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03 - Winnetou III

03 - Winnetou III

Titel: 03 - Winnetou III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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demselben Deckung bekam, und schlug die Büchse auf uns an. Das ging so schnell, daß ich von ihm nur die Gestalt gesehen hatte, aber auch nur sehr flüchtig und undeutlich.
    Auch Fred war mit derselben Gewandtheit von seinem Pferd gesprungen und hatte sich hinter dasselbe gestellt, ich aber schnellte mich mit einem raschen, weiten Satz in die Waldecke hinein und faßte hinter einer starken Blutbuche Posto. Kaum jedoch stand ich da, so blitzte die Büchse des Indianers auf, und seine Kugel schlug in den Stamm der Buche – nur den zehnten Teil eines Augenblickes früher, so hätte sie mich durchbohrt. Dieser Mann hatte sofort erkannt, daß ich ihm gefährlicher sei als Fred, weil ich, durch die Bäume gedeckt, ihn und seine Pferde umgehen und dann von hinten auf ihn schießen konnte.
    Schon während meines Sprunges hatte ich die Büchse halb erhoben, jetzt aber, als die Kugel in den Baum schlug, ließ ich sie wieder sinken. Warum?
    Ein jeder erfahrene Westmann weiß, daß ein jedes Gewehr seine eigene Stimme hat. Es ist unendlich schwierig, den Krach zweier Büchsen in dieser Beziehung zu unterscheiden; aber das Leben in der Wildnis schärft die Sinne bis zur höchsten Potenz, und wer eine Büchse öfters gehört hat, der kennt ihren Knall unter hunderten heraus. Daher kommt es, daß Jäger, die sich früher trafen und dann lange Zeit nicht mehr sahen, sich bereits von weitem an der Stimme ihrer Gewehre wieder erkennen.
    So ging es auch mir in diesem Augenblick. Die Büchse, mit welcher der Wilde jetzt geschossen hatte, hätte ich während meines ganzen Lebens nicht vergessen können. Ich hatte ihren scharfen, sonoren Knall während langer Zeit nicht gehört, erkannte ihn aber im Augenblick. Sie gehörte dem berühmten Apachenhäuptling Winnetou, jenem Indianer, von dem Walker gestern am Bahndamm gesprochen hatte, und der mein Lehrer und Freund gewesen war im wildesten Wald- und Savannenleben. War er es selbst, der sie jetzt noch trug, oder war sie in eine andere Hand übergegangen? Ich rief in der Mundart der Apachen hinter dem Baum hervor:
    „Toselkhita, shi shteke – schieß nicht, ich bin dein Freund!“
    „To tistsa ta ti. Ni peniyil – ich weiß nicht, wer du bist. Komm heraus!“ antwortete er.
    „Ni Winnetou, natan shis inté – bist du Winnetou, der Häuptling der Apachen?“ fragte ich, um ganz sicher zu gehen.
    „Ha-au – ich bin es!“ antwortete er.
    Im Nu sprang ich hinter dem Baum hervor und auf ihn zu.
    „Scharlih!“ rief er frohlockend.
    Er öffnete die Arme, und wir lagen uns am Herzen.
    „Scharlih, shi shteke, shi nta-ye – Karl, mein Freund, mein Bruder!“ fuhr er, beinahe weinend vor Freude, fort. „Shi inta ni inta, shi itchi ni itchi – mein Auge ist dein Auge, und mein Herz ist dein Herz!“
    Auch ich war so ergriffen von diesem so ganz und gar unerwarteten Wiedersehen, daß mir das Wasser in die Augen trat. Es konnte mir nichts Glücklicheres geschehen, als ihn hier zu treffen. Er blickte mich immer von neuem mit liebevollen Augen an; er drückte mich immer von neuem an seine Brust, bis er sich endlich erinnerte, daß wir nicht allein waren.
    „Ti ti ute – wer ist dieser Mann?“ fragte er, auf Walker deutend.
    „Aguan ute nsho, shi shteke ni shteke – er ist ein guter Mann, mein Freund und auch dein Freund“, antwortete ich.
    „Ti tenlyé aguan – wie ist sein Name?“
    „The thick Walker“, nannte ich englisch den Namen meines Gefährten.
    Da streckte er auch Fred die Hand entgegen und begrüßte ihn:
    „Der Freund meines Bruders ist auch mein Freund! Fast hätten wir uns erschossen, aber Scharlih hat die Stimme meiner Büchse erkannt, wie ich auch die seinige erkannt hätte. Was tun meine weißen Brüder hier?“
    „Wir verfolgen die Feinde, deren Fährte du hier im Gras siehst“, antwortete ich.
    „Ich habe sie erst vor einigen Minuten erblickt. Ich komme von Osten her an dieses Wasser. Was für eine Farbe haben die Männer, denen ihr folgt?“
    „Es sind Weiße und einige Ogellallah.“
    Bei dem letzten Wort zogen sich seine Brauen zusammen. Er legte die Hand an den glänzenden Tomahawk, welcher in seinem Gürtel steckte, und sagte:
    „Die Söhne der Ogellallah sind wie Kröten; wenn sie aus ihren Löchern kommen, so werde ich sie zertreten. Darf ich mit meinem Bruder Scharlih gehen, um die Ogellallah zu sehen?“
    Nichts konnte mir willkommener sein als diese Frage; wenn wir Winnetou zu unserm Verbündeten erhielten, so war das ebenso, als wenn

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