03 - Schatten Krieger
durchdrang die Dunkelheit, als zwei Gestalten aus einer Seitentür heraustaumelten und in die Gasse einbogen. Ihnen folgte eine dritte, welche die Tür hinter sich schloss. Der Lichtschein und das Stimmengewirr aus der Schänke erloschen. Tashil lauschte einen Moment, erkannte die Stimmen der drei Studenten und folgte dann eilig Calabos, der an der nächsten Ecke unvermittelt stehen blieb und sich umsah. Der Nebel dämpfte das Licht der Laternen und Straßenlampen zu einem schwachen, vereinzelten Schimmern. Die grauen Straßen vor ihnen und zu ihrer Linken führten ebenerdig weiter, während rechts von ihnen eine Straße abbog, die zum Hügel anstieg. Von Ondene war weder etwas zu sehen noch zu hören, aber Calabos deutete nach rechts. »Hier entlang.«
Tashil hielt mit ihm Schritt und konzentrierte sich auf ihre magischen Sinne. Nach einem Moment glaubte sie, Zeichen auf den Pflastersteinen der Straße sehen zu können. Es war die Fährte, anhand derer Calabos seine Beute verfolgte. Erneut gewann die Neugier die Oberhand in ihr.
»Woher kennt Ihr Hauptmann Ondene, Meister?« Sie rief sich ins Gedächtnis, wie Calabos in der Schänke sein Gesicht verhüllt hatte.
Er lachte leise. »Ich kannte seinen Vater, Arnos, Baron Ondene, und daher die Familie. Ich war es, der dem Jungen damals geholfen hat, aus Sejeend zu entkommen. Für Arnos, seine Frau und ihren älteren Sohn konnte ich jedoch leider nichts tun.« Die Belustigung in seiner Stimme war Verbitterung gewichen. Er verstummte und betrachtete aufmerksam die Pflastersteine. Schließlich deutete er mit seinem Spazierstock darauf. Tashil konnte sehen, dass sich andere Fußspuren zu der einzelnen Fährte gesellten und ein kompliziertes Muster bildeten, aus dem Fußspuren diagonal über die Straße zu einem kleinen Park führten. Die dunklen Bäume wurden von einer niedrigen Steinmauer umfasst, in der ein Spitzbogen eingelassen war, durch den die Fährte verlief. »Sie haben ihn erwischt. Es muss gerade eben erst geschehen sein!«, sagte Calabos und lief los. Tashil konnte am Rand ihrer Wahrnehmung schwache Kampfgeräusche spüren, Zweige, die unter schweren Schritten brachen, Äste und Laub, die gegen Kleidung schlugen …
Als sie auf einem breiten Weg in den Park eilten, mitten in das dämmrige Unterholz, drehte Calabos seinen Stab mit beiden Händen, teilte ihn in zwei Stücke und verstaute diese in seinem Mantel.
»Ich werde eine Umhüllung benutzen, um ihre Laternen zu löschen«, erklärte er leise. »Ihr rettet derweil den unglückseligen Hauptmann. Einverstanden?«
»Ja, Meister.« Tashil suchte in ihrem Gedächtnis nach einem angemessenen Gedankengesang. Der bewaldete Park bildete eine dunkle Masse, die nur von dem flackernden Licht von Lampen unterbrochen wurde, das etwas abseits vom Hauptweg zwischen den Bäumen und Büschen hindurchdrang. Grausames Lachen und Schmerzenslaute drangen an Tashils Ohren, als sie den Gedankengesang der Klammer beschwor und ihn in ihren Gedanken kreisen ließ. Es war ein verwobenes Gebilde aus Wispern und Traumschatten. Calabos stand einige Schritte von ihr entfernt und streckte seine verschränkten Hände vor sich aus. Mit ihrer Magiersicht nahm sie die feste Entschlossenheit in seinen Zügen wahr, während er auf seine gefalteten Hände sah. »Bereit?«, fragte er, ohne sie anzusehen.
Tashil hauchte ihr Schlüsselwort. Der Gedankengesang strömte in ihre Hände und überzog sie mit einem flackernden Netz aus eisblauer Macht.
»Bereit.«
Calabos nickte in einer knappen Geste und blickte auf das flackernde Licht der Laternen. Dann flogen seine Hände aus einander, als er den Umhüllungszauber freisetzte. Eine vollkommene, pechschwarze Dunkelheit breitete sich aus, verschluckte alle Einzelheiten und erstickte jeden noch so kleinen Lichtschein. Tashil hastete bereits zwischen den Bäumen hindurch, doch ihre Sicht war vollkommen an ihre Magiersinne gebunden. So nahm sie ihre Umgebung als geisterhafte Silhouetten und Umrisse wahr.
Momente später erreichte sie die Lichtung, auf der vier gespenstische Männergestalten auf dem Boden lagen und blindlings gegen Wurzeln und dornige Kletterpflanzen kämpften, während sie wütend und verwirrt brüllten und fluchten. Mit ihren glühenden Händen brachte Tashil einen nach dem anderen zum Schweigen und versetzte sie mit einer leichten, genauen Berührung in tiefe Bewusstlosigkeit. Alle, bis auf einen, der ein halbmondförmiges Amulett an einer Kette trug, die aus seinen billigen,
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