oregon. Du, ich, Von und Annie, und wir sind auf dem Weg nach Hause. Das Kind in deinen Armen ist nicht Chloe. Deine Prinzessin ist vor elf Jahren gestorben.«
»Vor elf Jahren … nein, es ist gerade erst passiert«, antwortete Dante, der noch immer die Augen geschlossen hatte. Das Blut aus seiner Nase bildete eine dunkle, schimmernde Spur, die über seine Lippen und sein Kinn lief. »Aber ich habe alles rückgängig gemacht. Ich habe alles zurückgenommen und gutgemacht. Chloe ist gerettet, und Orem auch.«
Heather starrte Dante an. Eine weitere Tonne Wackersteine lag ihr im Magen. Dante erinnerte sich nicht nur an die furchtbaren Einzelheiten seiner Vergangenheit, er durchlebte sie vielmehr von neuem. Tränen brannten ihr in den Augen, und sie blinzelte, um sie zu vertreiben.
»Du kannst die Vergangenheit nicht ungeschehen machen«, sagte sie und hasste sich für jedes Wort. »Chloe ist tot, und das kannst du nie rückgängig machen. Es ist geschehen.«
Dantes Muskeln verkrampften sich bei jedem ihrer Worte, als ramme sie ihm eine Stahlfaust in den Bauch. Seine Arme hielten die schlummernde Violet noch fester.
Heather war ziemlich sicher, dass Violet in dem Augenblick gestorben war, als die Kugel ihre Stirn durchschlagen hatte. Ihre Augen waren ausdruckslos gewesen. Dante hatte mehr getan, als ihr Leben zu retten, er hatte sie von den Toten zurückgeholt.
Vielleicht hätte Violet durch eine Herz-Lungen-Wiederbelebung, einen Defibrillator und Arzneimittel gerettet werden können, und das Ganze wäre als eine Nahtoderfahrung durchgegangen. Das lag im Bereich des Möglichen.
Aber Dante hatte eine Hand auf Violets Brust gelegt und seinen Atem in sie gehaucht.
Er ist die niemals endende Straße.
»Du hast Violet gerettet. Sie lebt – hier und jetzt, und zwar wegen dir. Gib sie ihrer Mutter zurück. Lass sie los.«
Dante holte tief Luft und öffnete dann die Augen. Er sah Heather an. Das goldene Licht war vergangen. Die blauen Flammen um seine Hände erloschen. »J’su ici«, sagte er mit heiserem Flüstern.
»Monster! Gib mir meine Tochter wieder!«
Wut verbannte alle anderen Gefühle aus dem Gesicht der Frau, als sie sich vorbeugte und Violet packte. Dante ließ sie los, und die Frau riss ihre veränderte Tochter aus seinem
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