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03 - Tod im Skriptorium

03 - Tod im Skriptorium

Titel: 03 - Tod im Skriptorium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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Irland von ihren Haken gefallen sein als Zeichen der Hochachtung und als Symbol für den Verlust an Gelehrsamkeit, den sein Tod für das Land bedeutete.
    Die meisten der Bücher in den Buchtaschen waren Nachschlagewerke, die von Gelehrten häufig benutzt wurden. Es befanden sich auch Bücher von großem Wert darunter, die in reich verzierten Lederhüllen steckten, welche mit Emaille, Gold und Silber geprägt und sogar mit Edelsteinen verziert waren. Es hieß, daß Assicos, der Kupferschmied des heiligen Patrick, viereckige Buchhüllen aus Kupfer für die Bücher des Heiligen anfertigte. Einige Bücher wurden in speziellen Kästchen aus Holz oder Metall aufbewahrt.
    In Behältnissen aus geschnitztem Holz lagen Bündel von Hasel- oder Espenstäben, in die Buchstaben des alten Ogham-Alphabets eingeritzt waren, die Stäbe der Dichter, doch was auf ihnen stand, war für immer verloren, wenn die dünnen Holzstäbe verrotteten. Oft übertrug man den Text in das neue Alphabet und auf Pergamentblätter. In der muffigen und dunklen Bibliothek hielten sich mehrere Personen auf. Obwohl ein wenig Tageslicht durch die hohen Fenster fiel, hatte man riesige Kerzen in großen schmiedeeisernen Ständern angezündet. Ihr flackerndes Licht erhellte den Raum, doch war die von ihrem Rauch geschwängerte, stickige Luft einem ernsthaften Studium kaum förderlich. Hier und da saßen Schreiber an besonderen Tischen über Pergamentblätter gebeugt, mit einer Schwanen- oder Gänsefeder in der einen Hand und einem Malerstock zur Unterstützung des Handgelenks in der anderen, und übertrugen ein altes Werk in schöner oder verzierter Schrift für die Nachwelt. Andere lasen schweigend, seufzten gelegentlich, wandten raschelnd ein Blatt um.
    Fidelma durchschritt die Gänge mit den Buchtaschen und den Tischen der fleißigen Gelehrten. Niemand hob den Kopf, wenn sie vorbeikam. Sie ging bis zum Ende des Saals, wo der Holzsessel der Bibliothekarin hinter einem Tisch auf einem Podest stand, so daß sie die Tech Screptra in ihrer ganzen Länge und Breite überblicken konnte.
    »Schwester Grella? Ich bin …«, setzte Fidelma an, als sie vor der Bibliothekarin stand.
    Schwester Grella hob eine kleine, wohlgeformte Hand und brachte sie damit zum Schweigen. Sie legte einen Finger an die Lippen, erhob sich und wies auf eine Seitentür.
    Fidelma verstand das als Einladung, ihr zu folgen.
    Hinter der Tür fand sich Fidelma in einem kleinen Raum wieder, der mit Bücherregalen angefüllt war, aber auch einen Tisch und mehrere Stühle enthielt. Auf dem Tisch lagen ein paar Blätter Pergament, ein adirícín , ein Tintenbehälter, eine Reihe von Schreibfedern und ein kleines Messer zum Spitzen der Federn. Es handelte sich offensichtlich um ein privates Arbeitszimmer.
    Schwester Grella schloß die Tür hinter Fidelma und wies mit huldvoller Geste auf einen Stuhl. Als Fidelma sich setzte, ließ sich die Bibliothekarin auf einen Stuhl ihr gegenüber nieder.
    »Ich weiß, wer du bist und weshalb du kommst«, sagte sie leise.
    Fidelma lächelte. »Das macht meine Aufgabe wesentlich einfacher«, antwortete sie.
    Die Bibliothekarin hob eine Augenbraue, sagte aber nichts.
    »Bist du schon lange Bibliothekarin in Ros Ailithir?«
    Schwester Grella hatte diese Eingangsfrage offensichtlich nicht erwartet und runzelte die Stirn.
    »Ich bin hier leabhar coimedach seit acht Jahren«, antwortete sie nach kurzem Zögern.
    »Und davor?« forschte Fidelma.
    »Davor war ich nicht in der Abtei.«
    Fidelma hatte die Fragen nur gestellt, um etwas aus dem Vorleben der Bibliothekarin zu erfahren, doch sie spürte einen leisen Ton des Mißtrauens in deren Stimme und wollte gern den Grund dafür erfahren.
    »Dann mußt du mit sehr guten Empfehlungen hergekommen sein, um einen so wichtigen Posten zu besetzen, wenn du nicht in diesem Kloster ausgebildet wurdest, Schwester«, bemerkte sie.
    Schwester Grella machte eine abwehrende Geste mit der linken Hand.
    »Ich bin bis zum sai ausgebildet.«
    Fidelma wußte, daß man sechs Jahre eine geistliche Schule besuchen und gute Kenntnis der Bibel und ein gründliches Allgemeinwissen besitzen mußte, um den Grad eines sai zu erlangen.
    »Wo hast du studiert?« fragte sie aus reiner Neugierde.
    Wieder zögerte Schwester Grella ein wenig. Dann sagte sie: »An der vom heiligen Colmcille gegründeten Klosterschule namens Cealla.«
    Fidelma starrte sie einen Moment verblüfft an.
    »Cealla in Osraige?«
    »Ich kenne kein anderes«, antwortete Grella

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