03 - Winnetou III
geleistet hatte, was er im Lob zu leisten vermochte.
Sam Haberfield war es in seinem Zimmer doch etwas zu eng geworden. Er saß an einem der Tische ganz allein, und winkte mir, als er uns eintreten sah, uns zu ihm zu setzen.
„Hört!“ meinte er halblaut. „Da neben uns gibt es ein Gespräch, welches zum Beispiel auch uns interessieren wird.“
„Worüber?“
„Es sind da oben in den Minen und Diggins Dinge vorgegangen, die man nicht gutheißen kann. Es gibt dort eine Menge Bravos, aber keine Indianos, sondern Weiße, wie es scheint, die sich über die heimkehrenden Digger hermachen und ihnen das Leben nehmen und noch einiges dazu. Da sitzt einer, der ihnen nur mit genauer Not entgangen ist. Er erzählt eben sein Abenteuer. Hört!“
An dem Tisch hinter uns saßen mehrere Männer, denen man es ansah, daß sie des Lebens Gefahren und Drangsale kennengelernt hatten, und einer von ihnen hielt einen Vortrag, dem alle Umsitzenden mit der größten Spannung zuhörten.
„Well“, meinte er soeben, „ich bin ein Ohiomann, und das soll heißen, daß ich etwas erfahren habe, auf dem Strom und in der Savanne, zu Wasser und zu Land, auf den Bergen und unten in den Tälern des Westen. Ich habe die Flußpiraten des Mississippi und die Buschklepper der Woodlands kennengelernt und gar manchen Strauß mit ihnen ausgefochten; ich halte manchen Streich für möglich, den ein anderer grün und weiß bezweifeln würde; aber daß solche Dinge auf einer so belebten Straße vorkommen können, und noch dazu am hellen Tag, das geht doch über das alte Gun, mit welchem man um die Ecke zu schießen vermag.“
„Und dennoch klingt es nicht genau nach Wahrheit“, meinte ein anderer. „Ihr wart doch eine ganze Karawane von fünfzehn Mann gegen acht Leute; wäre das nicht eine Schande, wenn es so ist, wie Ihr erzählt?“
„Ihr sprecht sehr klug und weise, Mann; aber macht es nur erst einmal mit! Wir waren allerdings fünfzehn Männer, das heißt nämlich sechs Tropeiros (Maultierführer, von tropa, die Herde) und neun Miners. Wenn Ihr Euch auf diese Tropeiros verlassen wollt, so seid Ihr verloren, und von den neuen Miners hatten drei das Fieber; sie konnten sich kaum auf den Maultieren halten und wurden von der Krankheit bald hin bald her geworfen, so daß sie weder einen sichern Schuß, noch einen guten Messerstoß abgeben konnten. Nun, waren wir also wirklich fünfzehn volle Männer, he?“
„Wenn Ihr die Sache so darstellt, so wird sie allerdings ein wenig einleuchtender. Aber die Straße ist doch so befahren, beritten und auch begangen, daß zu jeder Zeit Leute in der Nähe sind, von denen Hilfe zu erwarten ist!“
„Meint Ihr! Was hindert die Schelme, grad einen Augenblick abzuwarten, an dem dies nicht der Fall ist?“
„So erzählt das Ding nur richtig der Reihe nach, damit man daraus klug werden kann!“
„Ganz, wie es Euch beliebt, Mann! Also wir hatten da droben am Pyramidensee ein Placer gefunden, wie es kein besseres und reichhaltigeres geben kann, und Ihr müßt es eben einmal glauben, daß nach acht Wochen ein jeder von uns vieren seinen Zentner Staub und Nuggets beisammen hatte. Weiter ging es nicht, denn der Platz war ausgewaschen, und zwei von uns hatten die Kälte in die Gelenke bekommen. Es ist eben kein leichtes, von früh bis Abend bis über die Hüften im Wasser zu stehen, um die Batea (schüsselförmiges Gefäß, in welchem die goldhaltige Erde gewaschen wird) zu schütteln. Wir packten also zusammen und gingen zurück bis in den Yellow-water-ground, wo wir unsere Ausbeute an einen Yankee verkauften, der ein Beträchtliches mehr bezahlte, als die Schurken von Tauschhändler, bei denen man für eine Unze reines Gold ein Pfund schlechtes Mehl oder ein halbes Pfund noch schlechteren Tabak bekommt. Aber der Mann hat dennoch Geschäfte gemacht; ich glaube, er hieß Marshal und war in Kentucky oder daherum zu Hause.“
Schnell drehte sich Bernard um.
„Ist er noch dort an diesem Platz?“
„Weiß es nicht, geht mich auch nichts an. Aber laß mich in Ruhe mit unnützigen Fragen; denn wenn ich das Ding wirklich so der Reihe nach erzählen soll, wie es dieser Mann hier verlangt hat, so darf ich nicht gestört werden! Also dieser Marshal, Allan Marshal hieß er wohl, kaufte uns ab, was wir hatten. Wären wir nun klug gewesen, so hätten wir uns auf die Beine gemacht. Aber erstens wollten wir uns zunächst von den gehabten Strapazen ausruhen – denn unsere Kranken bedurften der Pflege – und zweitens
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