Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
03 - Tod im Skriptorium

03 - Tod im Skriptorium

Titel: 03 - Tod im Skriptorium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
Vom Netzwerk:
zwischen Osraige und den Corco Loígde«, erwiderte die Bibliothekarin säuerlich. »Natürlich nur, wenn du willst.«
    »Ich bitte dich darum«, sagte Fidelma.
    »Als Ciarán zum Mann herangewachsen und sein Vater gestorben war, machte er sich daran, zuerst die Menschen im Königreich seines Vaters zum neuen Glauben zu bekehren. Zu der Zeit, vor zweihundert Jahren, hatten die meisten das Wort Christi noch nicht vernommen. Er bekehrte Osraige und wurde sein Schutzpatron, auch wenn er seine Gemeinschaft in Saighir unmittelbar nördlich der Grenze ansiedelte. Deshalb ist er heute als Ciarán von Saighir bekannt.«
    Fidelma wußte das sehr gut, sagte es aber nicht.
    »Also nehmen wir mal an, daß Ciarán tatsächlich einen Vater aus Osraige hatte und eine Mutter von den Corco Loígde. War es das, wofür sich Dacán interessierte? Die Lebensbeschreibung Ciaráns?«
    »Der entscheidende Punkt ist der: Als Ciarán nach Osraige ging, um den Glauben dorthin zu bringen, folgten ihm auch viele Anhänger von den Corco Loígde, darunter seine verwitwete Mutter, Liadán, die ein Nonnenkloster nicht weit von Saighir gründete. Zu seinen Gefolgsleuten gehörte auch sein engster Freund und Verwandter, Cúcraide mac Duí, den Ciarán nach seinem Sieg über den heidnischen König von Osraige an dessen Stelle zum König erhob.«
    Plötzlich interessierte sich Fidelma sehr für die Geschichte.
    »Auf diese Weise wurden also die Könige von Osraige aus derselben Familie gewählt wie die Fürsten der Corco Loígde?«
    »Genau. Seit zweihundert Jahren wird Osraige von der Familie der Fürsten der Corco Loígde regiert. Diese Herrschaft wird oft als ungerecht empfunden. In den letzten hundert Jahren sind mehrere Könige von Osraige von ihrem Volk umgebracht worden, wie etwa Feradach, der im Schlaf erschlagen wurde.«
    »Und Salbachs Vetter Scandlán stammt auch von den Corco Loígde ab?«
    »So ist es.«
    »Gibt es immer noch Streit um die Königsherrschaft?«
    »Es wird immer Streit geben, bis Osraige wieder sein eigenes Königsgeschlecht einsetzen kann.«
    Es lag eine gewisse Heftigkeit in Grellas Stimme, die Fidelma nicht entging.
    »War Dacán deshalb so daran interessiert, die Verbindung zwischen Osraige und den Corco Loígde zu erforschen?«
    Grella war sofort wieder auf der Hut.
    »Er studierte unsere Texte zur Geschichte von Osraige und seinen Kleinkönigen, mehr weiß ich nicht.«
    »Komm – das ist doch wohl logisch?« sagte Fidelma. »Dacán stammte aus Laigin. Seit langem erhebt Laigin Ansprüche auf Osraige. Vielleicht liegt Laigin daran, das ursprüngliche Königshaus von Osraige wieder an die Macht zu bringen, wenn diese Könige ihr Treueverhältnis von Cashel auf Laigin übertrügen? War das vielleicht der Grund, weshalb sich Dacán für die Geschichte des Königreichs interessierte?«
    Grella errötete.
    Fidelma erkannte, daß sie recht hatte und daß Grella genau wußte, wonach der alte Gelehrte gesucht hatte.
    »Dacán wurde von Fianamail, dem neuen König von Laigin, oder von seinem eigenen Bruder, Abt Noé von Fearna, dem Berater des Königs, hergeschickt, um die Vorgeschichte des Königreichs Osraige zu erfor schen, damit man vor der Ratsversammlung des Großkönigs eine Klage gegen die Corco Loígde vorbringen könnte. So ist es doch wohl?«
    Grella schwieg und starrte trotzig vor sich hin.
    Fidelma lächelte die Bibliothekarin plötzlich an.
    »Du bist in einer ungünstigen Lage, Grella. Als Frau aus Osraige neigst du dazu, die abgesetzten heimatlichen Könige zu unterstützen. Ich glaube, ich weiß jetzt, weshalb der Ehrwürdige Dacán nach Ros Ailithir kam. Doch warum wurde er umgebracht? Wollte man damit verhindern, daß seine Erkenntnisse nach Laigin gelangten?«
    Schwester Grellas Ausdruck änderte sich nicht.
    »Komm, sag schon was, Grella«, drang Fidelma in sie. »Wir alle haben ein Recht auf unsere Meinung. Du bist eine Frau aus Osraige. Zweifellos hast du auch eine Meinung. Wenn du für die Rückkehr der ursprünglichen Könige eintrittst, dann bedeutet das auch, daß du kein Motiv hattest, Dacán zu töten.«
    Grellas Augen blitzten plötzlich auf.
    »Ich? Ich Dacán töten? Wie kannst du es wagen …« Sie bemühte sich, ihren Zorn zu beherrschen. Ruhig sprach sie weiter: »Ja, natürlich habe ich eine Meinung. Das Erbe Ciaráns hängt uns wie ein Mühlstein am Halse. Aber ich bin niemand, der die Dinge verändern möchte.«
    Fidelma lehnte sich zurück. Sie meinte einen Schritt vorangekommen zu sein,

Weitere Kostenlose Bücher