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03 - Winnetou III

03 - Winnetou III

Titel: 03 - Winnetou III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sich neben mir niederlegte. Die Wächter hinderten ihn nicht daran; das Pferd konnte mich doch nicht losbinden und entführen.
    Diese Treue des Schimmels war jetzt für mich von großem Wert. Wenn mir die Flucht je gelang, so war dies wahrscheinlich in der Nacht, und wenn es mein Pferd stets so machte wie heute, so daß es des Abends zu mir kam, so brauchte ich mich nicht mit einem andern, minderwertigen zu begnügen oder mir die schwere und zeitraubende, darum gefährliche Arbeit zu machen, es zu suchen.
    Es war so, wie ich vermutet hatte: ich konnte nicht schlafen. Die auseinandergezogenen Arme und Beine begannen zu schmerzen und schliefen dann ein. Wenn ich ja einmal einschlummerte, so wachte ich sehr bald wieder auf, und es war geradezu eine Erlösung für mich, als der Morgen anbrach und ich wieder los- und an den Baum gebunden wurde.
    Wenn dies noch viele Nächte so geschah, so mußte ich trotz der guten körperlichen Ernährung physisch herunterkommen; aber sagen durfte ich nichts, denn über Schlaflosigkeit sich beklagen, wie wäre Old Shatterhand da blamiert gewesen!
    Ich war neugierig, wer mir das Frühstück bringen würde. Ob ‚Dunkles Haar‘? Wohl kaum, denn ich hatte ihren Vater zurückgewiesen! Aber sie kam doch. Sie sagte kein Wort, aber in ihren Augen las ich, daß sie nicht etwa über mich zornig, sondern vielmehr traurig war.
    Als Pida kam, um nach mir zu sehen, erfuhr ich, daß er mit einem Trupp seiner Krieger auf die Jagd reiten und erst am Nachmittag wiederkommen werde. Ich sah sie kurze Zeit darauf auf die Prärie hinaussprengen.
    Einige Stunden vergingen; da sah ich Santer unter den Bäumen erscheinen. Er führte sein gesatteltes Pferd an der Hand, hatte sein Gewehr übergeworfen und kam gerade auf mich zu. Er hielt vor mir an und sagte:
    „Ich will auch auf die Jagd und halte es für meine Schuldigkeit, Euch dies zu melden, Mr. Shatterhand. Wahrscheinlich treffe ich Pida da draußen, der Euch so wohl gewogen ist und mich so wenig leiden kann.“
    Er schien eine Antwort zu erwarten; aber ich tat so, als ob ich ihn weder gehört noch gesehen hätte.
    „Ihr seid wohl taub geworden, he?“
    Wieder keine Antwort.
    „Das tut mir leid, nicht bloß um Euch, sondern auch meinetwegen!“
    Er streichelte mir mit höhnischer Zärtlichkeit den Arm.
    „Fort, Halunke!“ fuhr ich ihn an.
    „Oh, reden könnt Ihr, aber hören nicht. Schade, jammerschade! Wollte Euch einiges fragen.“
    Er sah mir frech in das Gesicht. Das seinige hatte dabei einen ganz eigentümlichen, ich möchte sagen, teuflisch triumphierenden Ausdruck. Er hatte irgend etwas in petto; das war gewiß.
    „Ja, wollte Euch fragen“, wiederholte er. „Würdet Euch sehr dafür interessieren, wenn Ihr es hörtet, Mr. Shatterhand.“
    Er sah mich erwartungsvoll an, ob ich etwas sagen würde. Als dies nicht geschah, lachte er:
    „Hahahaha, gibt das ein Bild! Der berühmte Old Shatterhand am Todesbaum, und der Schurke Santer ein freier Mann! Aber es kommt noch besser, viel besser, Sir. Ist Euch vielleicht ein Wald bekannt, hm, ja, so eine Art Fichtenwald oder Indelt-sche-tschil?“
    Dieses Wort elektrisierte mich. Es stand ja in Winnetous Testament. Ich fühlte, daß meine Augen ihn durchbohren wollten.
    „Ach, da guckt er mich an, als ob er anstatt der Augen Säbel im Kopf hätte!“ lachte er. „Ja, ja, es soll solche Wälder geben, wie ich gehört habe!“
    „Schurke, wo hast du das her?“ fragte ich.
    „Daher, woher ich auch den Tseschosch habe. Kennst du den vielleicht?“
    „Alle Wetter! Ich werde – – –“
    „Warte nur, warte!“ unterbrach er mich. „Was ist denn das für ein sonderbares Ding, ein Deklil-to, oder wie es heißt? Ich möchte – – –“
    „Kerl!“ rief, nein, schrie, nein, brüllte ich. „Du hast die Papiere, die ich dem – – –“
    „Ja, die habe ich!“ fiel er mir mit höhnisch-triumphierendem Gelächter in die Rede.
    „Du hast Pida bestohlen!“
    „Bestohlen? Unsinn, Blödsinn! Ich habe nur geholt, was mir gehört Nennt man das stehlen? Ich habe die Papiere; ich habe sie mit der ganzen Emballage.“
    Bei diesen Worten klopfte er an seine Brusttasche.
    „Haltet ihn! Nehmt ihn fest!“ schrie ich, fast außer mir, den Wächtern zu.
    „Mich halten?“ lachte er, indem er schnell in den Sattel stieg. „Versucht es doch!“
    „Laßt ihn nicht fort!“ brüllte ich. „Er hat Pida bestohlen; er darf nicht entkommen, nicht – – –“
    Die Worte, welche ich weiter sprechen

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