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03 - Tod im Skriptorium

03 - Tod im Skriptorium

Titel: 03 - Tod im Skriptorium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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sind.«
    Fidelma hob überrascht die Augenbrauen, sagte aber nichts dazu. Sie wußte, daß ihr Bruder nicht zu Übertreibungen neigte.
    Sie folgte ihm wortlos aus dem Zimmer und durch die Korridore des Palastes, deren Steinwände mit reichen Teppichen verkleidet und mit Kunstgegenständen geschmückt waren, die die Eóganacht-Könige im Laufe der Jahrhunderte gesammelt hatten. Colgú führte sie durch einen großen Raum, den sie als die Tech Screptra, das scriptorium oder die Bibliothek des Palastes, kannte, wo sie als kleines Mädchen lesen und schreiben gelernt hatte. Neben eindrucksvollen illustrierten Pergamenttexten enthielt die Tech Screptra einige der alten Bücher von Muman. Darunter befanden sich die »Stäbe der Dichter«, Stöcke aus Espen- oder Haselholz, in die die Schreiber der Vorzeit ihre Sagas, Gedichte und Geschichten in Ogham eingeritzt hatten, der alten Schrift, die noch in Teilen von Muman in Gebrauch war. In dieser Tech Screptra waren die Phantasie und der Wissensdurst des kleinen Mädchens wachgerufen worden.
    Fidelma blieb kurz stehen, beinahe überwältigt von Nostalgie, und hing lächelnd ihren Erinnerungen nach. Mehrere Glaubensbrüder saßen dort und brüteten im Licht der blakenden Talgkerzen über den Büchern.
    Sie merkte, daß Colgú ungeduldig auf sie wartete.
    »Wie ich sehe, öffnet ihr auch weiterhin die Bibliothek den Gelehrten der Kirche«, meinte sie beifällig, als sie zusammen weitergingen. Die große Bibliothek von Cashel war das persönliche Eigentum der Könige von Muman.
    »Das wird nie anders sein, solange wir im Glauben bleiben«, antwortete Colgú fest.
    »Ich habe aber gehört, daß gewisse engstirnige Glaubensmänner die alten Texte, die ›Stäbe der Dichter‹, mit der Begründung verbrennen, daß sie von götzenanbetenden Heiden geschrieben wurden. In Cashel gibt es viele solcher Bücher. Schützt ihr sie vor solcher Intoleranz?«
    »Solche Intoleranz ist doch bestimmt nicht mit unserem Glauben vereinbar, kleine Schwester?« bemerkte Colgú trocken.
    »Das würde ich auch sagen. Andere vielleicht nicht. Man berichtete mir, Colmán von Cork habe vorgeschlagen, alle heidnischen Bücher zu vernichten. Doch ich finde, es ist unsere Pflicht, dafür zu sorgen, daß die Schätze unseres Volkes nicht verbrannt werden und verlorengehen, nur weil die Intoleranz in Mode kommt.«
    Colgú lachte belustigt.
    »Die Frage ist überhaupt akademisch. Colmán von Cork ist aus Furcht vor der Pest aus dem Lande geflohen. Seine Stimme zählt nicht mehr.«
    Sie durchquerten die winzige Familienkapelle. In Fidelmas Familie wurden viele Geschichten überliefert, wie der heilige Patrick selbst nach Cashel gekommen war, um ihren Ahnherrn, König Conall Corc, zum neuen Glauben zu bekehren. Eine besagte, er habe das Kleeblatt, das seamróg , dazu benutzt, Conall die heilige Dreieinigkeit zu erklären. Dabei war das nicht schwer zu verstehen, denn alle heidnischen Götter des alten Irland waren dreieinige Götter, vereinigten drei Personen in einem Gott.
    Sie gelangten in die Privaträume der Familie und ihrer engsten Gefolgsleute, die hinter den allgemein zugänglichen Empfangsräumen lagen.
    Ihr Zimmer war für sie hergerichtet worden, in dessen Kamin ein frisch entfachtes Feuer loderte. Es war das Zimmer, in dem sie geboren worden war und ihre ersten Lebensjahre verbracht hatte. Es war kaum verändert worden.
    Vor dem Feuer stand ein Tisch mit Speisen und Wein.
    Colgú bedeutete seiner Schwester, sich auf einem Stuhl niederzulassen.
    »Essen wir erst, und dabei werde ich versuchen, dir zu erklären, warum König Cathal dich herrufen ließ.«
    Fidelma gehorchte. Sie hatte eine lange und anstrengende Reise hinter sich und war heißhungrig.
    »Bist du sicher, daß unser Vetter zu krank ist, um mich zu sehen?« erkundigte sie sich, bevor sie die Mahlzeit begann. »Ich habe keine Angst vor der Gelben Pest. Seit zwei Jahren bin ich ihr oftmals begegnet und gesund geblieben. Und wenn ich ihr zum Opfer fallen sollte, nun, dann war es Gottes Wille.«
    Colgú schüttelte traurig den Kopf.
    »Cathal ist nicht einmal mehr in der Lage, mich zu erkennen. Sein Arzt meint, er werde diese Nacht nicht überleben. Forbassach von Laigin hatte tatsächlich recht. Es ist jetzt meine Pflicht, auf seine Forderungen zu antworten.«
    Fidelma preßte die Lippen zusammen, als sie begriff, was das bedeutete.
    »Wenn Cathal heute nacht stirbt, dann wirst du …?«
    Sie hielt inne im Bewußtsein, daß es ungehörig war,

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