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030 - Bei den drei Eichen

030 - Bei den drei Eichen

Titel: 030 - Bei den drei Eichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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dann wurde sie weiß wie Kalk. »Sie lassen ihn doch nicht in mein Zimmer?« preßte sie atemlos heraus. »Ich schwöre Ihnen, Mrs. Barn, er ist nicht mein Gatte!«
    »Das bilden Sie sich ja nur ein«, war die ganze Antwort.
    Kein Hirn ist imstande, zwei Sorgen, zwei Ängste voll zu erfassen - die kleinere muß der größeren weichen; und über dem neuen Schrecken, dem wirklichen und greifbaren, wurden der mysteriöse Schatten, das bleiche Gesicht am Giebelfenster, das Knochengerüst vergessen.
    In dieser Nacht legte sich Molly völlig angekleidet aufs Bett. Ihre Versuche, die Tür zu verbarrikadieren, waren kläglich gescheitert, da die ganze Einrichtung außer dem Bett nur aus einem Nachttischchen und einem kümmerlichen Waschständer bestand; und das Bett war eines jener alten, schweren Mahagoni-Ungetüme, das sie auch nicht einen Zentimeter abzurücken vermocht hatte.
    »Du mußt wach bleiben, du darfst nicht einschlafen!« ermahnte sie sich wieder und wieder. Jedoch die letzte schlaflose Nacht machte sich geltend, und ungeachtet aller Mittel, die sie anwandte, um ihre müden Augen offenzuhalten, siegte schließlich ihr Schlafbedürfnis über ihren Willen.
    »Wachen Sie auf!«
    Eine Hand streichelte ihre Wange, doch halb im Traum drehte sie sich nur auf die andere Seite.
    »Wachen Sie auf, Molly!«
    Dieses Mal erkannte sie die Stimme. Bob Stein, in einen langen Mantel gehüllt, beugte sich über ihr Bett, und an der Tür stand Mrs. Barn in ihrem roten Morgenrock.
    »Stehen Sie auf!« befahl Stein. »Ah, Sie sind ja fix und fertig angekleidet... das ist gut.«
    Mit einem Ruck fuhr sie hoch.
    »Was wollen Sie von mir?«
    »Das wissen Sie ja, Molly.« Er drehte den Kopf zur Tür. »Sie können gehen, Mrs. Barn.«
    »Bleiben Sie, Mrs. Barn, bleiben Sie!« flehte das junge Mädchen.
    Molly versuchte, an Stein vorbeizugelangen, aber er ergriff sie am Handgelenk, und während die Tür hinter Mrs. Barn ins Schloß fiel, zog er sie an sich. Immer enger preßten sich seine Arme um ihren Körper.
    »Soc Smith ist mir auf den Fersen, Molly, und wird in zwei oder drei Stunden hier sein.« Sein Gesicht, grau vom Staub des Weges, war dicht über dem ihrigen. »Er weiß alles!«
    »So weiß er auch, wo ich bin?«
    »O ja, Soc weiß es ... Ich könnte Sie jetzt küssen, Molly; aber ich ziehe es vor, in Ruhe Ihren albernen Widerstand zu brechen. Mit der Zeit werden Sie mich schon liebgewinnen, kleine Molly, in einem schönen Land, in Brasilien.«
    »Und wenn ich nichts von Ihrer Liebe wissen will«, sagte sie angstbebend, aber standhaft, »was geschieht dann mit mir? Muß ich dann das Schicksal jenes Mannes im Keller teilen?«
    Unter dem Staub wurde Steins Gesicht blaß.
    »Großer Gott! Haben Sie das entdeckt?«
    Molly blieb stumm. Welch maßlose Torheit hatte sie begangen, ihn das wissen zu lassen . . .!
    »Antworten Sie!« donnerte er, während seine Finger mit eisernem Griff ihre Schulter umklammerten. »Wie haben Sie es gefunden? Weiß auch die Frau davon?«
    Widerwillig berichtete Molly von ihren Fluchtplänen, von ihrer mitternächtlichen Arbeit im Keller und von der grausigen Entdeckung. Und je mehr sie erzählte, desto ruhiger wurde sie.
    »Armes, kleines Ding!« Seine Stimme klang fast weich. »Das hatte Ihnen erspart bleiben können! Ich hatte der Alten eingeschärft, Sie nicht aus den Augen zu lassen!«
    Er überlegte einen Moment, auf seine Knöchel beißend.
    »Können wir gehen?«
    »Nein . . .!«
    Beide fuhren herum. Ein Mann, den Molly trotz seines schmutzigen, unrasierten Gesichtes sofort erkannte, stand in der Tür, den Revolver auf Stein gerichtet.
    «Ich bin Inspektor Frank Weldon von Scotland Yard und verhafte Sie wegen dringenden . . .«
    Ein Schuß erdröhnte. Bob Stein hatte von der Hüfte aus gefeuert, und Weldon stürzte vornüber auf das Gesicht.
    Das junge Mädchen schrie entsetzt auf. im Korridor trampelten schwere Füße, und gleich darauf erschien das kantige Gesicht von Mrs. Barn in der Türöffnung.
    »Oh, was haben Sie getan!« zeterte sie.
    Stein würdigte sie keiner Antwort. Er steckte die rauchende Pistole in die Manteltasche zurück, bückte sich, um den regungslosen Körper aufzuheben, und ging mit seiner Last hinaus.
    Ein Fußtritt schmetterte die Tür zu. Und Molly war allein mit dem feuchten roten Fleck auf dem Fußboden.
    Sie riß die Decken vom Fenster und spähte hinaus. Stein -sie erkannte ihn an seinem hellen Staubmantel - schleppte seine Bürde quer durch den Garten zum Tor, das

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