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03 - Tod im Skriptorium

03 - Tod im Skriptorium

Titel: 03 - Tod im Skriptorium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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Fidelma.
    Cass sah mit unverhohlenem Respekt, wie Fidelma ruhig, aber bestimmt die Führung übernahm, die Kinder auf die Pferde setzte und selbst das Baby trug, um Schwester Eisten die Gelegenheit zu geben, sich ein wenig zu erholen. Der jüngere der beiden dunkelhaarigen Brüder schien nicht gewillt, den Schutz des Waldes zu verlassen, zweifellos noch verstört durch das, was er erlebt hatte. Es war sein älterer Bruder, der ihn schließlich mit ruhigen Worten zum Mitgehen überredete. Der ältere Junge lehnte es ab, sich auf ein Pferd zu setzen, sondern lief nebenher mit der Begründung, er nähere sich dem »Alter der Wahl« und sei schon fast erwachsen. Fidelma ließ ihn gewähren. Sie zogen ihren Weg, und Cass hoffte inständig, daß ihnen nicht Intat und seine Bande unterwegs begegneten.
    Cass konnte jedoch auch die Ängste verstehen, die Dorfbewohner dazu brachten, über ihre Nachbarn herzufallen, wenn diese die Pest hatten. Er hatte manche Geschichten gehört, wie die Gelbe Pest ganze Siedlungen entvölkerte, nicht nur in den fünf Königreichen von Éireann, sondern auch jenseits des Meeres, von wo sie gekommen sein sollte. Zum anderen war Cass klar, daß selbst die Furcht vor der Ausbreitung der Pest Intat und seine Leute nicht von ihrer Verantwortung vor dem Gesetz befreite. Intat als bó-aire mußte wissen, welche Folgen er zu tragen hätte, wenn die Nachricht von dem schrecklichen Massaker nach Cashel gelangte. Er hatte Fidelma und Cass ihre Reise nur unbehelligt fortsetzen lassen, weil er glaubte, sie würden nicht herausfinden, was geschehen war. Falls Intat bemerkte, daß sie einen Haken geschlagen hatten und auf Überlebende seiner gräßlichen Bluttat gestoßen waren, wäre ihr Leben in Gefahr. Am besten entfernten sie sich möglichst schnell und möglichst weit von diesem Ort.
    Er bewunderte Colgús Schwester dafür, daß sie anscheinend keine Angst vor der Pest hatte. Er hätte sich nicht freiwillig zu diesen Kindern gesellt, hätte er nicht gefürchtet, sich vor Fidelma bloßzustellen. So unterdrückte er seine Bedenken und tat, was sie ihm sagte.
    Fidelma plauderte fröhlich, um die verschreckten Kinder aufzuheitern. Sie griff möglichst entlegene Themen auf und fragte Schwester Eisten, woher sie denn das so eigenartig aussehende Kruzifix habe, das sie trug. Schwester Eisten erzählte, daß sie eine Pilgerfahrt unternommen habe, die drei Jahre dauerte. Eisten war älter, als sie aussah, bereits zweiundzwanzig. Sie war mit einer Gruppe Nonnen ins Heilige Land gereist, hatte Bethlehem besucht und war zur Geburtsstätte des Heilands gepilgert. Dort hatte sie das kunstvolle Kruzifix gekauft. Fidelma ermunterte sie, von ihren Abenteuern zu erzählen, damit die Kinder abgelenkt und beschäftigt waren.
    Im Innern war Fidelma alles andere als glücklich. Sie war niedergedrückt, nicht weil sie mit möglicherweise Pestinfizierten in Kontakt gekommen war, sondern von den Bedingungen der Reise, die noch schlimmer waren als am Morgen, als sie nur über das Wetter, die Kälte und die Nässe gestöhnt hatte. Wenigstens hatte sie da mit trockenen Füßen auf dem Pferd gesessen. Jetzt stolperte sie durch Schlamm und Morast und hatte Mühe, mit dem Baby im Arm das Gleichgewicht zu halten. Der Säugling wimmerte beständig und wand sich hin und her, was es noch schwieriger machte. Fidelma wollte die anderen nicht beunruhigen, aber selbst im Dämmerlicht erkannte sie die verräterische gelbliche Verfärbung der Haut des Kindes und das Fieber in seinem Gesicht.
    »Wie weit ist es noch bis Ros Ailithir?« Diese Frage gestattete sie sich, nachdem sie zwei Stunden gelaufen waren.
    »Sieben Meilen von hier, aber der Weg wird nicht besser«, antwortete Schwester Eisten.
    Fidelma biß die Zähne zusammen. Das Abenddunkel rückte rasch von Osten heran und vereinigte sich mit den düsteren, niedrigen Wolken, und unversehens hüllte dichter Nachtnebel den Weg ein.
    Widerwillig legte Fidelma einen Halt ein.
    »Wir schaffen es heute nicht mehr bis zur Abtei«, erklärte sie Cass. »Wir müssen einen Ort finden, an dem wir bis zum Morgen bleiben können.«
    Wie um die Gefahren einer Nachtwanderung zu betonen, begann ein Wolfsrudel hinter den Bergen zu heulen. Eins der kleinen Mädchen fing zu weinen an, und sein klägliches, schmerzliches Wimmern schnitt Fidelma ins Herz. Die rothaarigen Schwestern hießen Cera und Ciar, wie sie inzwischen wußte. Der blonde Knabe wurde Tressach genannt, und die beiden anderen Jungen waren,

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