030 - Bei den drei Eichen
einen Spieltisch.
»Mr. Stein kommt wohl heute nicht mehr, Williams?«
»Nein, Sir. Mr. Stein fühlt sich nicht recht wohl. Er hat sich nur einen Kaffee servieren lassen.«
Sie waren in der Mitte des zweiten Spiels, als Socrates seine Karten niederlegte und lauschend den Kopf abwandte.
»Was ist?« fragte Lexington; doch der andere legte den Finger auf die Lippen, ging zur Tür und öffnete sie.
Da gellte aus Steins Arbeitszimmer, das am Ende des Korridors lag, ein Schrei, der in einem Gurgeln erstickte.
Socrates raste den Gang hinunter, Lexington ihm nach. Sie trafen auf eine verschlossene Tür.
Socrates trat einen Meter zurück und warf sich mit seinem ganzen Gewicht dagegen - mit einem Krach flog die Tür auf. Bob Stein saß an seinem Schreibtisch, dunkelblau im Gesicht, mit vorquellenden Augen und scheußlich heraushängender Zunge. Mit kraftlosen Fingern versuchte er, ein weißseidenes Tuch wegzuzerren, das seinen Hals straff umspannte.
Socrates betrat das Zimmer gerade rechtzeitig genug, um eine Gestalt blitzartig über das Fensterbrett verschwinden zu sehen. Seine erste Bemühung galt indes Bob Stein, denn ein Lineal war zwischen Tuch und Hals geklemmt und so gedreht worden, daß der Mann am Ersticken war.
Socrates drehte das Lineal in entgegengesetzter Richtung, und mit dumpfem Ächzen sank Stein nach vorn, quer über den Schreibtisch.
»Kümmere dich um ihn, Lex«, schrie Socrates und drehte das Licht aus.
Er kauerte sich beim Fenster nieder, starrte angestrengt in die Finsternis hinaus . . . und feuerte zweimal. Sofort danach sprang er hinaus, ohne erst die Höhe abzuschätzen. Wieder auf den Beinen, setzte er über zwei Blumenbeete zum Zaun: Von dem Eindringling keine Spur!
Fahrer und Gärtner, die die Schüsse gehört hatten, kamen aus der Garage angelaufen.
»Ein Einbrecher!« erklärte Socrates kurz. »Suchen Sie weiter.«
Er selbst kehrte ins Haus zurück. Bob Stein war ein wenig zu sich gekommen und bewegte, bemüht, ein vor ihm liegendes Blatt zu verdecken, nervös seinen Arm. Aber Socrates' scharfer Blick hatte die Schriftzüge schon entdeckt . . . fünf Buchstaben nur: ›Pfuhl‹. Und jetzt gewahrte er auch, daß Steins linker Arm am Stuhlbein festgebunden war - er mußte völlig hilflos in der Hand seines Angreifers gewesen sein!
Es dauerte sehr lange, ehe Stein einen zusammenhängenden Bericht geben konnte.
»Ich saß nichts ahnend am Schreibtisch und grübelte nach über diesen verdammten ›Pfuhl im Moor‹; ich war so sehr damit beschäftigt, daß ich in Gedanken den Namen auf das Papier zu kritzeln begann, wie Sie wohl bemerkt haben, Soc. Da befahl eine Stimme vom offenen Fenster her; ›Hände hoch!‹ Ich fuhr herum, und trotz der Halbmaske, die der Mann über dem Gesicht hatte, erkannte ich sofort Jetheroe. Er kletterte unglaublich gewandt herein, hielt mich mit dem Revolver in Schach und verschloß die Tür. Dann fesselte er mich. Bevor ich noch ahnen konnte, was er vorhatte, hatte er dieses Tuch um meinen Hals geschlungen . . . und da wagte ich es schließlich doch, mich verzweifelt zur Wehr zu setzen.«
»Dadurch bin ich aufmerksam geworden«, warf Socrates ein.
»Als er dann das Tuch immer enger zog, schrie ich auf.«
»Und ist das alles?« erkundigte sich Socrates sehr sanft.
»Alles. . .? Natürlich war das alles! Was denn sonst noch?«
»Warum hat er Sie denn nicht sofort erwürgt?«
»Fragen Sie ihn doch selbst!« zischte Stein, lenkte aber gleich wieder ein. »Pardon, alter Junge, meine Nerven sind zum Teufel! Erst Mandles Tod, dann Mollys Verschwinden...« Den Kopf in den Armen vergraben, atmete er schwer.
»Ich will Sie ein wenig allein lassen, Bob«, sagte Smith.
In der Halle nahm er seinen Bruder beiseite.
»Geh nach Haslemere zum Polizeibüro, Lex. Frank sollte mir seinen Bericht dorthin durchgeben.«
Dann schlenderte er in den Garten, wo ihm der Fahrer berichtete, daß weder er noch der Gärtner jemanden gesehen hatten. Als Soc schließlich wieder zum Arbeitszimmer zurückkehrte, war Bob Stein so ziemlich wieder der alte.
»Soc, Sie sind doppelt so stark, wie man vermutet«, meinte er mit einem anerkennenden Blick auf die aufgebrochene Tür.
»Aber nicht doppelt so gewandt, sonst hätte ich Jetheroe erwischt und ihn gelehrt, daß es von sehr schlechten Manieren zeugt, wenn man einen hervorragenden Ex-Sergeant von Scotland Yard zu erdrosseln versucht.«
Bob Stein lachte kurz auf.
»Ich bin mit knapper Not davongekommen! Aber zu guter Letzt
Weitere Kostenlose Bücher