03 - Winnetou III
Shatterhand wird sterben müssen, und nicht bloß sterben; er wird sehr gemartert werden.“
„Martert mich, und tötet mich; ihr werdet keine Klage aus meinem Mund hören; aber diesen Kerl, den haltet fern von mir!“
Als mir die Hände zusammengebunden waren, mußte ich mich niederlegen, worauf man mir auch um die Fußgelenke einen Riemen schlang. Unterdessen erholte sich Santer aus seiner Betäubung; er stand auf, kam zu mir heran, versetzte mir einen Fußtritt und schrie dabei:
„Du hast mich geschlagen, Hund! Das sollst du büßen; ich erwürge dich!“
Er bückte sich nieder, um mir mit beiden Händen nach dem Hals zu greifen.
„Halt, rühre ihn nicht an!“ rief Pida ihm zu. „Ich verbiete es dir!“
„Du hast mir nichts zu verbieten! Dieser Hund ist mein Todfeind und hat es gewagt, mich zu schlagen; dafür soll er jetzt erfahren, wie – – –“
Er kam in seiner Rede nicht weiter, denn ich zog, ohne daß er so etwas erwartet hatte, plötzlich die Kniee an den Leib und gab ihm mit den Füßen einen so gewaltigen Stoß, daß er weit fortgeschleudert wurde und, sich nach hinten überschlagend, wieder zu Boden stürzte. Jetzt brüllte er vor Grimm wie ein wildes Tier; er wollte schnell aufspringen, um sich wieder auf mich zu werfen, brachte dies aber nicht fertig. Seine Glieder schmerzten ihn; er kam nur langsam auf, verzichtete aber nicht auf augenblickliche Rache, sondern zog seinen Revolver, richtete ihn auf mich und schrie:
„Deine letzte Stunde ist gekommen, du Hund. Fahr zur Hölle, wo du hingehörst!“
Der ihm nächststehende Indianer faßte ihn bei der Hand; darum ging, als er doch abdrückte, die Kugel fehl.
„Was hinderst du mich?“ fuhr er den Roten an. „Ich kann tun, was ich will, und dieser Hund, der mich erst geschlagen und dann getreten hat, muß sterben.“
„Nein, du darfst nicht tun, was du willst“, erklärte Pida, indem er zu ihm trat und ihm warnend die Hand auf den Arm legte. „Old Shatterhand gehört mir, und niemand sonst darf ihn berühren. Sein Leben ist mein Eigentum, und kein anderer darf es ihm nehmen.“
„Aber ich habe eine Rache gegen ihn, welcher er schon längst verfallen ist!“
„Das geht mich nichts an; du hast meinem Vater, dem Häuptling, einige Dienste erwiesen, für welche er dir erlaubt, bei uns zu sein; das ist aber auch alles! Nimm dir nicht zu viel heraus! Ich sage dir: Wenn du dich an Old Shatterhand vergreifst, so stirbst du von dieser meiner eigenen Hand!“
„Was soll denn eigentlich mit ihm geschehen?“ fragte er eingeschüchtert.
„Das werden wir beraten.“
„Was gibt es da erst zu beraten! Was ihr zu tun habt, ist doch klar!“
„Was?“
„Ihn töten.“
„Das wird auch geschehen.“
„Aber wann? Ihr seid hierher gekommen, um den Tod Winnetous, eures größten Feindes, zu feiern. Wie könnt ihr das besser tun als dadurch, daß ihr grad hier an dieser Stelle Old Shatterhand zu Tode quält, der sein bester Freund gewesen ist!“
„Das dürfen wir nicht.“
„Warum nicht?“
„Weil wir ihn nach unserm Dorf schaffen müssen.“
„Oh! Nach euerm Dorf? Wozu das?“
„Um ihn Tangua, meinem Vater, zu bringen. Old Shatterhand hat ihm einst beide Kniee zerschmettert und gehört also ihm. Tangua hat zu bestimmen, auf welche Weise er sterben soll.“
„Unsinn! Ihn erst nach euerm Dorf schaffen! Das ist eine Dummheit, wie es gar keine größere geben kann!“
„Schweig! Pida, der junge Häuptling der Kiowas, begeht keine Dummheiten!“
„Es ist doch eine! Siehst du denn nicht ein, warum?“
„Nein.“
„Hast du denn nicht erfahren, wie oft dieser Old Shatterhand schon gefangen gewesen ist? Und stets hat er es durch seine List fertig gebracht, wieder zu entkommen. Wenn ihr ihn nicht gleich tötet, sondern erst lange mit euch herumschleppt, wird er bald wieder verschwunden sein.“
„Er wird uns nicht entkommen. Wir werden ihn so behandeln, wie ein so bewährter Krieger behandelt werden muß, aber dabei doch so wachsam sein, daß ihm die Flucht unmöglich ist.“
„Alle Teufel! Auch noch ihn wie einen berühmten Mann behandeln! Wollt ihr ihn nicht gar noch mit Girlanden umwickeln und seine Brust mit Orden behängen?“
„Pida versteht nicht, was du meinst; er weiß nicht, was Girlanden und was Orden sind: aber das weiß er, daß wir gegen Old Shatterhand anders sein müssen, als wir gegen dich sein würden, wenn du unser Gefangener wärest.“
„Gut, gut! Ich weiß nun, woran ich bin. Ich habe auch
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