03 - Winnetou III
war auch nicht gerade eine passende Reisegelegenheit da. Man munkelte so mancherlei von Raubanfällen und nannte sogar die Namen verschiedener Männer, welche die Diggins verlassen hatten und niemals in Sacramento oder San Francisco angekommen sind.“
„War dies wahr?“
„Werdet es hören! So warteten wir einige Wochen; aber das Leben da oben ist ganz verteufelt teuer, und da man wußte, daß wir keine leeren Taschen hatten, so bestand unser ganzes Vergnügen in einer immerwährenden Retirade vor falschen Spielern und ähnlichem Ungeziefer, welches uns stündlich umschwärmte. Auch war es mit den Gelenken der beiden Kameraden ein wenig besser geworden, und so beschlossen wir, nicht länger zu warten, sondern schlossen uns fünf Männern an, welche ebenso wie wir nicht mehr bleiben wollten. Wir waren also neun Personen und mieteten uns die nötigen Maultiere, wodurch unsere Anzahl um sechs Tropeiros vermehrt wurde. Bewaffnet waren wir alle vorzüglich, auch die Tropeiros, von denen übrigens jeder einzelne das Aussehen hatte, als ob er es recht gut mit zehn Gegnern aufnehmen werde. Die Reise wurde angetreten und ging im ganzen auch recht gut vonstatten; aber es begann so anhaltend zu regnen, daß sich das Fieber wieder einstellte. Übrigens weichte das Wasser den Weg in der Weise auf, daß nur außerordentlich schwer fortzukommen war. Wir legten an einem vollen Tag kaum acht Meilen zurück und waren des Nachts selbst in unseren Zelten nicht sicher vor der Flut, die vom Himmel stürzte, als ob jemand da oben eine Wolke umgeworfen hätte. Dadurch wurde das Fieber immer schlimmer, so daß wir die Kranken während des Rittes auf die Maultiere binden mußten.“
„Verdammt schlechte Geschichte“, meinte einer der Umsitzenden. „Habe solche Staupen auch durchgemacht und weiß sehr genau, wie einem dabei zu Mute ist!“
„Well! Also hatten wir ungefähr zwei Dritteile des Weges zurückgelegt und des Abends einen Lagerplatz gesucht. Wir waren beschäftigt, die Zelte aufzuschlagen, und schürten ein Feuer, welches groß genug war, die Gegend tageshell zu erleuchten. Da plötzlich krachte eine Salve rundherum. Ich kniete eben im Schatten eines Zeltes am Boden und war daran, eine Leine an den Pflock zu binden, weswegen man mich nicht gesehen hatte. Schnell fuhr ich in die Höhe und zwar grad zur rechten Zeit, um unsere Tropeiros aufsitzen und die Flucht ergreifen zu sehen. Das geschah aber mit solcher Gelassenheit, daß sie von den Bravos zehnmal hätten niedergeschossen werden können. Ich war im Begriff gewesen, die Büchse zu erheben; aber was ich sah, hielt mich davon ab. Die Kugeln der acht Räuber hatten ihr Ziel so sicher getroffen, daß die fünf Gesunden, welche beim Schein der Flamme gearbeitet hatten, tot am Boden lagen, und grad in dem Augenblick, als ich nach der Büchse griff, wurden die drei Kranken niedergemacht. Ich war also ganz allein am Leben. Was hättet Ihr in dieser Lage getan, he?“
„Damn! Ich hätte mich auf sie geworfen und getan, was in meinen Kräften stand!“ meinte einer.
„Nein, ich hätte einige von ihnen mit meiner Kugel weggeputzt“, versicherte ein anderer.
„Sehr gut!“ antwortete der Erzähler. „Das sagt ihr, getan aber hättet ihr alle nur das, was ich auch tat. Mich auf sie zu stürzen, das wäre Wahnsinn gewesen; auf sie zu schießen, war ebensowenig geraten, denn dann wäre ich auch verloren gewesen. Es durfte kein Zeuge des Überfalles leben bleiben, das verstand sich ja ganz von selbst; darum hätten sie mich verfolgt, so weit ich nur laufen mochte, und getötet hätte ich doch nur einen oder zwei.“
„Nun, was tatet Ihr denn?“
„Mein Geld hatte ich in guten Papieren in der Tasche; mein Maultier war unweit der Zelte bei den übrigen Tieren angebunden. Ich schlich mich also, als die Schurken eben die Zelte untersuchten, hinzu und band es los. Da stieß einer von ihnen einen Pfiff aus; ich hörte ein Getrappel, und – was denkt ihr, was geschah?“
„Nun?“
„Die Tropeiros kehrten zurück. Sie hatten uns an die Halunken verraten und sollten nun ihren Teil von der Beute erhalten. Jetzt waren die Schufte vierzehn Mann stark. Ich setzte mich auf mein Tier und galoppierte davon, so schnell es laufen konnte. Zu meinem Glück war es ein sehr sanftmütiges Geschöpf und kein so obstinates Viehzeug, wie man sie unter dieser Gattung so häufig trifft. Ich hörte zwar laute Flüche und einen tüchtigen Lärm hinter mir; dann vernahm ich auch Hufschlag, aber es
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