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03 - Winnetou III

03 - Winnetou III

Titel: 03 - Winnetou III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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befindet, und dabei seinen Charakter mit in Rechnung zieht. Soll ich einmal so kühn sein, zu raten?“
    „Ihr macht mich wahrlich neugierig!“
    „Gut! Wem hat unser Zugpersonal wohl zuerst die Zerstörung der Bahn und die Vernichtung des Zuges gemeldet?“
    „Doch jedenfalls der nächsten Station.“
    „Von da aus wird man also auch Männer zur Unglücksstelle senden, um sie zu untersuchen und die Täter zu verfolgen. Nicht?“
    „Jedenfalls.“
    „Dadurch aber wird diese Station von Leuten entblößt, und sie kann also ohne Gefahr überfallen werden.“
    „Egad! Jetzt ahne ich, was Ihr denkt!“
    „Nicht wahr? Die Stationen sind jetzt hier noch temporär. Es fragt sich, an welchem Punkt man genug Leute haben wird, um ein Detachement entbehren zu können. Meiner Ansicht nach wird dies wohl Echo- Cañon sein.“
    „Charles, Ihr könnt recht haben. Die Railtroublers und die Roten wissen jedenfalls ebenso genau wie wir, daß der Ort dann entblößt ist.“
    „Rechnen wir auch noch dazu, daß die Sioux ihre Kriegspfeile ausgegraben und sich mit den Kriegsfarben bemalt haben, daß sie also ohne allen Zweifel Feindseligkeiten beabsichtigen, so ist fast zu ahnen, daß sie es jetzt auf Echo-Cañon abgesehen haben werden. – Doch seht, da ist der Quell des Baches. Jetzt geht es steil bergan, und wir haben keine Zeit zum Plaudern mehr!“
    Wir ritten jetzt unter hohen Bäumen eine Steigung hinan. Das Terrain war schwierig und wir mußten Achtung geben. Oben breitete sich die Höhe plateauartig aus und sank dann wieder zu Tal, wo wir bald wieder einen kleinen Wasserlauf erreichten, welcher nach Osten ging.
    Hier hatten die Verfolgten zur Mittagszeit Halt gemacht und sich dann mit dem abbiegenden Wasser nordwärts gewendet. Wir kamen durch mehrere kleine Täler, durch einige Schluchten, und die Spuren wurden nach und nach immer frischer, so daß wir uns zu immer größerer Vorsicht veranlaßt sahen.
    Endlich erreichten wir gegen Abend die Höhe eines lang gestreckten Bergrückens, und schon wollten wir auf der andern Seite abwärts biegen, als der voranreitende Apache sein Pferd anhielt und mit der ausgestreckten Hand vorwärts deutete.
    „Uff!“ rief er, aber mit gedämpfter Stimme.
    Wir hielten an und wandten unsere Blicke in die angedeutete Richtung.
    Zu unserer rechten Hand breitete sich tief unten eine kleine Ebene aus, deren Umfang vielleicht eine Stunde betragen mochte. Sie war offen und mit Gras bewachsen. Auf ihr erblickten wir eine ganze Anzahl von Indianerzelten, bei denen reges Leben herrschte. Ledige Pferde weideten im fetten Grün, und zahlreiche Männer waren ringsumher beschäftigt.
    Man hatte Fleisch gemacht. Außerhalb der Zelte lagen die Skelette einiger Büffel, und über Stangen hatte man Schnüren gezogen, an denen dünne Stücke des Büffelfleisches zum Trocknen aufgehängt waren.
    „Ogellallahs!“ sagte Fred.
    „Seht Ihr, daß ich recht hatte!“ sagte ich.
    „Zweiunddreißig Zelte!“ fügte er hinzu.
    Winnetou hielt sein Auge scharf hinunter gerichtet und sagte dann:
    „Naki gutesnontin nagoiya – zweihundert Krieger!“
    „Und die Weißen sind bei ihnen“, bemerkte ich. „Wir wollen die Pferde zählen; so gehen wir am sichersten.“
    Wir konnten die ganze Ebene übersehen und zählten zweihundertfünf Pferde. Für einen Jagdzug hatte man zu wenig Fleisch gemacht, auch war dieses Tal kein Ort zu einem einträglichen Büffelfang; wir hatten es also mit einem Kriegszug zu tun, was auch die Schilde bewiesen, welche wir sahen. Auf der Jagd ist der Schild ja mehr hinderlich als förderlich.
    Das größte Zelt stand etwas abseits von den übrigen, und die Adlerfedern, welche seine Spitze zierten, ließen erraten, daß es das Häuptlingszelt sei.
    „Was sagt mein Bruder Scharlih. Werden diese Kröten von Ogellallah noch lange hier bleiben?“ fragte Winnetou.
    „Nein.“
    „Woraus schließt Ihr das, Charles?“ forschte Fred. „Eine solche Frage ist schwer und auch zu wichtig für uns, als daß man sie so schnell beantworten kann.“
    „Seht Euch die Gerippe der geschlachteten Büffel an, Fred! Sie werden Euch die Frage genau beantworten.“
    „Ah! Wieso?“
    „Die Knochen sehen bereits weiß aus; sie sind gebleicht und liegen wohl schon vier oder fünf Tage an der Sonne. Das Fleisch ist also wohl ziemlich trocken. Meint Ihr nicht?“
    „Jedenfalls!“
    „Nun, so können die Roten also aufbrechen. Oder meint Ihr, daß sie hier bleiben werden, um noch einige Partien Schach

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