Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
030 - Die zweite Realität

030 - Die zweite Realität

Titel: 030 - Die zweite Realität
Autoren: Michael J. Parrish
Vom Netzwerk:
einem spitzen Gegenstand etwas in den Zahn eingeritzt worden war. Es war eine Telefonnummer. Zweifellos gehörte sie dem Typen, der sich Mike nannte… »… sollten wir nun dazu übergehen, die Ursachen für Ihre Komaträume in aller Einzelheit zu erarbeiten und zu versuchen sie zu beseitigen. Nur so kann von medizinischer Seite gewährleistet werden, dass… Commander, hören Sie mir überhaupt zu?« Matt, der ausgestreckt auf Sirwigs Couch lag, hob die Brauen, als der Doktor ihn direkt ansprach. Er war in Gedanken versunken gewesen, hatte nicht das Geringste mitbekommen von dem, was der Arzt gesagt hatte. »Natürlich, Doktor«, versicherte er trotzdem. »Ich habe Ihnen genau zugehört. Jedes Wort…«
    »Na schön.« Sirwig atmete geräuschvoll durch die Nase. Als Kapazität auf seinem Gebiet konnte er es nicht leiden, wenn er in seinem Vortrag unterbrochen wurde. »Wir werden also versuchen«, fuhr er fort, »Konstanten Ihres früheren Lebens mit Konstanten aus Ihrer Traumwelt gleichzusetzen. Daraus müssten sich Aufschlüsse darüber ergeben, wie sich Ihre Therapie zu gestalten hat.«
    »Was meinen Sie, Doktor?«
    »Nun - nehmen Sie zum Beispiel Ihre Kindheit, Commander. Sie sind in Riverside, Kalifornien aufgewachsen, einem strukturschwachen Gebiet mit überwiegend ländlicher Bevölkerung. Man hat es dort nicht gerne gesehen, dass Sie zur Air Force gingen, um Pilot zu werden, nicht wahr?«
    »Woher wissen Sie…?«
    »Ein einfacher Umkehrschluss«, erklärte Sirwig mit überlegenem Grinsen. »Es ist nicht nur so, dass Ihr Leben Rückschlüsse auf Ihre Träume zulässt, Commander - es funktioniert auch umgekehrt. Die zerstörte Zivilisation, die Sie in Ihren Träumen erlebt haben, der Untergang der Technik - all das deutet auf latent vorhandene Schuldgefühle hin, die Sie Ihrer Familie gegenüber haben.«
    »Was? So ein Unsinn!«
    »Wirklich, Commander? Und was ist mit diesen Technos, von denen Sie mir erzählt haben? Sagten Sie nicht, es hätte sich bei ihnen um eine straff organisierte Gruppierung gehandelt, dem Militär nicht unähnlich?«
    »Natürlich, Doc, aber…«
    »Wenn ich Sie ausführlich analysieren soll, müssen Sie mir mehr über diese Technos verraten. Ich muss alles wissen, Commander, jede Einzelheit, an die Sie sich erinnern können. Nur wenn wirklich alles aufgearbeitet wird, haben Sie eine Chance auf Genesung.«
    »Ich verstehe, Doc«, gab Matt zurück. »Ich verstehe.« Er dachte kurz nach und begann erneut zu erzählen, schilderte sein erstes Zusammentreffen mit den zerbrechlich wirkenden Bunkermenschen und berichtete ausführlich von seiner Reise nach England. Sirwig unterbrach ihn dabei immer wieder, zerpflückte jeden Aspekt von Matts Erzählung unter psychoanalytischen Aspekten.
    So war Matts Suche nach Technik und Wissen auf sein unbewusstes Verlangen nach Erlösung von Schuldgefühlen zurückzuführen, während der lange Marsch durch den Euro-Tunnel nichts anderes als eine Aufarbeitung des Geburtstraumas war. Sirwig wusste auf alles eine Antwort, war in der Lage, jedes Stichwort, das Matt ihm gab, sofort freudianisch umzudeuten. Wahrscheinlich hätte Matt schon lange aufgegeben. Wahrscheinlich hätte ihn der Doktor schon längst restlos' überzeugt - hätte es da nicht etwas gegeben, was ihn noch daran festhalten ließ, dass er nicht nur einen Traum erlebt hatte.
    Der Taratzenzahn in seiner Hosentasche, den Matt wieder und wieder befühlte - und der so real war wie er selbst. Am Nachmittag des darauf folgenden Tages hielt Matt es nicht mehr aus. Er hatte Sirwig nichts von dem Zahn erzählt - denn dann hätte er auch von seinem geheimnisvollen Treffen berichten und zugeben müssen, dass er sich unerlaubt vom Stützpunkt entfernt hatte. Stattdessen hatte er versucht, allein hinter das Rätsel zu kommen, das der Taratzenzahn ihm aufgab - allerdings vergeblich.Die letzten achtundvierzig Stunden hatte er damit verbracht, sich erfolglos das Hirn darüber zu zermartern, wie das alles zusammenhängen konnte. Entweder, er wurde allmählich wirklich verrückt. Oder aber, hier ging etwas vor sich, das er mit seinen bescheidenen Sinnen einfach nicht erfassen konnte. Wie auch immer - es gab jemanden, der die Antwort kannte…
    ***
    Von einer Telefonzelle auf dem Gelände des Stützpunkts aus wählte Matt die Nummer, die auf dem Taratzenzahn eingraviert war. Die Nummer des Mannes, der sich Mike genannt hatte… Ein kurzes Tuten in der Leitung, dann eine vertraute Männerstimme. »Ja?«
    »Ist
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher