03 - Schatten Krieger
zurückgewann und sich hastig umsah. Er hörte, wie jemand an der Tür spöttisch Beifall klatschte. Furcht und eine böse Vorahnung überkamen ihn, aber er streckte sein Schwert fest vor sich aus und schritt misstrauisch durch die Türöffnung. Dahinter führten einige Stufen zu einem offenen, von Zinnen umgebenen Hinterhof. Fässer und schwere Holzkisten waren an der Rückwand des Hofes gestapelt, und auch neben einer Treppe, die in den Palast hineinführte. Corlek begriff, dass dies eine innere Befestigung war, ein Stützpunkt, von dem aus man jeden Eindringling abwehren konnte, dem es gelang, die Tore zu durchbrechen.
Vorik dor-Galyn lehnte auf der rechten Seite an einem Fass und grinste humorlos, als er aufhörte, zu applaudieren.
»Hat Euch unsere kleine Illusion gefallen, Ondene?«, erkundigte er sich näselnd. »Ich fand meine Stimme gut gelungen, obwohl sie ein wenig tief war. Allerdings hätte ich niemals einen derartig unbeholfenen Schlag geführt.«
»Ich habe dir gesagt, Gardist«, zischte eine heisere Frauenstimme links von Corlek, »dass ich nichts vom Schwertkampf verstehe.«
Der Hof lag an den Gärten direkt unter dem Sonnenkorridor. Der brennenden Fried an seinem Nordende war jetzt vollkommen in Flammen gehüllt. Der lodernde Turm warf scharfe, gezackte Schatten auf die Feldsteine des Hofes, und der Feuerschein enthüllte die Umrisse einer kleinen, gebeugten Gestalt, die in der Mitte des Walls stand. Die Frau hob die Hand und deutete auf das flache Dach des Frieds. Im selben Moment tauchte dort jemand auf, der ein Gestalter-Banner schwenkte. Dann deutete die Frau auf einen Balkon in halber Höhe, und andere Gestalten in rußgeschwärzten Gewändern traten heraus und tanzten mitten in dem züngelnden Flammenmeer. Die Frau drehte sich um. Ihr faltiges Gesicht war in Schweiß gebadet, und sie lächelte unsicher. »Mein gefiedertes Volk«, sang sie leise. »Mein feines, wildes, gefiedertes Volk …« Dann richtete sie ihren Blick wieder auf den brennenden Fried.
»Verstehst du jetzt, Ondene?«, fragte dor-Galyn. »Hast du genug Verstand, um es zu begreifen?« Corlek nickte unwillkürlich. Der Anblick von Gestalter-Fanatikern, die scheinbar für die Zerstörung des Frieds verantwortlich waren, würde jeden Anhänger dieses Glaubens in Sejeend zum Ziel für den Zorn des Pöbels machen.
»Illusionen.«
»Mehr als das, Ondene. Nahrung für einen Hass, der das Alte hinwegfegen und Platz für das Neue schaffen wird.« Ein metallischer Klang ertönte, als er sein Schwert zückte. »Das Feuer allerdings ist sehr real.« Corlek drehte sich zu ihm um. Agasklins Rat, auf Jumil zu achten, schien jetzt belanglos zu sein. Corlek stand regungslos da und erwiderte dor-Galyns Blick. Er spürte das heiße Blut in seinem Kopf und das Hämmern seines Herzens in der Brust. Dor-Galyn hielt das Schwert beinahe achtlos am Knauf, die Spitze auf die Feldsteine am Boden gerichtet.
»Ich frage mich, ob Ihr leise sterbt«, meinte er, »oder Euren letzten Atemzug hinausschreit.« Er schien ausgiebig gähnen zu wollen und hob eine Hand zum Mund. Doch Corlek sah, wie er mit der anderen Hand den Schwertgriff fester packte, die Klinge vorstieß … und das Schwert dann in einem blitzenden Bogen hochriss, als er auf Corleks Hals zielte. Der konnte gerade noch vor dem Hieb zurückweichen, aber er erwischte ihn dennoch an der Schulter, durchdrang sein besticktes Wams und das Hemd. Er sog bei dem stechenden Schmerz scharf die Luft ein, auch wenn es nur eine kleine Wunde war. Dor-Galyn lachte und holte zu einem weiteren Hieb aus.
Corlek warf sich zur Seite, trat gegen ein Fass und rollte es auf dor-Galyn zu, der zurückspringen musste. »Feiger Hund!«, knurrte dor-Galyn, als er in einem Hagel aus Schlägen angriff.
Dor-Galyn war deutlich größer als Corlek und hatte auch breitere Schultern, sodass der sich hauptsächlich am Rand der größeren Reichweite seines Gegners halten musste. Er wurde zwischen die Kisten und Fässer zurückgetrieben und musste all seine Kunst aufbieten, um die Schläge zu parieren und ihnen auszuweichen. DorGalyn war ein exzellenter Schwertkämpfer.
Corlek sprang von den Kisten auf ein Fass und wich dabei einem gewaltigen Stoß aus, der auf seine Hüften gezielt hatte. Dabei stieß sein Fuß gegen etwas, das hölzern klapperte. Aus den Augenwinkeln bemerkte er den Speer eines einfachen Gardisten. Er parierte einen wuchtigen Überkopfschlag mit seinem Kurzschwert, bückte sich, riss den Speer hoch und
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