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03 - Schatten Krieger

03 - Schatten Krieger

Titel: 03 - Schatten Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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verschwand wieder in der Kombüse, und Rikken starrte einen Moment auf den schmutzigen Vorhang, bevor er sich umdrehte und ein Stück den Weg zurücktrottete, den er eben gekommen war. Die Kapitänskajüte lag im Achterdeck auf der Backbordseite. Der einfachste Weg dorthin führte durch den Laderaum, über die Backbordleiter, auf das Achterdeck, dann noch zwei Schritte, und man war da. Als Rikken die Kajüte erreichte, stand die Tür leicht offen.
    »Kapitän?«, rief er. »Seid Ihr da?«
    Außer dem Knacken und Knarren des Schiffes hörte er nichts, also stieß er die Tür weiter auf und spähte in die Kajüte. Es brannte nur eine Hängelampe, deren Licht auf ein Durcheinander von Truhen und mit Wachstuch verkleideten Kisten fiel, eine Koje mit zerwühltem Bettzeug und einen massiven Tisch, auf dem Seekarten von schweren Gewichten festgehalten wurden. Durch die geöffneten Flügeltüren des Achterbalkons strömte feuchte, kalte Luft herein. Rikken bemerkte den Schatten eines Mannes, der dort stand. Er trat ein und ging um den Tisch herum, weil er Kapitän Bureng lieber aus der Nähe ansprechen wollte. Als er sich den Flügeltüren näherte, sah er, dass sein Kapitän sich auf die Reling des Balkons stützte und zur Seite blickte. Rikken wollte sich melden, aber er bekam kein Wort heraus, als sein Blick auf das fiel, was der Kapitän betrachtete. Das Ding sah aus wie ein Knoten aus aschgrauen, gefiederten Tentakeln, die sich langsam bewegten, während es in Kopfhöhe auf den Kapitän zuschwebte.
    Rikkens erster Gedanke war, dass diese
Ding
von einem von Hanavoks Schiffen stammen musste. Bevor er jedoch eine Warnung ausstoßen konnte, schössen die Tentakel vorwärts und landeten mitten im Gesicht des Kapitäns. Bureng keuchte und taumelte einen Schritt zurück. Rikken schrie erschreckt auf. Sein Kapitän wirbelte herum. Eine Seite seines Gesichtes war von der zappelnden Monstrosität bedeckt, die andere Hälfte von mörderischer Wut verzerrt, und ein glühendes, erbarmungsloses Auge richtete sich auf Rikken. Mit einem Satz sprang Bureng durch die offenen Fensterflügel und packte Rikkens dünnes Wams mit beiden Fäusten. Rikken war wie gelähmt vor Entsetzen und erschlaffte unter dem groben Griff.
    »Du spionierst mir nach!«
    »Nein, Käpt'n! Nein! Ich habe Euch nur Euer …!«
    »Bist du ein Feind? Bist du ein Feind?«
    Bevor Rikken antworten konnte, ließ Bureng ihn los und sank stöhnend auf die Knie. Das Tentakelding glitt durch seine Haut und in seinen Kopf wie der Geist eines Meeresungeheuers. Nach einer Weile war der Spuk vorbei, und Kapitän Burengs Gesichtzüge sahen vollkommen normal und unversehrt aus. Er stieß einen langen, bebenden Seufzer aus, wischte sich die Stirn und betastete vorsichtig die Stelle, an der das Ding eingedrungen war. Dann hob er den Kopf und betrachtete Rikken. Seine Augen weiteten sich, als sähe er ihn zum ersten Mal. »Rikken, mein Rikken«, murmelte er. »Hast du die … Vereinigung gesehen?«
    Rikken konnte nur nicken, und Bureng verzog ironisch das Gesicht.
    »Hm, schade, dass du es miterleben musstest.« Dann grinste er. »Aber besser du als die anderen. Denn dir kann ich trauen.«
    »Das könnt Ihr, Käpt'n«, erklärte Rikken inbrünstig.
    Bureng nickte, stand auf und bedeutete Rikken, ihm zu folgen. Aber er wirkte erschöpft, denn er stützte sich schwer auf den Kartentisch und ließ sich dann auf den nächstbesten Stuhl fallen.
    »Diese Vereinigung hat mich geschwächt«, sagte er. »Doch das geht vorbei, und meine Essenz wird dadurch stärker.« Er schaute Rikken an. »Ich trage ein merkwürdiges Erbe in mir, Rikken. Möchtest du die Geschichte hören?«
    Rikken war begeistert, weil sein Käpt'n ihm solche persönlichen Dinge anvertrauen wollte, und gleichzeitig machte es ihn verlegen.
    »Aye, Kapitän.«
    »Dann hör gut zu. Früher einmal war mein Geist, dieses klägliche Bruchstück, ein Teil von etwas, das unermesslich viel größer und mächtiger war, als alle Magier zusammengenommen.« Er zuckte mit den Schultern. »Was macht einen Gott aus? Ich kann es nicht sagen, aber ich weiß, dass er eine Katastrophe erlebt hat, die ihn in Wolken von Fragmenten zersplittert hat, die sich über den ganzen Kontinent verteilten, ins Blut von Familien eindrangen und dort Generation über Generation schlummerten. Ein zerstreutes Vermächtnis einer ungeheuren Majestät. Jetzt sind all diese Splitter und Bruchstücke erwacht, suchen einander und sammeln sich. Ich habe das selbst

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