030 - Vampir-Terror
unten geben, die nicht einmal alle Soldaten kannten.
Nun, sie mußte es ja wissen. Ihre Ortskenntnis mußte besser sein als meine. Vertrauensvoll folgte ich ihr. Wir ließen einen dämmerigen Gang hinter uns, schlichen über eine düstere Treppe hinunter, und das fremde Mädchen ermahnte mich immer wieder, leise zu sein.
Das wäre nicht nötig gewesen, denn ich wußte nur zu genau, was für uns beide auf dem Spiel stand. Ich war sehr interessiert daran, mir dieses Geschenk des Himmels — die Freiheit —nicht selbst zu verderben.
Außerdem wollte ich auch meine Lebensretterin nicht gefährden. Das hatte sie nicht verdient. Ich hoffte, daß sie niemals in den Verdacht geriet, mir zur Flucht verholfen zu haben, sonst war sie verloren.
Wir erreichten das untere Ende der Treppe. Ein finsterer Gang lag vor uns.
»Wirst du zu Ken Ketton zurückkehren?« fragte mich das Mädchen flüsternd.
»Ja«, antwortete ich.
»Der Count wird Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um die Gesetzlosen zu vernichten.«
»Das ist zu befürchten.«
»Ihr solltet Darkwood Forest verlassen.«
»Diese Entscheidung kann nicht ich treffen.«
»Hört Ken Ketton denn nicht auf dich?«
»Das kommt darauf an…« Mir kam plötzlich ein furchtbarer Verdacht. Meine Nackenhaare sträubten sich. Meine Gegner konnten die Sache raffiniert eingefädelt haben.
Vielleicht war mir dieses Mädchen auf Anweisung des Counts geschickt worden. War es möglich, daß er angeordnet hatte, man möge mir zur Flucht verhelfen? Sie arrangierten alles wunderbar für mich.
Ich kehrte zum Lager der Gesetzlosen zurück, und die Soldaten des Counts folgten mir heimlich. Sie ließen mich gewissermaßen an der langen Leine laufen, und ich führte sie geradewegs zu meinen Freunden, die sie dann töten würden.
Okay, dachte ich. Die Freiheit, dieses wertvolle Geschenk, nehme ich dankend an, aber ich werde niemanden zu Kettons Lager führen. An der Nase herumführen, das werde ich die Soldaten des Counts, und erst wenn ich hundertprozentig sicher bin, daß ich keinen Verfolger mehr hinter mir habe, werde ich zu Ketton stoßen.
Wir erreichten eine Tür. Das Mädchen, dessen Name ich nicht kannte, blieb stehen. »Hinter dieser Tür befindet sich ein Raum«, sagte sie leise. »Man kann ihn durch eine andere Tür verlassen. Sie ist in den Boden eingelassen. Über eine Leiter erreicht man einen Stollen, und wenn du diesen entlangläufst, gelangst du in die Freiheit.«
Freiheit! Dieses Wort hatte einen wunderbaren Klang für mich
... Rettung... Keine Folter... Kein Galgen ...
»Ich kann dich nicht weiter begleiten«, sagte das Mädchen.
»Das brauchst du nicht.«
»Viel Glück, Tony Ballard.«
»Ich werde nie vergessen, was du für mich getan hast.« Ich öffnete die Tür. Fauliger Modergeruch schlug mir entgegen. In der Dunkelheit schimmerten menschliche Gebeine.
Ich vernahm hinter mir ein irres Kichern, das ich schon mal gehört hatte. Ich wollte mich umdrehen. Da erhielt ich einen Stoß, der mich weit in den schwarzen Raum hineinwarf.
Stolpernd drehte ich mich um. Aus dem schönen jungen Mädchen war eine alte Vettel geworden. Sie hatte keinen einzigen Zahn im Mund, und ihr Gesicht war von Warzen übersät.
Ich hatte Exina vor mir, die einzige wirkliche Hexe, die es in diesem Kerker gab!
Michael Gilf ord betrat das Gemach seiner Frau. Die Öllampe blakte und warf vom Count einen zitternden, unruhigen Schatten an die Wand. Das breite Baldachinbett war von düsterem Licht eingehüllt.
Auf dem Bett lag Blythe. Sie regte sich nicht. Der Count lachte verhalten. »Spiel nicht die Schlafende«, sagte er. »Ich weiß, daß du mich erwartest. Wir sind selten zusammen. Ich wette, du kannst es kaum noch erwarten, bis ich dich in meine Arme nehme.«
Er lachte wieder. Es klang selbstgefällig.
»Kein Mann kann dich so glücklich machen wie ich«, sagte er.
»Das hast du mir selbst verraten.«
Jetzt bewegte sich Blythe.
Blythe, das Schattenwesen. Blythe, die Vampirin, die den Keim des Bösen in sich trug und weitergeben wollte. Blythe, die hungrige Blutsaugerin, die wissen wollte, wie Menschenblut schmeckte!
Ihre Augen suchten das Opfer.
Michael Gilford näherte sich ihrem Bett. Auf dem Weg entledigte er sich seiner Kleidung. Achtlos warf er alles auf den Boden. Seine Nasenflügel bebten.
Er atmete schneller. Blythe hingegen atmete nicht mehr, aber das fiel ihm nicht auf. Ein heißes Verlangen durchpulste ihn.
»Lösch das Licht, Michael«, sagte die Vampirin
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