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030 - Bei den drei Eichen

030 - Bei den drei Eichen

Titel: 030 - Bei den drei Eichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Treppensteigen unmöglich machten.
    Als am Nachmittag der Wagen Socrates Smith und seinen Bruder Lexington brachte, stand John Mandles Rollstuhl vor dem Haus.
    »Hallo!« rief Soc überrascht. »Was ist mit Ihnen los, John?«
    »Dieses elende Rheuma!« knurrte der andere. »Freut mich, daß Sie gekommen sind, Socrates. Sie haben sich nicht im geringsten verändert!«
    »Dies ist mein Bruder«, stellte Socrates vor.
    Molly bekam die Gäste erst zu sehen, als Lexington den Rollstuhl zum Tee ins Wohnzimmer schob; ihr Anblick ließ den jungen Mann den Atem anhalten.
    »Sie ist entzückend, Socrates«, schwärmte er, sobald die Brüder allein waren. »Zauberhaft. Hast du jemals solche Augen gesehen? Und dieses Haar! Sind dir die schönen Beine nicht aufgefallen?«
    »Hör auf, Lex«, wehrte Socrates ab. »Wenn ich daran denke, daß ich selbst dich hierher gebracht habe, und damit vielleicht die Mühe langer Jahre umsonst war . . .«
    Der Jüngere ließ ihn nicht ausreden.
    »Red keinen Unsinn! Als ob du nicht sehr genau wüßtest, was für eine blendende Erscheinung sie ist!«
    »Sie ist nicht übel«, gab Socrates vorsichtig zu, »aber für mich ist sie eben nichts weiter als ein Mädchen.«
    »Du bist ein Unmensch und ein Spießer!«
    »Beides zusammen kann ich nicht sein«, philosophierte der Ältere.
    »Was mir übrigens auffiel . . .«
    Er stockte aus Loyalität gegenüber seinem Gastgeber.
    »Aha«, entfuhr es Lex erwartungsvoll. »Du meinst sicher die ruppige Art, in der er sie behandelt!«
    Socrates nickte nachdenklich.
    »Er ist brutal«, erklärte Lex nachdrücklich. »Und ein Mann, der so schlechte Manieren hat, daß er mit einer jungen Dame umspringt als wäre sie ein Hund, ist für mich unbegreiflich. Hast du gehört, wie er sie wegen des Zuckers angeschrieen hat?«
    »Ich habe das Gefühl, daß er sie haßt - und auch sie wird ihm keine liebevollen Gefühle entgegenbringen . . . Ein interessanter Haushalt, Lex; ich habe das Gefühl, daß John Mandle sich vor irgend etwas entsetzlich fürchtet.«
    »Er fürchtet sich?«
    Socrates nickte wieder, denn er hatte in den Augen seines einstigen Kollegen eine schlecht verhohlene Todesangst bemerkt.

3
    »Aber wovor fürchtet er sich denn?«
    Lexington zog die Augenbrauen hoch.
    »Das, möchte ich auch gern wissen«, entgegnete Socrates gedehnt.
    »Hast du den Alarmdraht am Tor und das elektrische Türschloß am Arbeitszimmer gesehen? Natürlich ist dir nichts aufgefallen, denn du bist ja noch ein Lehrling. Und hast du die in Reichweite liegenden Revolver bemerkt, sowohl im Arbeitszimmer als auch in seinem Schlafzimmer? Und den dreifachen Spiegel über seinem Schreibtisch, so daß er alles beobachten kann, was sich hinter seinem Rücken und zu beiden Seiten abspielt...? Ich sage dir, er hat eine Heidenangst!«
    Lexington starrte seinen Bruder an.
    »Das erklärt vielleicht auch seine schlechte Laune und -sieh da, Bob Stein!« unterbrach Soc sich plötzlich und ging quer über den Rasen auf einen massiven, breitschultrigen Mann mit gutmütigem Gesicht zu, der seine Begrüßung so laut herausbrüllte, daß sie meilenweit gehört werden konnte.
    »Soc, Sie sind ja noch magerer als früher! Verflixt, ein Knochengerüst, das durch Pergament zusammengehalten wird. Essen Sie denn überhaupt manchmal?«
    »Und Sie sind noch geradeso ohrenbetäubend wie früher«, entgegnete Socrates Smith lachend, während er die mächtige Pranke des anderen schüttelte, der sich nach dem Hausherrn umschaute.
    »Er stöhnt gerade unter den Händen des Masseurs«, gab Lexington Auskunft.
    »Das ist wohl Ihr Bruder, Socrates? Sieht gut aus, wirklich gut! Finden Sie nicht auch, Miss Templeton?«
    Mollys Augen sprühten lustig angesichts Lexingtons Verlegenheit, »Ich kann kein Urteil über männliche Schönheit abgeben, Mr. Stein«, meinte sie sittsam, »da ich niemanden außer Vater und Ihnen sehe.«
    Bob Stein schüttelte sich vor Lachen über diesen boshaften Pfeil und schlug sich schallend auf die Schenkel, wodurch ihm das Leiden seines Freundes wieder ins Gedächtnis zurückgerufen wurde.
    »Der arme John hat böse Zeiten mit seinem Rheumatismus durchzumachen, scheußliche Zeiten! Was ihm nottut, ist ein wenig Zuversicht und etwas mehr Religion.«
    Socrates musterte ihn scharf.
    »Das ist ja eine ganz neue Tonlage bei Ihnen, Bob.«
    »Was? Religion ...? Sie mögen recht haben; neuerdings jedenfalls beschäftigt sie mich sehr. Schade, daß Sie nicht bis zu unserem großen Erweckungsmeeting

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