Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
03 - Winnetou III

03 - Winnetou III

Titel: 03 - Winnetou III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
zumal unser Zustand uns jede Minute teuer werden ließ. Sam konnte unmöglich weiter, und auch ich wäre wohl kaum noch eine Meile fortgekommen, selbst wenn ich meine wenige noch übrige Kraft bis auf das äußerste hätte anstrengen mögen. Es war gewiß: noch lebend befanden wir uns bereits im Grab, wenn uns nicht irgendein glücklicher Umstand zur Hilfe kam, und das mußte bald geschehen.
    Da erscholl hoch über mir ein schriller, heiserer Schrei. Ich blickte empor und gewahrte einen Geier, welcher sich augenscheinlich erst vor kurzem, und zwar ganz in der Nähe, von der Erde erhoben hatte. Er beschrieb einen Kreis über uns, als betrachte er uns bereits als seine gewisse, unentrinnbare Beute. Es mußte sich nicht weit von uns ein Opfer der Wüste oder der Stakemen (Pfahlmänner), wie die Räuber des Estaccado genannt werden, befinden, und ich warf den Blick in die Runde, um vielleicht eine Spur davon zu entdecken.
    Obgleich die Hitze der Sonne und des Fiebers das Blut in die Gefäße meiner Augen trieb, so daß sie schmerzten und ihren Dienst versagen wollten, gewahrte ich doch in der Entfernung von ungefähr tausend Schritten einige Punkte, welche weder Steine noch sonstige Erhöhungen sein konnten. Ich nahm mein Doppelgewehr und bemühte mich, näher zu kommen.
    Noch hatte ich die Hälfte der Entfernung nicht zurückgelegt, so erkannte ich drei Coyoten (Wölfe, aber mehr der feigen Hyäne als unserem Wolf ähnelnd) und, etwas weiter von ihnen, einige Geier. Die Tiere saßen rund um einen Körper, den ich nicht genau erkennen konnte. Es mußte ein Tier oder ein Mensch sein, der noch nicht ganz tot war, sonst hätten sich die gefräßigen Geschöpfe längst in seine Leiche geteilt Gleichwohl erfüllte mich die Gegenwart der Coyoten mit einem Anflug von Hoffnung, da diese Tiere, welche nicht lange ohne Wasser zu leben vermögen, sich nicht weit in die unwirtbaren Strecken der Wüste hineinwagen können. Übrigens mußte ich sehen, welcher Art der Körper war, den sie umringt hielten, und schon erhob ich den Fuß, um weiter zu gehen, als mir ein Gedanke kam, der mich schnell die Büchse in Anschlag bringen ließ.
    Wir waren dem Verschmachten nahe; Wasser gab es hier nicht aber konnte uns nicht das Blut dieser Tiere wenigstens einigermaßen eine Erquickung bringen? Ich legte also an, aber meine Schwäche und mein Fieber waren so groß, daß die Mündung des Gewehres um mehrere Zoll weit hin und her wankte. Ich ließ mich also nieder, stemmte den Arm auf das Knie und hatte nun einen sicheren Schuß.
    Ich drückte los und noch einmal: – zwei Coyoten wälzten sich im Sand; dieser Augenblick ließ mich alle meine Schwäche vergessen, und im eiligen Lauf rannte ich hinzu. Der eine Wolf war durch den Kopf getroffen, der andere Schuß aber war so schülerhaft ausgefallen, daß ich mich dessen zeitlebens geschämt hätte, wenn mein Zustand nicht ein so krankhafter gewesen wäre. Die Kugel hatte dem zweiten, aufspringenden Tier die beiden Vorderbeine zerschmettert, so daß es sich heulend im Sand wälzte.
    Ich zog das Messer, öffnete dem ersten Wolf die Halsader und sog mit den Lippen das Blut mit einer Begierde ein, als ob es olympischer Nektar sei; dann nahm ich den Lederbecher vom Gürtel, ließ ihn voll laufen und trat zu dem Mann, welcher wie tot in der Nähe lag. Es war ein Neger, und kaum hatte ich den Blick in sein jetzt nicht schwarzes, sondern schmutzig dunkelgraues Gesicht geworfen, so hätte ich vor Überraschung beinahe den Becher fallen lassen.
    „Bob!“
    Er öffnete bei diesem Ruf die Augenlider ein wenig.
    „Wasser!“ seufzte er.
    Ich kniete neben ihm nieder, hob seinen Oberleib empor und hielt ihm die Schale an den Mund.
    „Trinke!“
    Er öffnete die Lippen, aber sein ausgetrockneter Schlund vermochte kaum mehr zu schlucken, und es dauerte lange, ehe ich ihm die ekelhafte Flüssigkeit eingeflößt hatte. Dann sank er wieder hinüber.
    Jetzt mußte ich an Sam denken. Ich hatte mit Vorbedacht zuerst das Blut des tödlich getroffenen Coyoten genommen, denn dieses mußte eher gerinnen als dasjenige des anderen, der bloß äußerlich verletzt war.
    Ich trat zu ihm, und obgleich das Tier wütend nach mir biß, schonte ich doch jetzt noch sein Leben, faßte es beim Genick und schleppte es bis zu Sans-ear hin. Dort drückte ich es zur Erde, daß es sich nicht zu bewegen vermochte, und öffnete ihm die Ader.
    „Sam, hier trink!“
    Er hatte in vollständiger Apathie am Boden gelegen; jetzt aber richtete er

Weitere Kostenlose Bücher