03 - Sinnliche Versuchung
entgegensprang, als er sie schwungvoll
herunterhob. Unwillkürlich wich Julianna ängstlich zurück. Der Griff um ihre
Hüfte wurde eine Spur fester.
»Keine Angst. Er tut
dir nichts.«
»Danke«, sagte sie
hastig und wäre in der Eile, von ihm freizukommen, beinahe gestürzt. Sie bückte
sich und tätschelte das Tier am Kopf. Er beschnüffelte ihre Röcke. Zweifellos
roch er Maximilian. Maximilian ... oh, er fehlte ihr bereits!
Sie sah nicht, dass
sich Danes Gesicht verdüsterte. Er stellte ihren Koffer neben sie. »Ich besorge
dir eine Fahrkarte.«
Julianna blickte
auf, als er wieder zurückkam. »Es dauert nicht lange. Pünktlich wie ein Uhrwerk
hat man mir gesagt.«
Das Herz wurde ihr
plötzlich schwer. »Du brauchst nicht zu warten.« Wie durch ein Wunder blieb
ihre Stimme gelassen.
»Unsinn. Ich warte,
bis du einsteigst.«
»Und wenn dich
jemand erkennt?«
Die Andeutung eines
Lächelns lag auf seinen Lippen. »Ich trage eine Maske. Schon vergessen?«
»Ich möchte nicht,
dass du hier wartest«, sagte sie steif.
Das Lächeln
verschwand. Die Luft war plötzlich wie elektrisch aufgeladen.
Er senkte den Kopf
und blickte sie durchdringend an. »Wie du möchtest.«
Ihm so nahe
gegenüberzustehen war die reinste Marter. Ihr war, als erdrücke sie ein
schwerer Mahlstein. Sie wollte die Arme um ihn schlingen, ihn niemals gehen
lassen. Nicht in dieser Welt. Nicht in diesem Leben.
Ihre Empfindungen
verrieten sie. Ihr Herz verriet sie. Das Schicksal hatte sie zusammengeführt.
Aber noch etwas anderes hieß sie bleiben. So sehr sie an ihrer Familie hing,
sie fühlte sich Dane näher als irgendeinem anderen Menschen auf der Welt. Es
war nicht nur die körperliche Intimität. Es war mehr. So viel mehr. Die
köstlichen Tage, die sie gemeinsam verbracht hatten, allein in der Hütte,
ließen das Leben so einfach erscheinen.
Bis jetzt hatte sie
nach außen hin ein sorgenfreies, vergnügtes Leben geführt. Aber im Inneren war
es leer. Etwas hatte in ihrem Leben gefehlt, und jetzt wusste sie, was es war
... er. Dieser Mann. Nur widerstrebend wollte sie in dieses eintönige,
freudlose Dasein zurückkehren. Aber er ließ ihr keine Wahl.
Mit ihm konnte sie
wohl kaum ein Leben in Gesetzlosigkeit beginnen. Sie konnte nicht aus ihrer
Haut ... und er auch nicht.
Wenn sie nur
bleiben könnte. Wenn er sie nur aufhalten würde ...
Die Situation war
unmöglich.
Das Schweigen wurde
plötzlich unerträglich. Sie zwang sich zur Gleichgültigkeit. Es war die einzige
Möglichkeit, ihn mit Gelassenheit anzusehen.
Oh, Gott! Warum
blieb er noch? Warum ging er nicht?
Er blickte sie
weiterhin eindringlich an. »Julianna«, sagte er. »Du darfst nicht über unsere
Begegnung sprechen. Du darfst niemandem sagen, was geschehen ist. Wo ich bin.
Wenn du das tust ...« Der Rest blieb ungesagt.
Das war also der
Grund ... Sie war betäubt und wich seinem Blick aus. »Niemand wird etwas
erfahren«, versprach sie kaum hörbar.
Er blieb regungslos
wie eine Statue stehen.
Sie schluckte
schwer. »Bitte, geh jetzt.«
»Ohne Abschied zu
nehmen?«
Er trat an sie
heran. In ihrer Kehle saß ein dicker Kloß und sie drohte in Tränen
auszubrechen. Verwirrt blickte sie weg.
»Julianna«, sagte
er.
Dann blitzte sie
ihn an. »Geh!«, schrie sie unbeherrscht. »Geh jetzt und lass mich in Frieden!«
Sie hätte schwören
können, das Zusammenklappen seiner Kiefer gehört zu haben. Mit einem
gemurmelten Fluch machte er auf dem Absatz kehrt und marschierte zu Parzival.
Mutlos ließ sie den
Kopf hängen und wartete auf das Stakkato der Hufschläge.
Stattdessen vernahm
sie das Echo von Stiefelabsätzen auf dem Kopfsteinpflaster. Es kam immer
näher.
Sie riss die Augen
weit auf. Ihr blieb keine Möglichkeit, sich zu widersetzen, etwas zu
unternehmen. Sie konnte nur noch einen schwachen, erstickten Laut von sich
geben. Kräftige Arme schlangen sich ihr um den Rücken und dann wurde sie eng an
seinen Körper gepresst.
Sein Mund senkte sich herab. Er küsste sie
ungestüm - feurig und wild! - und hob sie hoch. Julianna hing an ihm und
konnte nichts anderes tun, als sich an ihm festzuhalten.
Der Puls schlug immer noch wild an
Schläfen und Hals, als er fortritt.
Und da wusste sie es. Sie wusste,
was für eine Närrin sie war! Sie glaubte fast, sie hätte sich in einen Helden
verliebt ... aber es war ein Wegelagerer!
Dreizehntes Kapitel
Es regnete, besser gesagt, es
nieselte, wie es für den Londoner Frühling so typisch war. Dichte,
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