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03 - Winnetou III

03 - Winnetou III

Titel: 03 - Winnetou III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Rechte auf ihn, große Rechte; ich wollte euretwegen auf diese Rechte verzichten; sein Leben sollte euch gehören; nun aber denke ich anders. Er gehört mir ebenso gut wie euch, und wenn ihr denkt, ihn ‚als einen berühmten Mann‘ zu behandeln, so werde wenigstens ich desto mehr dafür besorgt sein, daß es ihm nicht allzu wohl geht. Euch mag er täuschen; euch würde er entfliehen; ich aber werde darüber wachen, daß er den Lohn, den er an mir und vielen andern verdient hat, auch wirklich bekommt. Wenn ihr ihn nach eurem Dorf schafft, so reite ich mit.“
    „Ich kann dir nicht verbieten, mit uns zu kommen, aber ich wiederhole meine Rede: Wenn du dich an ihm vergreifst, so erleidest du den Tod durch meine eigene Hand! Und nun werden wir darüber beraten, was jetzt geschehen soll.“
    „Das bedarf keiner Beratung; ich kann es euch jetzt gleich sagen.“
    „Deine Stimme wird nicht gebraucht; du gehörst nicht in die Beratung unserer alten und weisen Männer.“
    Er wendete sich ab und suchte die ältesten unter seinen Kriegern aus; mit diesen setzte er sich abseits nieder, um sich mit ihnen zu besprechen. Die andern hockten sich um mich her und flüsterten sich so leise Bemerkungen zu, daß ich sie nicht verstand. Sie waren jedenfalls außerordentlich froh darüber und ebenso stolz darauf, Old Shatterhand gefangen zu haben. Sie wußten, mich tot zu martern, das war für sie eine große Ehre und brachte ihnen einen Ruhm, um den sie sicher jeder andere Stamm beneidete.
    Ich tat, als ob ich sie gar nicht beachtete, prüfte aber heimlich jedes einzelne Gesicht und das, was in oder auf demselben geschrieben stand. Das war keine erbitterte, leidenschaftliche und rücksichtslose Feindschaft. Damals, als ich noch keinen Namen besaß und ihren Häuptling so schwer verwundet, ja zum Krüppel geschossen hatte, damals war die Wut, die sie auf mich hatten, geradezu gnadenlos. Seitdem waren Jahre vergangen, und die damalige hochgradige Erbitterung hatte sich gelegt; ich war bekannt geworden und hatte oft und oft bewiesen, daß ein roter Mensch für mich einen ebenso hohen Wert besaß wie ein weißer. Höchstens war es nur Tangua, der Häuptling, welcher mich noch ebenso grimmig haßte wie früher, eine ganz natürliche Folge seiner Gebrechlichkeit, welche er mir zu verdanken hatte; denn daß er eigentlich selbst daran schuld war, das gab er wohl nicht zu.
    Daß ich Pida damals gefangen genommen und trotz der zwischen uns herrschenden Feindschaft so schonend behandelt hatte, mußte für mich in die Waagschale fallen; ich war jetzt für die Kiowas wohl mehr der viel besprochene Old Shatterhand, als der Weiße, den ihr Häuptling gezwungen hatte, ihn in die Beine zu schießen. Das sah ich den Blicken an, welche sie auf mich warfen und die ich beinahe respektvoll nennen möchte. Das durfte mich aber ja nicht verführen, in Beziehung auf meine gegenwärtige Lage irgendwelche Hoffnungen zu hegen. Sie mochten mich achten, so sehr sie wollten, ich hatte keine Gnade zu erwarten. Ja, einen andern hätten sie jedenfalls noch eher freigelassen als mich, dessen Gefangennahme und Tötung ihnen den Neid aller andern roten Nationen einbringen mußte. In ihren Augen war ich dem gewissen, unvermeidlichen Tod am Marterpfahl verfallen, und wie ein Weißer in höchster Spannung ins Theater geht, wenn das Werk eines großen Dichters oder Komponisten gegeben wird, grad so und noch begieriger waren sie schon jetzt darauf, zu sehen, wie Old Shatterhand sich bei den Qualen verhalten werde, denen er entgegen ging.
    Trotzdem ich mir dies sagte oder sagen mußte, hatte ich nicht die geringste Angst, ja nicht einmal Sorge um mich. Welchen Gefahren war ich nicht schon glücklich entgangen! Es war mir auch jetzt gar nicht so zu Mute, als ob ich mich nun vollständig aufzugeben hätte. Der Mensch muß bis zum letzten Augenblick hoffen, aber freilich auch all das Seinige dazu beitragen, daß diese Hoffnung in Erfüllung gehe. Wer das nicht tut, der ist allerdings verloren.
    Santer hatte sich zu meinen bisherigen drei Gefährten gesetzt und sprach leise und angelegentlich auf sie ein. Ich ahnte, was der Gegenstand seiner Rede war. Auch sie hatten oft von Old Shatterhand gehört; sie wußten, daß ich kein Lump, kein Schurke war, und so konnte sein gegenwärtiges Verhalten zu mir unmöglich einen guten Eindruck auf sie hervorgebracht haben. Dazu kamen die stillen Vorwürfe, die sie sich wahrscheinlich machten. Sie hatten auf seine Veranlassung hin mich nicht

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