03 - Sarggeflüster
gut, dann würde ich eben am Samstagabend im hiesigen Fernsehen zu sehen sein. Das war ein Kabelkanal, um Damiens willen. Wie viele Leute würden da schon zuschauen? Und - und das war das Allerwichtigste - es handelte sich um eine Datingshow. Nur zur Erinnerung: Gebürtige Vampire haben keine Dates. Nicht im traditionellen Sinn. Sie kommen zusammen, haben Sex, erklären ihre ewige Verbundenheit, haben mehr Sex, produzieren ein paar Babyvampire und - Sie haben es sicher schon erraten - haben noch mehr Sex. Sie treffen sich nicht zu Abendessen bei Kerzenschein und tanzen auch nicht im Mondschein oder tun irgendetwas, das auch nur im Entferntesten als romantisch angesehen werden könnte. Und das bedeutete, dass eine 99,9-prozentige Chance bestand, dass kein Mitglied der Gemeinschaft gebürtiger Vampire diese Show jemals zu Gesicht bekäme.
Die JAKs waren eine völlig andere Geschichte, aber da es um Regionalfernsehen ging, würden die Einzigen, deren Aufmerksamkeit ich erregte, vermutlich Vinnie und sein Bruder Crusher sein, zwei JAKs aus Jersey. Sie kümmerten sich um sämtliche Sichtungen hier in der Gegend und konnten, hatte meine Mutter mir zumindest erzählt, mit ein paar Scheinchen und ein bisschen kostenlosem Büromaterial bestochen werden. (Ein JAK zu sein bedeutete nicht nur, Vampire zu pfählen und ein paar Silberkugeln in ahnungslose Wer-Geschöpfe zu jagen. Vinnie musste schließlich ein Geschäft führen: Ausgaben, Bilanzaufstellungen, Steuern.) Was bedeutete, dass ich vielleicht doch nicht vollkommen am Arsch war.
„Danach gibt es noch zwei weitere Runden: Erst werden aus den zehn fünf ausgewählt, und dann kommen die letzten beiden. Wenn Sie es bis dahin schaffen“, sie strahlte schon wieder, „kommen Sie in die große Today-Show auf NBC.“
Bei nochmaligem Nachdenken ...
Ich kämpfte gegen das Nervenflattern an, das mich plötzlich überkommen hatte, hob eine Augenbraue und zielte auf das Ultracooler-Vampir-Image ab.
„Ist das alles?“
„Shirley hat angerufen und gesagt, sie braucht die Entscheidung noch heute.“
„O nein.“ Und tschüss, Ultravampir. Hallo, völlig unfähige Trauzeugin kurz vor dem Ausrasten. „Heute?“
Evie nickte. „Sonst haben sie nicht genug Zeit für die Bestellung. Es sei denn, Sie suchen etwas von der Stange aus.“
Ihre Worte drangen zu mir durch und rissen mich aus meiner Panik. Meine Gedanken rasten.
„Wenn Sie sich für etwas von der Stange entscheiden“, fuhr Evie fort, „braucht die Schneiderin aber trotzdem noch sechs Wochen für die vielen erforderlichen Änderungen -“
„Das ist es!“, unterbrach ich sie. „Wir können das Kleid ändern lassen. Diese ganze Panik, und dabei war die Lösung die ganze Zeit da, so offensichtlich, so einfach.“ Ich lächelte zum ersten Mal, seit ich aufgestanden war. „Sie sind ein Genie, Evie, ein absolutes Genie.“
„Gehört alles zum Job.“ Sie nippte an ihrem Latte und setzte sich wieder an den Computer.
Ich ging in mein Büro, rief Mandy an und erzählte ihr von Evies Geistesblitz.
„Meinst du denn wirklich, du findest jemanden, der etwas Anständiges aus dem Kleid machen kann, egal, wie scheußlich es ist?“
„Aber sicher doch. Allerdings können wir uns an keins der anderen Brautmodengeschäfte hier in der Stadt wenden, weil die dann natürlich die Lorbeeren für das Kleid einstreichen wollen, wenn sie sich überhaupt darauf einlassen. Und Shirleys Schneiderin können wir das auch nicht überlassen, weil sie dann weiß, dass wir das Kleid hassen.“
„Aber wird sie das denn nicht sowieso erfahren, wenn ich auf der Hochzeit mit einem ganz anderen Kleid auftauche?“
„Einem fantabulösen Kleid“, korrigierte ich meine zukünftige Schwägerin.
„Für das sie die volle Anerkennung bekommt. Sie wird so sehr mit dem Ansturm neuer Kundinnen beschäftigt sein, dass ihr gar keine Zeit bleibt, sich zu fragen, was da eigentlich los war.“
„Kann schon sein.“
„Würdest du jetzt bitte damit aufhören, so negativ zu sein? Alles wird ganz wunderbar funktionieren.“
„Deine Mutter ist heute vorbeigekommen und hat Jack das Abendessen gebracht.“
„Meine Mutter ist in eurer Wohnung gewesen?“ Jacqueline musste sich wohl richtige Sorgen machen. „Das klingt doch gar nicht schlecht.“ Ich versuchte, den Ernst der Lage herunterzuspielen. „Eine Flasche von Giovannis oder das neue importierte Zeug von Angelo's?“
„Eine Rockette namens Lola. Ich hab's dir doch gesagt, sie hasst mich.
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