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03 - Winnetou III

03 - Winnetou III

Titel: 03 - Winnetou III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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genau sehen, daß er mit dem einen Fuß fester und heftiger aufgetreten ist als mit dem andern. Er hinkt. Übrigens waren diese Menschen ganz außerordentlich unvorsichtig. Sie haben sich nicht die mindeste Mühe gegeben, ihre Spuren unkenntlich zu machen; sie müssen sich also sehr sicher fühlen, und das kann nur zwei Gründe haben.“
    „Welche?“
    „Entweder waren sie gewillt, heute recht schnell eine bedeutende Strecke zwischen sich und die Verfolger zu legen, und das möchte ich bezweifeln, da aus den Spuren zu ersehen ist, daß ihre Pferde sehr angegriffen und ermüdet waren. Oder sie wußten eine größere Truppe der Ihrigen in der Nähe, auf die sich zurückziehen konnten. Dieser Fall scheint mir der wahrscheinlichere zu sein, und da sich drei vereinzelte Indsmen nicht an über zwanzig Weiße schließen, so vermute ich, daß da gegen Norden hin ein zahlreicher Trupp Ogellallahs zu suchen ist, bei dem sich jetzt die dreiundzwanzig Railtroublers befinden.“
    Es war wirklich spaßhaft anzusehen, mit welch einer eigentümlichen Miene mich das dicke Männchen jetzt vom Kopf an bis herab zu den Füßen fixierte.
    „Mann!“ rief er endlich. „Wer seid Ihr denn eigentlich, he?“
    „Ich habe es Euch ja bereits gesagt.“
    „Pshaw! Ihr seid kein Greenhorn und auch kein Büchermacher, obgleich Ihr mit Euren gewichsten Stiefeln und Eurer Sonntags-Ausrüstung ganz danach ausseht. Ihr seid so abgeleckt und sauber, daß Ihr in einem Theaterstück, in welchem ein Westmann aufzutreten hätte, gleich auf der Bühne erscheinen könntet; aber unter hundert wirklichen Westmännern ist kaum einer, der so wie Ihr die Fährte zu lesen versteht. By god, ich dachte bisher, daß ich auch etwas leiste, aber an Euch komme ich nicht, Sir!“
    „Und dennoch bin ich ein Bücherschreiber. Aber ich habe bereits früher diese alte Prärie von Norden nach Süden und von Osten bis nach dem entferntesten Westen durchmessen: daher kommt es, daß ich mich so leidlich auf Spuren verstehe.“
    „Und Ihr wollt wirklich hinauf nach den Windriverbergen?“
    „Allerdings.“
    „Aber, Sir, wer das ausführen will, der muß bedeutend mehr sein als ein guter Spurenfinder, und da – nehmt es mir nicht übel – scheint es bei Euch zu hapern.“
    „Inwiefern?“
    „Wer einen so gefährlichen Weg vor sich hat, der läuft nicht so leichtsinnig in das Blaue hinein wie Ihr, sondern er sieht sich vor allen Dingen nach einem guten Pferd um. Verstanden?“
    „Das werde ich noch tun.“
    „Wo denn?“
    „Nun, ein Pferd ist an jeder Station zu kaufen, und wäre es auch nur ein alter Karrengaul. Bin ich dann beritten, so hole ich mir schon aus irgendeiner wilden Herde einen Mustang, der mir paßt.“
    „Ihr? Ah! Seid Ihr ein solcher Reiter? Könnt Ihr einen Mustang bändigen? Wird es da oben Pferde geben?“
    „Ihr vergeßt, daß grad' jetzt die Jahreszeit ist, in welcher die Büffel und Mustangs nach Norden gehen. Ich bin sehr überzeugt, daß ich zwischen hier und den Tretons auf eine Herde treffen werde.“
    „Hm! Also ein Reiter seid Ihr. Aber wie steht es denn mit dem Schießen!“
    „Wollt Ihr mich etwa examinieren, Sir?“ lachte ich.
    „Einigermaßen“, nickte er sehr ernsthaft. „Ich habe nämlich eine Absicht dabei.“
    „Darf man erfahren, welche?“
    „Später. Erst müßt Ihr einmal schießen. Holt Euer Gewehr!“
    Dieses kleine Intermezzo gab mir Spaß. Ich hätte dem Mann einfach sagen können, daß ich Old Shatterhand sei, zog aber vor, es zu verschweigen. Ich ging also zum Waggon, um die Decke zu holen, in welche meine Gewehre gewickelt waren. Man bemerkte dies, und sofort schlossen die Passagiere einen Kreis um uns beide. Der Amerikaner und besonders der Bewohner des Westens läßt sicherlich keine Gelegenheit, ein Gewehr abschießen zu sehen, unbenutzt vorübergehen.
    Ich schlug die Decke auseinander.
    „Behold, ein Henrystutzen!“ rief der Dicke. „Ein wirklicher, richtiger Henrystutzen! Wie viele Schüsse hat er, Sir?“
    „Fünfundzwanzig.“
    „Ah, das ist viel. Das ist eine fürchterliche Waffe in der Nähe. Mann, um dieses Gewehr beneide ich Euch!“
    „Diese Büchse ist mir noch lieber.“
    Bei diesen Worten nahm ich meinen schweren Bärentöter empor.
    „Pshaw! Ein glattes, gut geputztes Schießeisen!“ meinte der Dicke geringschätzig. „Ich lobe mir eine alte, rostige Kentuckybüchse oder meinen alten Schießprügel da!“
    „Wollt Ihr Euch nicht einmal die Firma ansehen, Sir?“ fragte ich ihn,

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