03 - Tod im Skriptorium
drehte die Laterne so, daß das Licht einen Augenblick auf sein Gesicht fiel. Er sah müde aus.
»Wir verpassen die Abendmahlzeit«, protestierte er.
»Ich bin sicher, wir finden später noch etwas, wir verhungern schon nicht. Jetzt suchen wir uns ein Boot«, erwiderte Fidelma entschlossen.
Fidelma saß im Heck des kleinen Bootes und hielt die Laterne hoch, während Cass sich in die Riemen legte. Über das dunkle, rauschende Wasser der Bucht bewegte sich das Boot auf den großen Schatten und die funkelnden Lichter des Kriegsschiffs aus Laigin zu.
Beim Näherkommen sah Fidelma, daß mehrere Laternen das Deck des schlanken Schiffes erhellten. Männer bewegten sich darauf hin und her.
Sie waren nur noch wenige Meter vom Schiff entfernt, als sie angerufen wurden.
»Antworte«, murmelte Fidelma, als Cass an den Riemen zögerte.
»Schiff aus Laigin ahoi!« rief der Krieger. »Ein dálaigh des Gerichtshofs der Brehons will an Bord kommen.«
Mehrere Augenblicke herrschte Schweigen, dann antwortete dieselbe Stimme, die sie angerufen hatte.
»Kommt an Bord und seid willkommen.«
Cass steuerte das Boot längsseit unter eine Strickleiter, die von der Reling herabhing. Ihm wurde ein Tau zugeworfen, mit dem er das Boot festmachte, während Fidelma behende die Leiter emporkletterte und sich über die Reling schwang.
Auf dem Deck sah sie sich einem Dutzend verwegen aussehender Männer gegenüber, die sie verblüfft anstarrten.
Sie hörte, wie Cass hinter ihr hinaufstieg. Ein Mann, dessen Gesicht nicht zu erkennen war, kam mit dem wiegenden Gang eines Seemanns auf sie zu und schaute von Fidelma zu Cass. Sein Blick blieb schließlich an Cass haften.
»Was willst du, dálaigh ?« fragte er unfreundlich.
»Ich bin es, die du anreden mußt«, wies Fidelma ihn zurecht. »Ich bin Schwester Fidelma von Kildare, dálaigh am Gerichtshof der Brehons.«
Der Mann wandte sich mit einem Erstaunen zu ihr, das er rasch zu überspielen wußte.
»Von Kildare, so? Vertrittst du Laigin?«
Fidelma ärgerte sich über den verwirrenden Umstand, daß ihr Mutterkloster Kildare tatsächlich im Königreich Laigin stand.
»Nein. Ich gehöre zwar zur Gemeinschaft von Kildare, aber in dieser Angelegenheit vertrete ich das Königreich Muman.«
»Schwester, ich möchte nicht ungastlich erscheinen, aber dies ist ein Kriegsschiff des Königs von Laigin und steht unter seinem Befehl. Ich meine, daß du hier nichts zu sagen hast«, stellte der Seemann hämisch fest.
»Dann darf ich dich an das Seerecht erinnern«, erwiderte Fidelma langsam mit sorgfältiger Betonung. Sie hätte sich zu gern besser darin ausgekannt, verließ sich aber darauf, daß der Seemann es noch weniger kannte als sie. »Erstens bin ich eine dálaigh und untersuche einen Mordfall. Zweitens ist dein Schiff zwar ein Schiff aus Laigin, es ankert aber in einer Bucht von Muman. Es hat weder um die Erlaubnis noch die Gastfreundschaft von Muman nachgesucht.«
»Da irrst du dich, Schwester.« Der Triumph in der Stimme des Seemanns war unverhohlen. »Wir ankern hier mit Erlaubnis von Salbach, dem Fürsten der Corco Loígde.«
Fidelma war froh, daß das Licht der Laternen ihr nicht voll ins Gesicht fiel. Sie schluckte vor Verblüffung. Stimmte es, daß Salbach dem Schiff aus Laigin die Erlaubnis erteilt hatte, die Abtei von Ros Ailithir einzuschüchtern? Was hatte das zu bedeuten? Das würde sie bestimmt nicht erfahren, wenn sie gezwungen wäre, sich wie ein geprügelter Hund mit dem Schwanz zwischen den Beinen fortzuschleichen. Ein Bluff war einen Versuch wert. Was hatte der Brehon Morann einmal gesagt? »Ohne ein gewisses Maß an Täuschung läßt sich kein großes Unternehmen durchführen.«
»Der Fürst der Corco Loígde mag dir die Erlaubnis erteilt haben, aber diese Erlaubnis ist nicht rechtmäßig ohne die Zustimmung des Königs in Cashel.«
»Cashel ist viele Meilen weit weg, Schwester«, spottete der Seemann. »Was der König von Cashel nicht weiß, darüber kann er nicht entscheiden.«
»Aber ich bin hier. Ich bin die Schwester von Colgú, dem König von Cashel. Und ich kann im Namen meines Bruders sprechen.«
Es herrschte Schweigen, während der Seemann das verdaute. Sie hörte, wie er schwer ausatmete.
»Nun gut, Lady«, antwortete er mit etwas mehr Respekt in der Stimme. »Was suchst du hier?«
»Ich will den Kapitän dieses Schiffes unter vier Augen sprechen.«
»Ich bin der Kapitän«, antwortete der Mann. »Komm nach achtern in meine Kajüte.«
Fidelma sah
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