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03 - Winnetou III

03 - Winnetou III

Titel: 03 - Winnetou III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zwanzig Westmänner zu uns gehalten hätten. Ich wußte zwar, daß er nach so langer Trennung mich keineswegs sogleich verlassen würde; aber daß er sich selbst zur Begleitung anbot, das war ein Zeichen, daß ihm unser Abenteuer ein willkommenes sei. Darum antwortete ich:
    „Der große Häuptling der Apachen ist uns gekommen wie der Sonnenstrahl dem kalten Morgen. Sein Tomahawk mag wie der unsrige sein.“
    „Meine Hand ist eure Hand, und mein Leben ist euer Leben. Howgh!“
    Was meinen dicken Fred betrifft, so war es ihm sehr deutlich anzusehen, welchen gewaltigen Eindruck der Apache auf ihn machte. Es wäre jedem andern auch so ergangen, denn Winnetou war wirklich das Prachtexemplar eines Indianers, und sein Anblick mußte einen jeden Westmann entzücken.
    Er war nicht etwa übermäßig hoch und massig gebaut, sondern grad die zierlichen, dabei aber äußerst nervigen Körperformen und die Spannkraft einer jeden seiner Bewegungen hätten auch dem stärksten und erfahrensten Trapper imponiert. Er trug ganz dieselbe Kleidung und Bewaffnung wie früher, als wir uns unten am Rio Pecos trafen und dann oben bei den Schlangen-Indianern wieder trennten. Wie er jetzt vor uns stand, so hatte ich ihn stets gesehen, nett und sauber in seiner ganzen Erscheinung, ritterlich und gebieterisch in dem ganzen Eindruck, den er machte, jeder Zoll an ihm ein Mann, ein Held.
    Der dicke Fred war jedenfalls am meisten darüber überrascht, daß an diesem Indsman alles glänzte und flimmerte, daß an ihm nicht die leiseste Spur eines Fleckes zu entdecken war, und der Blick der kleinen Äuglein flog so sprechend zwischen mir und Winnetou hin und her, daß ich erriet, welche Parallele er zwischen uns zog.
    „Meine Brüder mögen sich niedersetzen, um die Pfeife des Friedens mit mir zu rauchen“, sagte der Apache.
    Er setzte sich gleich da, wo er stand, in das Gras, langte in den Gürtel, und zog ein kleines Quantum Tabak, welcher mit wilden Hanfblättern vermischt war, hervor mit dem er sein mit Federn geschmücktes Calumet stopfte. Wir nahmen neben ihm Platz. Die Zeremonie der Friedenspfeife war unumgänglich notwendig, denn sie besiegelte das Bündnis, welches wir geschlossen hatten, und ehe sie nicht geraucht war, hätte Winnetou sicher kein einziges Wort über unsern Plan gesprochen.
    Als er den Tabak in Brand gesteckt hatte, erhob er sich und stieß einen Mund voll Rauch grad zum Himmel empor und ebenso einen grad zur Erde nieder; dann verneigte er sich nach den vier Himmelsgegenden, indem er vier Züge aus der Pfeife tat und den Rauch nach der betreffenden Richtung blies. Hierauf setzte er sich nieder und gab mir die Pfeife mit den Worten:
    „Der große Geist hört meinen Schwur: meine Brüder sind wie ich und ich bin wie sie; wir sind Freunde!“
    Ich ergriff das Calumet, erhob mich, tat wie er und sagte dann:
    „Der große Manitou, den wir verehren, beherrscht die Erden und die Sterne. Er ist mein Vater und dein Vater, o Winnetou; wir sind Brüder und werden uns beistehen in jeder Gefahr. Die Pfeife des Friedens hat unsern Bund erneuert.“
    Ich gab die Pfeife an Walker, der ebenso wie wir vorher den Rauch nach den sechs Richtungen ausstieß und dann gelobte:
    „Ich sehe den großen Winnetou, den herrlichsten Häuptling der Mescaleros, Mimbrenjos und Apachen; ich trinke den Rauch seiner Pfeife und bin sein Bruder. Seine Freunde sind meine Freunde und seine Feinde sind meine Feinde, und nie soll dieser Bund gebrochen werden!“
    Er nahm dann wieder Platz und gab dem Apachen die Pfeife zurück, welcher diese weiterrauchte. Jetzt war der Sitte Genüge getan, und wir konnten uns besprechen.
    „Mein lieber Bruder Scharlih mag mir erzählen, was er erlebt hat, seit er von mir geschieden ist, und wie er auf die Fährte der Sioux-Ogellallah gekommen ist“, bat jetzt Winnetou.
    Ich folgte diesem Wunsch so kurz wie möglich. Was ich seit unserer letzten Trennung getan hatte, das konnte ich ihm später ausführlicher erzählen. Dann forderte ich ihn auf:
    „Mein Bruder Winnetou sage mir, was er erlebt hat, seit ich ihn nicht sah, und wie er so entfernt von dem Wigwam seiner Väter auf das Jagdgebiet der Sioux kommt!“
    Er tat einen langen, bedächtigen Zug aus dem Calumet und antwortete dann:
    „Das Wetter stürzt das Wasser aus den Wolken herab, und die Sonne trägt es wieder empor. So ist es mit dem Leben des Menschen. Die Tage kommen und verschwinden. Was soll Winnetou viel erzählen von den Sonnen, die vorüber sind? Ein

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