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03 - Winnetou III

03 - Winnetou III

Titel: 03 - Winnetou III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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selbst nach!“ antwortete ich trocken.
    „Aber wie wollt Ihr wissen, wieviel es Weiße oder Indsmen waren? Wie wollt Ihr wissen, welches Pferd braun oder schwarz gewesen ist, welcher Reiter hinkt und zu welchen Stamm die Rothäute gehörten?“
    „Ich habe Euch gebeten, selbst nachzusehen! Und dann wird es sich ja zeigen, wer bessere Augen hat, ich, das Greenhorn, oder Ihr, der erfahrene Westmann.“
    „Well! Schön! Werden sehen! Kommt, Sir! Ein Greenhorn, und erraten, wer diese Kerls gewesen sind!“
    Unter Lachen eilte er der bezeichneten Stelle zu, und ich folgte ihm langsamer nach.
    Als ich ihn wieder erreichte, war er so eifrig mit der Betrachtung der Spuren beschäftigt, daß er mich gar nicht beachtete. Erst als er wohl zehn Minuten lang die Umgebung auf das sorgfältigste abgesucht hatte, kam er zu mir und sagte:
    „Wahrhaftig, Ihr habt recht! Sechsundzwanzig sind es gewesen, und achtzehn Pferde waren unbeschlagen. Aber das andere ist Unsinn, reiner Unsinn! Hier haben sie gelagert, und in dieser Richtung sind sie auch wieder davongeritten. Weiter sieht man nichts!“
    „So kommt, Sir“, meinte ich. „Ich will Euch einmal zeigen, welchen Unsinn die Augen eines Greenhorns sehen!“
    „Well, ich bin neugierig!“ nickte er mit einer sehr belustigten Miene.
    „Seht Euch einmal die Pferdespuren genauer an; drei Tiere wurden abseits gehalten und waren nicht vorn, sondern übers Kreuz gekoppelt; das waren also jedenfalls Indianerpferde.“
    Er bückte sich nieder, um den Abstand der einzelnen Hufstapfen genau auszumessen. Der Grasboden war feucht und die Spuren waren für ein geübtes Auge recht leidlich zu erkennen.
    „By god, Ihr habt recht!“ rief er erstaunt. „Das waren Indianergäule.“
    „So kommt jetzt weiter, da zu der kleinen Wasserlache. Hier haben sich die Indianer die Gesichter abgewaschen und dann wieder mit den Kriegsfarben neu bemalt. Die Farben waren mit Bärenfett abgerieben. Seht Ihr die kleinen ringförmigen Eindrücke im weichen Boden? Da haben die Farbennäpfchen gestanden. Es ist warm gewesen, und die Farben waren infolgedessen dünn und haben getropft. Seht Ihr hier im Gras einen schwarzen, einen roten und zwei blaue Tropfen, Sir?“
    „Yes! Wahrhaftig, es ist wahr!“
    „Und ist nicht schwarz, rot und blau die Kriegsfarbe der Ogellallah?“
    Er nickte nur; sein verwundertes Gesicht sagte mir, was sein Mund verschwieg. Ich fuhr fort:
    „Nun kommt weiter! Als die Truppe hier angekommen ist, hat sie hier neben der sumpfigen Lache gehalten; das zeigen die Hufeindrücke, welche sich mit Wasser gefüllt haben. Nur zwei sind vorgeritten, also jedenfalls die Anführer; sie wollten rekognoszieren und die andern mußten bescheiden zurückbleiben. Seht hier die Pferdespur im Morast! Das eine Pferd war beschlagen und das andere nicht; dieses letztere trat hinten tiefer als vorn; es saß ein Indianer darauf; der andere Reiter aber war ein Weißer, denn sein Pferd hatte Eisen und trat vorn tiefer als hinten. Ihr kennt wohl den Unterschied zwischen der Art und Weise wie ein Indsmen und ein Weißer zu Pferde sitzt?“
    „Sir, ich möchte nur wissen, woher Ihr –“
    „Gut!“ unterbrach ich ihn. „Nun paßt genau auf! Sechs Schritte weiter vor haben sich die Pferde gebissen; das aber tun nach einem so langen und anstrengenden Ritt, wie diese Leute hinter sich hatten, nur Hengste. Verstanden?“
    „Aber wer sagt Euch denn, daß sie einander gebissen haben, he?“
    „Erstens die Stellung der Hufstapfen. Das Indianerpferd ist hier gegen das andere angesprungen; das werdet Ihr zugeben. Und zweitens, seht Euch einmal die Haare an, welche ich hier in der Hand halte! Ich fand sie vorhin, als ich die Spuren untersuchte, ehe ich Euch traf. Das sind vier Mähnenhaare von brauner Farbe, welche das Indianerpferd dem anderen ausgerissen hat und sofort fallen ließ. Weiter vorn aber fand ich diese zwei schwarzen Schwanzhaare und aus der Stellung der Stapfen ersehe ich ganz genau: das Indianerpferd biß das andere in die Mähne, wurde aber von seinem Reiter zurückgedrängt und dann vorwärts getrieben; dabei langte das andere Pferd herüber und riß ihm diese Haare aus dem Schwanz, welche noch einige Schritte weiter im Maul hängen blieben und dann zur Erde fielen. Das Pferd des Roten ist also ein Rappe und dasjenige des Weißen ein Brauner. Kommt weiter! Hier ist der Weiße abgestiegen, um den Bahndamm zu ersteigen. Seine Fährte ist im weichen Sand bis heute sichtbar geblieben. Ihr könnt ganz

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