03 - Schatten Krieger
Knüppel an der Schläfe erwischt. Er muss sein ganzes Gewicht in den Schlag gelegt haben.« Dardan schloss einen Moment die Augen. »Wirklich üble Kopfschmerzen … Ah, da kommt das Phantom … seht!«
Wie bei den anderen Wirten zuvor entwich ein gewundenes, rauchiges Netz der kopflosen Leiche. Die feinen Tentakel wogten sanft, als es sich befreite. Einige Augenblicke schwebte es in der Luft, bevor es sich in Bewegung setzte. Es nahm Kurs auf das Zentrum von Sejeend, womit Tashil gerechnet hatte. Doch plötzlich wurde es langsamer und schlug einen östlicheren Kurs ein. Tashil und Dardan sahen sich verblüfft an. »Folgt ihm«, forderte Dardan sie auf. »Aber haltet Abstand.«
Sie nickte und lief los, zwischen den Bäumen hindurch. Sie verfolgte das Netz über den Pfad und wieder in den Wald hinein und gab die Verfolgung erst zehn Minuten später auf, als das Phantom über einen reißenden Strom schwebte und sich rasch entfernte. Sie eilte zu dem verfallenen Stall zurück, wo sich Dardan um den fast bewusstlosen Dybel kümmerte.
»Nach Osten«, sagte sie. »Wohin es auch fliegt, es will nicht nach Sejeend.«
Dardan verzog das Gesicht. »Ein weiteres Rätsel neben den vielen, die wir noch nicht gelöst haben. Wir sollten so rasch wie möglich nach Murstig fahren. Leider werde ich Euch nicht sonderlich behilflich sein können.« Er biss die Zähne zusammen. »Wir brauchen den Karren. Und der ist voller Leichen.«
»Verstehe«, erwiderte Tashil stoisch. »Ich finde sicher einen Weg, wie ich ihn säubern kann.«
Zum Beispiel mit dem Gedankengesang Wurf.
12
Wenn die Nacht aus seinen Augen starrt,
Werden sich die Himmel verdunkeln,
Flüsse werden versiegen,
Ernten werden verderben,
Kinder werden siechen,
Türme werden einstürzen,
Und Könige werden dem Wahnsinn verfallen,
Wenn die Nacht aus seinen Augen starrt.
GILLY CORDALE: DER FESTZUG DER VERHEERUNG, 5. KAPITEL
Auf dem Achterdeck der
Muräne
schlug die Glocke acht Glasen. Im Ausguck am Bug seufzte der Verfluchte Rikken erleichtert, da seine Wache beendet war. Endlich konnte er nach unten in seine Koje gehen, sich dort aufwärmen und die beißende Kälte vertreiben, die sich trotz seines dicken Umhangs in seinen Knochen eingenistet hatte. Schon bald würde ihn jemand ablösen.
Er drehte sich um, doch von der Ablösung war nichts zu sehen. Also starrte er wieder in die grauen Nebelfetzen voraus. Obwohl bereits Mittag war, blieb der Dunstschleier genauso eisig und dicht wie während der Nacht. Er wurde weder dünner noch riss er auf, sondern schwebte nach wie vor über der großen, stillen Flotte, die unbeirrt nach Westen segelte. Rikken erspähte an Steuerbord im Nebel die dunklen Umrisse eines der Schiffe der Untoten. Das Flaggschiff von Hanavok, dem Admiral der Piratenprinzen von Ogucharn. Vor einer Stunde hatte sich der Kurs der beiden Schiffe zufällig so weit angenähert, dass Rikken die Mannschaft des Untotenschiffes sehen konnte. Offenbar hatte sich mittlerweile so etwas wie Fleisch an ihren Knochen gebildet, während sie zuvor nichts weiter als von Algen bedeckte, klappernde Skelette gewesen waren. Jetzt konnte er zwar nur noch einige undeutliche Silhouetten ausmachen, aber ihn fröstelte schon bei der bloßen Erinnerung an den Anblick … Eine Hand fiel schwer auf seine Schulter, und er fuhr heftig zusammen. Es war nur seine Ablösung, Girzi, ein dürrer Mann aus Caleg, der Rikken verächtlich angrinste, während dieser den dicken Umhang abstreifte und ihn dem Mann reichte. Jetzt fühlte er, wie kalt es wirklich war, verließ eiligst den Bug und lief nach achtern zur Hauptluke.
Der Niedergang war schmal und im Laufe der Jahre und durch den Rauch zu einem schmutzigen Gelb nachgedunkelt. An den Sparren flackerten kleine Öllampen, deren Licht von Schalen aus Büffelhorn gedämpft wurde. Der Geruch des brennenden Talgs vermischte sich mit dem Aroma von Essen. Rikken bekam plötzlich Hunger und ging rasch weiter. Ihm lief das Wasser im Mund zusammen, als er sich lebhaft eine Schüssel heißen Eintopfes und ein Stück Schwarzbrot dazu ausmalte. Als er den fettstarrenden Vorhang der Kombüse erreichte, steckte Erdzic, der Koch, seinen kahlen, schweißglänzenden Schädel heraus, sah ihn und lachte. »Wurde auch Zeit! Der Käpt'n hat schon nach dir gerufen.« Erdzic schaute kurz über die Schulter zurück und balancierte dann mit einer Hand ein Tablett, das mit einem Deckel verschlossen war. »Hier, bring das sofort in die Kapitänskajüte!«
Er
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