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03 - Winnetou III

03 - Winnetou III

Titel: 03 - Winnetou III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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bereits den Regen, der sich allerdings nicht viel weiter als über die Brandstrecke verbreiten wird. Kommt vorwärts, daß es uns auch richtig erwischen kann!“
    Zwar liefen wir, aber wir hätten uns jetzt ebenso gut auch aufsetzen können, denn unsere Tiere zeigten sich so munter, wie es ihre Kräfte nur immer gestatteten, und drängten förmlich vorwärts. Ihr Instinkt ließ sie die Erquickung wittern.
    Meine Prophezeiung traf ein. Eine halbe Stunde später hatte sich die kleine Wolke so ausgebreitet, daß der ganze Himmel über uns bis rund um den Horizont tief schwarz erschien; dann brach es los, nicht allmählich wie in gemäßigteren Breiten, sondern plötzlich, als ob die Wolken aus festen Gefäßen beständen und umgestürzt worden seien. Es war, als trommelten zwanzig Fäuste auf unsern Schultern, und in der Zeit von nur einer Minute waren wir so vollständig durchnäßt, als wären wir in den Kleidern durch einen Fluß geschwommen. Die beiden Pferde standen erst ruhig und ließen die stürzende Flut mit freudigem Schnauben über sich ergehen; dann aber begannen sie allerlei Kapriolen zu machen, und bald konnten wir bemerken, daß ihre Kräfte vollständig zurückgekehrt waren. Wir selbst empfanden ein ganz außerordentliches Wohlbehagen, hielten unsere Decken auf, um das kostbare Naß zu sammeln, und füllten, was wir nicht tranken, in unsere Schläuche.
    Am freudigsten gebärdete sich Bob, der Neger; er schlug Räder und Purzelbäume und schnitt Grimassen, die infolge seiner Physiognomie und der konträren Farbe seines Haares und seines Gesichtes ganz unbeschreiblich waren.
    „Massa, Massa, oh, oh, Wasser, schön' Wasser, gut' Wasser, viel Wasser! Bob sein gesund, Bob sein stark, Bob wieder laufen, fahren und reiten bis nach Californ'! Wird auch haben Wasser Massa Bern'?“
    „Wahrscheinlich, denn ich glaube nicht, daß er weit über die Kaktusstrecke hinausgekommen sein wird. Aber so trinke doch; es wird gleich aufhören zu regnen!“
    Er hob seinen breitrandigen Hut, der ihm entfallen war, von der Erde auf, hielt die untere Seite desselben empor, riß die wulstigen Lippen auseinander, daß ein Abgrund entstand, welcher von einem Ohr bis zum andern reichte, warf den Kopf nach hinten und goß sich den erquickenden Trank zwischen die klaffenden Zähne.
    „Oh, ah, gut, Massa; Bob trinken noch groß viel mehr!“ Er hielt den Hut wieder empor, sah sich aber getäuscht. „Ah, Regen alle sein; kein Wasser mehr kommen!“
    Wirklich hörte nach einem letzten Schlag des Donners, welcher ununterbrochen erschollen war, der Regen ebenso plötzlich auf, wie er eingetreten war; doch brauchten wir ihn auch nicht mehr, denn unser Durst war vollständig gestillt, und dazu hatten wir die Schläuche bis zum Überlaufen füllen können.
    „Jetzt laßt uns ein wenig essen“, meinte ich, „und dann schnell vorwärts, damit wir Marshal erreichen!“
    Das Mahl war in einigen Minuten beendet; es bestand nur in einem Stück dürren Büffelfleisches. Dann setzen wir uns auf und trabten vorwärts, wobei sich Bob als ein so guter Läufer erwies, daß er sehr leicht Schritt mit uns zu halten vermochte.
    Allerdings waren die Spuren durch den Regen vollständig verwischt, doch kannte ich ja ihre Richtung, und es dauerte auch nicht lange, so bemerkte ich einen Flaschenkürbis, welcher an der Erde lag und jedenfalls von einem der Leute fortgeworfen worden war.
    Die Kaktusstrecke mußte sich weit von Ost nach West hingezogen haben, denn die schwarze Brandfläche wollte gar nicht enden. Dies war mir jedoch lieb, da ich daraus schließen konnte, daß die Gesuchten von dem Regen mitbetroffen worden waren. Endlich aber hörte die Brandstätte doch auf, und gleich nachher erblickte ich in der Feme eine dunkle Gruppe, welche aus Menschen und Tieren bestehen mußte. Ich nahm das Fernrohr zur Hand und zählte neun Männer und zehn Pferde. Acht der Gestalten saßen am Boden, die neunte aber befand sich zu Pferd und trennte sich eben von der Gruppe, um im Galopp in grader Richtung auf uns zuzuhalten. Da aber schien er uns zu bemerken und parierte sein Tier. Ich fixierte ihn schärfer und erkannte Bernard Marshal.
    Ich erriet sein Vorhaben. Er hatte sich in einem Zustand solcher Auflösung und Gleichgültigkeit befunden, daß er ebenso wie die andern auf das Verschwinden seines Dieners gar nicht geachtet hatte; durch den erquickenden, neu belebenden Regen nun war er wieder in den Besitz seiner geistigen Spannkraft gelangt und hatte es als

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