03 - Schatten Krieger
Zeit gekostet.
Calabos führte die kleine Gruppe zu Pferde durch die unbewohnte Einöde. Er war sich der Anspannung und Niedergeschlagenheit seiner Reisegefährten wohl bewusst. Aber ihm war auch klar, dass sie für ein solches Abenteuer durchaus die Richtigen waren. Er lächelte unmerklich, als Gillat, der mit seiner Stablaterne neben ihm ging, sich leise über seine kalten, wunden Füße beklagte.
»Es dauert nicht mehr lange, Gillat«, sagte er. »Das südliche Ende der Marsch ist nicht mehr weit. Dann steigen wir ein kurzes Stück zu dem verlassenen Turm hinauf, wo wir den Rest der Nacht lagern.«
»Ein verlassener Turm, Herr?« Der Gardist sah ihn unbehaglich an.
Calabos lachte leise. »Keine Sorge, Junge. Das Einzige, was dort sein Unwesen treibt, ist ein versteckter Schatz von Vorräten.«
»Wenn Ihr das sagt, Herr.«
Calabos' Vermutung bestätigte sich, als der steinige Graben nach einer guten halben Stunde langsam anstieg. Kurz darauf trotteten sie über einen schmalen, unebenen Trampelpfad durch dichtes Gras. Gelegentlich kamen sie an einem Klettenbusch vorbei. Der Pfad wandte sich nach Westen und führte einige Schritte an einer flachen Schlucht entlang, bevor er sich gabelte. Calabos nahm die linke Abzweigung und führte seine Gefährten einen noch steileren Hang hinauf.
Urplötzlich ertönte ein Schrei am Ende der Gruppe, dem sofort ein zweiter folgte.
Calabos fluchte und zügelte sein Pferd. Als er abgestiegen war, warf er Gillat die Zügel zu und hastete an dem Packpferd vorbei zurück. Im Licht von Enklars Laterne sah er, wie die anderen zum Rand eines Felsvorsprungs eilten, an dem der Pfad vorbeiführte. Von Rog und der dritten Laterne war nichts zu sehen, aber aus der Dunkelheit drangen die unverkennbaren Geräusche eines Kampfes zu ihnen herauf. Calabos zählte kurz durch. Gillat kümmerte sich um die Pferde, Sounek stand wachsam neben ihm, Tashils Bruder Atemor hatte sein Kurzschwert gezückt, hielt sich aber in Enklars Nähe, während Tashil und Dardan aus dem Lichtkegel der Laterne verschwanden und sich einen Weg nach unten suchten. Das bedeutete, Inryk und Rog waren in Gefahr. Calabos konzentrierte sich auf seine Magiersicht, und das Dunkel wurde heller. In dem grauen Schimmer erkannte er drei Gestalten, die sich auf dem grasbewachsenen Hang unter ihm befanden. Zwei standen aufrecht, während die dritte ein verletztes Bein zu haben schien. Noch während er zusah, stand der dritte Mann, Rog, auf, zückte seinen Dolch und stürzte sich auf eine der kämpfenden Gestalten. Der Dolch durchstieß den Hals seines Gegners, der sich davon jedoch nicht sonderlich beeindrucken ließ. Ein Geisterwirt, schon der dritte, dem sie begegneten, seit sie Sejeend verlassen hatten.
Die besessene Kreatur schien Inryk erwürgen zu wollen, wirbelte jedoch nach dem Dolchstoß kurz herum und versetzte Rog einen Schlag mit dem Handrücken, der den Gardisten zurückschleuderte. Dennoch gab Inryk diese Ablenkung genug Zeit, seine Kräfte zu sammeln. Im nächsten Moment blitzte es auf, und die beiden Gestalten stoben auseinander. Mittlerweile hatten sich auch Tashil und Dardan in das Gewühl gestürzt, und nach einigen angetäuschten Schlägen auf die Beine der Kreatur war Dardan in der richtigen Position. Mit einem wuchtigen Schwerthieb schlug er seinem Feind den Kopf ab.
Selbst dann wand sich der kopflose Leib noch eine grausige Minute lang auf dem Boden, bis er zu viel Blut verloren hatte und schließlich regungslos liegen blieb. Dardan kümmerte sich um den verletzten Rog, und die anderen Magier traten von dem Leichnam zurück. Nach einer Weile löste sich das Phantom von seinem toten Wirt. Es war ein aschfarbenes, sich windendes Netz, das einen Moment in der Luft schwebte, als würde es warten oder lauschen, und dann nach Norden wehte, in Richtung Sejeend. Es wurde immer schneller, bis es schließlich verschwand.
Calabos atmete noch einmal durch und löste seinen Griff vom Griff des Schwertes der Vereinten Mächte. Sie hatten bereits zwei Geisterwirte erledigt, welche die kleine Gruppe innerhalb einer Stunde nach ihrer Flucht angegriffen hatten. Und wie bei diesem hier hatten sich auch von den anderen Leichen die bösartigen Phantome gelöst. Sie waren ebenfalls nach Sejeend zurückgeflogen.
Wo unser Feind sie gewiss wieder einsammelt, dachte Calabos grimmig. Und irgendeinen anderen Unglückseligen als Gefäß für all diese Fragmente des Wahnsinnigen Gottes benutzt. Wer weiß, was uns droht, wenn er etwas
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