03 - Schatten Krieger
Aufmerksamkeit richtete sich rasch wieder auf die Gruppe um Calabos, als Dardan das Wort ergriff. »Nein, Calabos, das ist eine Einladung zum Desaster«, widersprach er. »Wir haben letzte Nacht beschlossen, dass Ihr, Sounek und ich zusammen in die Höhle des Schwarzmagiers geht. Es wäre Wahnsinn, wenn wir uns trennen.« »Ich denke nur an Eure Sicherheit und das langfristige Überleben der Wächter«, erwiderte Calabos ernst. »Trotzdem wären wir gemeinsam ein weit härterer Brocken für unseren Widersacher«, warf Sounek ein. »Begreift doch, dass er seinen Angriff auf mich konzentrieren wird!«, gab Calabos zurück. »Wenn ich versage, wie lange könntet Ihr wohl widerstehen?«
Dardan sah ihn finster an, aber Sounek lächelte.
»Mein lieber Calabos, falls er zuerst uns überwinden muss, um an Euch heranzukommen, wie geschwächt wäre er dann wohl?«
Calabos seufzte und schüttelte den Kopf. »Ihr beide seid wirklich stur!«
»Allerdings!«, meinte Dardan nachdrücklich.
»Was ich auch sage, Ihr werdet Euch mir als Begleiter aufdrängen, wenn ich bei Yareds Pier an Land gehe, richtig?«
»So ist es«, meinte Sounek.
»Dann sieht es wohl so aus, als müsste ich Euren unvernünftigen Forderungen nachkommen. Vielleicht solltet Ihr Euch jedoch vorher überlegen, wer von Euch als Erster der brutalen Macht unseres Feindes begegnen will.« »Wir hoffen, dass es dazu gar nicht erst kommt«, antwortete Sounek.
»Dennoch werden wir vorbereitet sein«, fügte Dardan hinzu.
Die drei Männer lächelten, und Inryk lachte laut auf.
»Dann ist die Entscheidung gefallen«, meinte er. »Wir setzen Euch an Yareds Pier an Land, und wir anderen segeln weiter zu der Bucht mit dem sicheren Haus am Südstrand bei… wie heißt das Dorf noch gleich?« »Rishtu«, sagte Dardan.
»Ihr solltet von uns hören, bis Ihr das Haus erreicht habt«, sagte Calabos. »Wenn wir uns, sagen wir, eine Stunde nach Einbruch der Nacht nicht gemeldet haben, nehmt das Schlimmste an. Die Unterlagen unseres Ordens einschließlich einer vollständigen Liste aller geheimen Lager, Häuser und Besitzungen verwahre ich in einem versiegelten Kästchen in meinem Schulterbeutel. Das lasse ich bei Euch, damit Ihr entscheiden könnt, wie Ihr weitermacht, falls …«
»Was für trübsinnige Gedanken«, unterbrach ihn Sounek.
»Wir müssen bedauerlicherweise den Tatsachen ins Auge sehen.« Calabos stand steif auf und stützte sich auf einen Stock. »Wir werden bald Yareds Pier erreichen. Ich muss nach achtern und Kapitän Jodec informieren, wer von Bord geht und wer bleibt.«
Tashil beugte sich vor, als er an ihr vorbeiging und eine schmale Treppe zu der kleinen Brücke hinaufstieg, auf der Jodec und sein Steuermann saßen. Wie die anderen Wächter trug Calabos schlichte Stadtkleidung, heute ein dickes, rotes Wams über einer hellgrünen Tunika und eine schlichte braune Hose, dazu einen weichen, randlosen Hut aus einem dunkelgrauen Material. Dennoch wirkte er Ehrfurcht gebietend, fast majestätisch. Während sie beobachtete, wie er die Stufen hinaufkletterte, wurde ihr klar, dass sie sich niemals Sorgen um seine Sicherheit gemacht hatte, bis zu der Begegnung mit Erzmagier Tangaroth vor einigen Tagen. Als Calabos ohnmächtig vor ihnen zu Boden sank, hatte Tashil schockiert begriffen, dass er ebenso verwundbar und sterblich war wie sie alle. Bei Diskussionen in der vergangenen Nacht hatte sie sich freiwillig gemeldet, zusammen mit Calabos auf die Suche nach dem Versteck ihres Widersachers zu gehen. Die anschließende, heftige Auseinandersetzung, von der dieses Gespräch eben nur ein schwaches Echo gewesen war, hatte ihre Absichten geändert. Sie war zwar zunächst wütend und störrisch gewesen, aber nach einigem Nachdenken und ausgiebigem Schlaf war ihr Egoismus wie weggeblasen. »Ganz gleich, wo wir sind, wir sind immer am richtigen Ort«, hatte ihr alter Lehrer Tregaylis einmal gesagt. Die Frage war nur, ob sie auch aus dem richtigen Grund hier war. Sie stand auf, überließ Inryk, Sounek und Dardan ihren Taktikdiskussionen und ging zum vorderen Ende des Deckhauses. Dort setzte sie sich hin und schaute auf die Wellen und das Flussufer.
Sie hörte, wie jemand sich näherte, und drehte sich um. Ihr Bruder Atemor setzte sich neben sie. Er lächelte sie unschlüssig an, und einen Moment sagte keiner von ihnen etwas, während er auf die Höfe und Stallungen am Flussufer starrte. Sie wusste, dass er das Schweigen nicht lange aushalten würde.
»Tash«, sagte er
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