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03 - Winnetou III

03 - Winnetou III

Titel: 03 - Winnetou III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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eine tiefe, lange Stille ein. Das hatte er nicht erwartet. Ich war ein Kandidat des Todes und sie eines der begehrenswertesten Mädchen, die Tochter eines der angesehensten Krieger des Stammes, und dennoch schlug ich sie aus! War so etwas möglich?
    Endlich fragte er, aber sehr kurz:
    „Warum nicht?“
    Konnte ich ihm meine eigentlichen Gründe sagen? Daß ein gebildeter Europäer nicht seine ganze Existenz dadurch vernichten kann, daß er ein rotes Mädchen heiratet? Daß einem solchen Mann die Ehe mit einer Indianerin nicht das bieten kann, was sie bieten soll und muß? Daß Old Shatterhand nicht zu den weißen Halunken gehört, die eine rote Squaw nehmen, nur um sie später zu verlassen; die oft gar bei jedem andern Stamm eine andere Frau haben? Diese und viele andere Gründe, welche nicht innerhalb seines Horizontes lagen, konnte ich sie ihm sagen? Nein. Ich mußte einen Grund bringen, den er verstehen und begreifen konnte, und darum antwortete ich:
    „Mein roter Bruder hat gesagt, daß er Old Shatterhand für einen großen Krieger halte, dies scheint aber nicht wahr zu sein.“
    „Es ist wahr.“
    „Und doch soll ich mein Leben aus der Hand eines Weibes nehmen? Würdest du das tun?“
    „Uff!“ rief er aus.
    Dann war er still. Dieser Grund schien ihm einzuleuchten, wenigstens einigermaßen. Nach einiger Zeit fragte er mich:
    „Was denkt Old Shatterhand von ‚Eine Feder‘?“
    „Daß er ein großer, tapferer und erfahrener Krieger ist, auf den sich sein Stamm im Kampf und bei der Beratung verlassen kann.“
    „Du würdest mein Freund sein mögen?“
    „Sehr gern.“
    „Und was sagst du zu ‚Dunkles Haar‘, die meine jüngste Tochter ist?“
    „Sie ist die liebste und beste Blume unter den Töchtern der Kiowas.“
    „Ist sie eines Mannes wert?“
    „Jeder Krieger, dem du erlaubst, sie zur Squaw zu nehmen, kann stolz darauf sein.“
    „Du weisest sie also nicht zurück, weil du mich oder sie verachtest?“
    „Das sei fern von mir! Aber Old Shatterhand kann sein Leben verteidigen, kann sich dasselbe erkämpfen, aber es aus der Hand eines Weibes nehmen, das kann er nicht.“
    „Uff, uff!“ nickte er.
    „Soll Old Shatterhand etwas tun, worüber jeder, der es am Lagerfeuer erzählen hört, die Nase rümpft?“
    „Nein.“
    „Soll man von Old Shatterhand sagen: Er ist vor dem Tod ausgerissen und einer hübschen, jungen Squaw in die Arme gelaufen?“
    „Nein.“
    „Habe ich nicht die Pflicht, meinen Ruf und meine Ehre zu wahren, selbst wenn ich deshalb mein Leben auslöschen lassen muß?“
    „Ja.“
    „So wirst du nun begreifen, daß ich nein sagen muß. Aber ich danke dir, und ich danke auch ‚Schwarzem Haar ‘ , deiner schönen Tochter! Ich wollte, ich könnte euch in anderer Weise als nur in Worten dankbar sein!“
    „Uff, uff, uff! Old Shatterhand ist ein ganzer Mann. Es ist zu beklagen, daß er sterben muß. Was ich ihm vorschlug, war das einzige Mittel, ihn zu retten; aber ich sehe ein, daß er als tapferer Krieger es nicht annehmen kann. Wenn ich das meiner Tochter sage, wird auch sie ihm nicht zürnen.“
    „Ja, sage ihr das! Es würde mir sehr leid tun, wenn sie dächte, daß ich dich nur ihretwegen zurückgewiesen hätte.“
    „Sie wird dich noch mehr lieben und ehren als bisher, und wenn du am Marterpfahl stehst und alle andern dabei sind, um deine Qualen zu sehen, wird sie im tiefsten und dunkelsten Winkel ihres Zeltes sitzen und ihr Angesicht verhüllen. Howgh!“
    Nach diesem Bekräftigungswort stand er auf und entfernte sich, ohne wieder davon zu sprechen, daß er bei mir Wache sitzen wolle. Die Wächter nahmen, als er fort war, ihre beiden Plätze wieder ein.
    Gott sei Dank, das war glücklich überwunden! Das war eine Klippe, an welcher meine Hoffnung auf Rettung sehr leicht hätte Schiffbruch leiden können, denn wenn ich ihn mir zum Feind gemacht und seine Rachsucht herausgefordert hätte, so wäre seine Wachsamkeit mir unbedingt gefährlicher gewesen als alles andere.
    Bald darauf kam Pida, und ich mußte mich niederlegen. Mit weit auseinander gespreizten Armen und Beinen wurde ich an vier Pfähle gebunden, doch bekam ich eine zusammengerollte Decke als Kopfkissen und wurde mit einer zweiten zugedeckt.
    Kaum war Pida fort, so bekam ich einen andern Besuch, einen Besuch, über den ich mich außerordentlich freute: Mein Schwarzschimmel war es, der in der Nähe geweidet hatte, ohne sich den andern Pferden beizugesellen, und, nachdem er mich liebkosend beschnaubt hatte,

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