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03 - Winnetou III

03 - Winnetou III

Titel: 03 - Winnetou III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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unruhigen Nest bald wieder hinauskommen in die Savanne, sonst wachsen mir vor lauter Langeweile die Ohren wieder, und dann hat es mit ‚Sans-ear‘ ein Ende!“
    Der gute Sam befand sich erst einige Viertelstunden hier und empfand doch bereits Sehnsucht nach der freien Prärie. Wie muß es den ‚Wilden‘ zu Mute sein, wenn sie, um gebessert' zu werden, in die enge einsame Zelle einer Philadelphischen oder Aumburnschen Zwingburg gesteckt werden, weil sie sich wehren, hinausgeworfen zu werden aus den Gründen, die ihre Heimat sind, ihnen Nahrung geben und die Grabhügel ihrer Väter und Brüder bergen!
    Wir gingen, nämlich ich und Marshal, zu dem Bankier, mit welchem dieser in Geschäftsbeziehung gestanden hatte, und erfuhren nur, daß Allan einigemale vorgesprochen habe und dann nach einem kurzen Abschied in die Minen gezogen sei. Er hatte alle Geldmittel flüssig gemacht und mitgenommen, um damit Nuggets zu kaufen.
    Nach diesem erfolglosen Besuch schlenderten wir durch die Stadt, bis mich Bernard plötzlich in einen Store (Laden) zog, in welchem alle möglichen Arten und Größen von Kleidungsstücken zum Verkauf hingen. Hier konnte man sich die feinste mexikanische Tracht auswählen, ebenso wie den leinenen Arbeitskittel des Kuli. Jede Tracht dieser verschiedenen Gewänder hatte ihren besonderen Platz, und jeder einzelne Anzug war vollständig.
    Die Absicht Bernards war sehr leicht zu erraten. Unsere Anzüge, aus so festem Stoff sie auch bestanden, hatten während der langen Reise so gelitten, daß wir wirklich nicht nur ein wenig, sondern sogar recht sehr schäbig aussahen. Rasiert waren wir; das Haar hatten wir einander auch geschnitten, aber das Habit, mit dem sah es gewaltig schlimm aus. Ich merkte beim Einkauf, daß der gute Bernard Geschmack besaß. Er kaufte sich einen halb Indianer- und halb Trapperanzug, der ihm ganz nett stand; nur war der Preis auch den Verhältnissen San Franciscos angemessen.
    „Nun kommt, Charley; auch für Euch einen!“ meinte er, als er vollständig ausstaffiert war. „Ich werde Euch aussuchen helfen.“
    Hm, ich brauche allerdings so etwas höchst notwendig, aber für diese Art von Preis war meine Kassa nicht ganz eingerichtet. Ich habe niemals zu denjenigen unglücklichen Leuten gehört, welche überall, wo sie hingreifen, einen Hundertmarkschein zwischen die Finger bekommen und überall wo sie hingehen, über einen Sack mit Souvereigns stolpern; sondern ich gehöre zu jenen beneidenswerten Menschen, welche das süße Bewußtsein haben, heut zu verdienen, was sie morgen brauchen, und darum mag ich wohl ein etwas resigniertes Gesicht gemacht haben, als sich Marshal gleich nach seinen Worten auch sofort an das ‚Aussuchen‘ machte.
    Seine Wahl fiel auf einen Anzug, welcher aus folgenden Stücken bestand: – ein Jagdhemd von schneeweiß gegerbtem Hirschkalbleder, von Indianerinnenhänden zierlich mit Rot gestickt; Leggins aus Hirschrücken, an den Seiten ausgefranst; einen Jagdrock von Büffelhaut, aber doch geschmeidig wie ein Eichhörnchenfell; Stiefel von Bärenseite, deren Schäfte ich weit über die Lenden heraufziehen konnte; die Sohlen aus dem besten Stoff, den es für diesen Zweck nur geben kann, nämlich aus der Haut vom Schwanz eines ausgewachsenen Alligators – und endlich eine Bibermütze, deren oberer Rand und Deckel mit einer künstlich dauerhaft gemachten Klapperschlangenhaut verziert war. Bernard tat es nicht anders, ich mußte in einer kleinen Nebenkabine den Anzug anprobieren, und als ich heraustrat, hatte er ihn bereits bezahlt. Ich wäre ihm gern ein wenig bös darüber geworden, brachte dies aber, offen gestanden, nicht recht fertig.
    „Laßt das gut sein, Charley; ich bin Euch noch sehr viel schuldig, und wenn Ihr das nicht zugeben wollt, so werde ich diese Sachen auf Euer Konto schreiben, welches wir schon einmal begleichen werden!“
    Auch für Sam wollte er einiges mitnehmen; ich riet ihm aber davon ab, weil ich die Anhänglichkeit des Kleinen an seinen uralten Habitus sehr genau kannte und überdies unser Sans-ear eine Statur besaß, die ganz unberechenbar war.
    Die größte Freude über meine Umwandlung verriet Bob, als wir in das ‚Hotel Valladolid‘ zurückkehrten.
    „Oh, Massa, nun sehen sehr viel gut schön aus, so schön wie Bob, wenn hätten bekommen auch neu Rock und Mütze!“
    Ich konnte nicht anders, ich mußte ihn mit einem dankbaren Blick für diesen gütigen Vergleich belohnen, denn ich wußte, daß der Neger damit das Höchste

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