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03 - Schatten Krieger

03 - Schatten Krieger

Titel: 03 - Schatten Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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Gesprächsfetzen durchdrangen den wogenden Nebel in seinem Verstand und vertrieben die anderen Bilder seiner Erinnerung, die jedoch hartnäckig immer und immer wieder auftauchten. Wie diese Angreifer sich von allen Seiten auf ihn gestürzt hatten, bevor sie ihn in den Park schleppten, wie sie ihn an einen Baum fesselten und ihn prügelten, wie einer sagte: »Du hättest nicht wiederkommen sollen …!«
    Als er zu sich kam, lag er weich gebettet mitten in einem dämmrigen Raum, der von dem gelblichen Schein des Kaminfeuers und einiger Lampen erleuchtet wurde. Zwei Menschen saßen rechts und links neben seinem Bett… Dann nur noch eine Person, deren Hand sich kühl auf seiner Haut anfühlte, als sie ihm das Haar aus der Stirn strich. In dem milden Licht des Feuers nahmen ihre Gesichtszüge gewisse Ähnlichkeiten mit denen seiner Mutter an, deren aristokratische Strenge von einer verhärmten Trauer gemildert wurde.
    »Mein Sohn«,
glaubte er sie sagen zu hören.
»Mein armer, misshandelter Sohn …«.
Dann zuckte das Feuer, und Licht und Schatten verwandelten ihre Züge in das Antlitz von Lyndil, der Tochter des Kaisers, die ihn einen süßen Moment lang anlächelte, bevor sich das Gesicht erneut veränderte und nun einer jungen Frau gehörte, die er nicht kannte … Aber die Gezeiten seiner Schwäche trugen sie hinweg, und als er aus einer weiteren Ohnmacht erwachte, nahm er eine andere Person wahr. Groß und dunkel stand sie neben dem Bett. Ihr eindringlicher, prüfender Blick lastete fast wie ein fühlbarer Druck auf jeder Faser seines Körpers. Und als dieser merkwürdige Druck verschwand, spürte Corlek, dass auch seine Schmerzen verschwunden waren.
    Das Gesicht der dunklen Gestalt verbarg der tiefe Schatten einer weiten Kapuze, dafür jedoch funkelte ein mit Messing verziertes Langschwert im Licht des Kaminfeuers, das an der Wand hinter dieser Person hing. Eine alte Redensart wisperte wie eine vagabundierende Erinnerung durch Corleks Bewusstsein …
werde zur Schneide des Schwertes…
bevor ihn der Schlaf wie eine gewaltige Woge übermannte, die aus dem unergründlichen Ozean der Erschöpfung über ihm zusammenschlug.
    Es hatte ihn zufrieden gestellt, gemeinsam mit Tashil Corleks Wunden zu heilen. Am Ende jedoch kämpfte die junge Frau darum, wach zu bleiben. Auch an Calabos ging die Anstrengung dieser Arbeit nicht spurlos vorüber, aber er verfügte über größere Kraftreserven als seine Schülerin. Schließlich bestand er darauf, dass sich Tashil zur Ruhe legte. Sie hatten alles getan, was in ihrer Macht stand. Gähnend hatte sie zugestimmt, ihm eine gute Nacht gewünscht und sich in der Kammer zur Ruhe gebettet, die er ihr zugewiesen hatte.
    Calabos blieb allein neben Corlek Ondenes Lager zurück und dachte über den letzten Spross dieses entehrten und ausgelöschten Adelshauses nach. Als er in dem dunklen Raum neben dem Bett stand, erinnerte er sich an einen sonnigen Tag auf dem Besitz der Ondenes zurück, den er in Begleitung des Barons und seiner Falken verbracht hatte. Damals war ein sehr viel jüngerer Corlek jubelnd aus dem Herrenhaus zu ihnen gerannt, versessen darauf, seinem Vater das mit Siegeln und Bändem geschmückte Pergament zu zeigen, das seine Aufnahme in die Kadettenschule der Kavallerie seiner Majestät des Kaisers bestätigte.
    »Hast du dich jemals an das erinnert, was ich dir an jenem Tag gesagt habe?«, fragte Calabos leise den bewusstlosen Corlek. ›»Trainiere hart, und du wirst zur Schwertschneide deines Kaisers, überlebe und lerne, so wirst du zur Schneide deines eigenen Schwertes.‹ Ich frage mich, was dich diese zehn Jahre deines Exils wohl gelehrt haben.«
    Unvermittelt flatterten die Augenlider des Mannes, und er sah Calabos an. Doch dann glitt sein Blick ohne Ziel und unwillkürlich durch das Zimmer, bis die Lider erneut flatterten und sich schlössen. Dann schlug er die Augen noch einmal auf. Diesmal wanderte Corleks Blick nur kurz umher, bis er an dem Langschwert hängen blieb, das hinter Calabos an der Wand hing. Der runzelte die Stirn und achtete auf eine mögliche Veränderung in der Waffe. Nichts störte ihre Ruhe. Corlek murmelte etwas Unzusammenhängendes, drehte sich auf die Seite und schlief wieder ein.
    Calabos wusste, dass dieser Schlaf ihn heilen würde, verließ den abgedunkelten Raum und ging in seine eigenen Gemächer. Rasch entkleidete er sich und zog die schweren Wolldecken über sich. Er schob alle Gedanken beiseite, verlangsamte seinen Atemrhythmus und

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