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03 - Winnetou III

03 - Winnetou III

Titel: 03 - Winnetou III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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indem ich ihm das Gewehr entgegenstreckte.
    Er warf einen Blick auf die Gravierung und fuhr überrascht zurück.
    „Verzeiht, Sir“, rief er; „das ist etwas ganz anderes. Solche Büchsen gibt es nicht sehr viele mehr. Ich habe gehört, daß Old Shatterhand eine hat. Aber wie kommt denn Ihr zu einem solchen Meisterstück? Oder ist der Stempel nachgemacht! Hm, ja, so wird es wohl sein, denn dieses Gewehr sieht nicht aus, als ob man schon viele Male daraus geschossen hätte!“
    „Wir wollen es probieren. Gebt einmal an, was ich schießen soll, Sir!“
    „Ladet erst neu!“
    „Pah, das ist nicht notwendig. Die Schüsse stecken trocken.“
    „Well, so schießt mir einmal mit dem Schrotlauf den Vogel dort vom Busch!“
    „Das ist zu weit!“ meinte einer der Umstehenden.
    „Wollen sehen!“ bemerkte ich.
    Ich langte nach der Schnur und setzte langsam und sehr bedächtig meinen Klemmer auf die Nase. Sofort brach der Dicke in ein lautes Gelächter aus.
    „Hahahaha; eine Brille! Dieser deutsche Buchmacher kommt in diese alte Savanne, um mit dem Zwicker auf der Nase zu jagen! Hahahaha!“
    Auch die anderen lachten; ich aber meinte sehr ernsthaft:
    „Was lacht Ihr, Mesch'schurs? Wenn man dreißig Jahre lang über den Büchern sitzt, so leiden die Augen, und es ist besser, man tut mit der Brille einen guten Schuß, als ohne dieselbe einen schlechten!“
    „Richtig, Sir“, lachte der Dicke. „Aber ich möchte Euch einmal sehen, wenn Ihr so recht unerwartet einmal von den Rothäuten überfallen würdet! Ehe Ihr den Klemmer geputzt und auf die Nase gebraucht hättet, würdet Ihr zehnmal skalpiert sein. Seht, nicht einmal den Vogel könnt Ihr nun schießen, denn er ist bereits auf und davon geflogen!“
    „So suchen wir ein anderes Ziel!“ meinte ich ebenso kaltblütig wie vorher.
    Der betreffende Vogel hatte in einer Entfernung von vielleicht zweihundert Schritten auf dem Busch gesessen; das wäre also ein sehr gewöhnlicher Schuß gewesen. Ich aber hatte hoch über uns eine Lerche trillern gehört und blickte jetzt nach oben.
    „Seht Ihr die Lerche da oben, Mesch'schurs?“ fragte ich. „Ich werde sie herunter holen.“
    „Das ist ganz unmöglich!“ rief der Dicke. „Laßt das sein, denn Ihr schießt doch nur ein Loch in die Luft. Das brächte nicht einmal der alte Sans-ear oder Old Firehand fertig!“
    „Wollen sehen!“
    Ich erhob die Büchse und drückte ab.
    „Fort!“ lachte der Dicke. „Der Schuß hat sie erschreckt; sie ist ausgerissen!“
    „Da sollt Ihr doch gleich sehen, wozu die Brille nützlich ist“, meinte ich, die Büchse absetzend. „Geht doch einmal hinüber auf den Bahndamm, sie ist darauf niedergefallen, ungefähr achtzig Schritte von hier.“
    Ich deutete mit der Hand die Stelle an, und sofort sprangen einige der Umstehenden hin. Sie brachten die Lerche, welche fast mitten durchgeschossen war. Der Dicke betrachtete abwechselnd sie und mich; dann rief er:
    „Getroffen, wahrhaftig getroffen! Und nicht mit Schrot, sondern mit der Kugel!“
    „Wollt Ihr mit Schrot in eine solche Höhe schießen, Sir?“ fragte ich. „Ein richtiger Savannenläufer wird sich überhaupt schämen, einen Schrotschuß zu tun. Das überläßt man den Kindern und den Aasjägern.“
    „Aber Sir, das ist ja ein Schuß, wie ich noch gar keinen gesehen habe!“ wunderte sich der Dicke. „War das Zufall oder nicht?“
    „Gebt mir ein zweites Ziel!“
    „Es ist gut, Sir; ich glaube es! Ihr scheint es darauf abgesehen zu haben, mit mir ein wenig Komödie zu spielen! Aber nun ist es gut. Kommt doch einmal ein weniges mit auf die Seite!“
    Er zog mich von den andern fort, dahin, wo die Pferdestapfen am deutlichsten zu sehen waren. Dort zog er ein Papier hervor und legte es in eine der Spuren.
    „Well, es ist so!“ meinte er gedankenvoll. „Sir, sagt mir einmal, ob Ihr vielleicht Herr Eurer Zeit seid, ob Ihr direkt hinauf nach den Tretons wollt, oder ob Ihr vorher noch einen andern Ritt unternehmen könntet!“
    „Ich kann tun, was mir gefällt.“
    „Well, so will ich Euch einmal etwas sagen. Habt Ihr vielleicht schon einmal von dem dicken Fred Walker gehört?“
    „Ja. Er soll ein tüchtiger Westmann sein. Er ist einer der besten Pfadfinder des Gebirges und spricht mehrere Indianerdialekte.“
    „Ich bin es, Sir!“
    „Das konnte ich mir denken. Hier meine Hand! Es freut mich von ganzem Herzen, Euch getroffen zu haben, Sir.“
    „Wirklich? Nun, vielleicht lernen wir uns besser kennen. Ich habe nämlich

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