030 - Das Schloß der Vampire
verblüfft an. „Die verdammte Spinne natürlich, was denn sonst? Sehen Sie sie denn nicht?“
„Vielleicht“, erwiderte Ashe. „Beschreiben Sie sie bitte.“
„Nun“, sagte Mills ungehalten, „Sie sieht aus, wie eine riesige Spinne eben aussieht.“
„Wie viele Beine hat sie?“ fragte Ashe mit ernster Stimme.
„Ach – eh – nein, sechs, nein …“ Er rieb sich die Augen. „Ich kann sie nicht klar sehen, es ist als ob meine Augen mich narren.“
„Wie viele Beine hat eine Spinne normalerweise?“ fragte Ashe.
„Acht. Oder sechs? Ich weiß es nicht.“
„Darum können Sie die Beine dieser Spinne auch nicht zählen.“
„Wollen Sie damit behaupten, daß ich mir diese Bestie nur einbilde? Sie sind ja verrückt!“
„Ich verrate Ihnen, was dort auf dem Gang ist. Genau in der Mitte hat sich eine gigantische Klapperschlange zusammengerollt. Ihr Kopf zuckt vor und zurück, bereit, sofort auf mich loszustoßen, falls ich näherkomme. Das ist es, was ich sehe.“
„Was haben Sie vor?“
„Wenn Sie bereit sind, die Spinne mit der Hand zu erschlagen, lasse ich mich nicht lumpen und zerstampfe die Schlange mit dem Fuß.“
„Einverstanden“, sagte Mike grinsend.
Aber es war gar nicht so spaßig. Seite an Seite näherten sie sich den Schrecken ihrer Phantasie. Das Netz war dick und klebrig, wer sich darin verstrickte, würde nie mehr freikommen. Und wie die Spinne bereits erwartungsvoll auf ihn lauerte!
Mike zögerte, aber aus den Augenwinkeln bemerkte er Ashes schweißnasses, weißes Gesicht. Auch er hat Angst, dachte Mike, trotzdem läßt er sich nicht aufhalten. Und wenn Ashe es wagt …
Die Schlange beobachtete Ashe mit reglosen Pupillen, aber die gespaltene Zunge züngelte im Vorgenuß zwischen den Giftzähnen, und der Schwanz schien aufgeregt zu klappern.
Mike schritt weiter, also durfte auch er nicht zurückbleiben.
Gleichzeitig holte Mills zum Schlag und Ashe zum Fußtritt aus. Die Spinne biß. Die Schlange stieß zu. Kalter Hauch umfächelte ihre Gesichter und ein penetranter Gestank hing in der Luft.
Der Korridor vor ihnen war frei!
„Ein sehr beeindruckender Trick!“ Mike atmete schwer. „Oh Gott, wie ich Spinnen hasse!“
„Und ich Schlangen, vor allem Klapperschlangen. Deshalb sahen wir auch gerade das, was wir am meisten verabscheuen und – fürchten“, erklärte Ashe. „In Wirklichkeit hatten wir nur einen magischen Vorhang vor uns, auf den eine Zauberkraft unsere geheimsten Ängste projizierte.“
„Sagten Sie nicht, Sie sprächen auf Beeinflussungen nicht an?“
„Ich sagte, ich hoffte es. Aber es ist wie bei Ihnen mit Hypnose. Sie kann zwar nicht zur vollen Wirkung kommen, aber Sie erkennen, daß man sie anwendet.“
Ein paar Dutzend Schritte weiter umrahmten Metallschienen den Gang. Argwöhnisch blieben sie stehen. „Könnte eine Falltür sein“, vermutete Mike und schwenkte seinen Anorak durch den Rahmen. Von oben und unten schossen blitzende Schneiden aufeinander und verschwanden sofort wieder. Der Anorak lag wie von einem Rasiermesser auseinander geschnitten auf dem Boden. Der größere Teil auf ihrer Seite, der kleinere jenseits des Rahmens.
„Schlimmer als eine Guillotine“, murmelte Ashe und holte seine Teleskopleiter hervor. Vorsichtig schob er sie an den Rahmen heran und dann mit einer flinken Bewegung hindurch. Wieder schnappten die Messer zu. Die Leiter wurde hochgewirbelt und hing in der Mitte der Ganghöhe zwischen beiden Schneiden. In den Rahmen klickte es. Die Messer zuckten konvulsivisch. Das Klicken wurde stärker. Dann stank es plötzlich nach durchgeschmorten Relais, und die untere Schneide fiel kraftlos in ihren Rahmen zurück, die Leiter klapperte auf den Boden, während die obere Schneide nun starr bis zur Mitte herunterhing.
Vorsichtshalber warf Mike das restliche Anorakstück unter der hängenden Schneide durch. Es kam ohne weitere Beschädigung auf der anderen Seite an. Ashe und Mills folgten ihm.
Ashe hob seine Leiter auf. Das hochwertige legierte Metall hatte nicht einmal einen Kratzer abbekommen.
Sie kamen zu einem Punkt, wo der Gang im rechten Winkel abbog. Mike schätzte, daß sie ungefähr hundertzwanzig Meter zurückgelegt hatten. Das bedeutete jedoch nicht viel, da sie keine Ahnung hatten, welcher Teil der Burg über ihnen lag. Ashe schwenkte die Leiter hin und her, und da er sich nicht darauf konzentrierte, entglitt sie seinen Fingern und rollte ein Stückchen weiter. Er bückte sich, sie aufzuheben, dabei entdeckte
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