030 - Vampir-Terror
viel Geduld zur Seite zu kitzeln.
Ich machte mich sofort an die Arbeit. Die Bohlenritzen waren nicht breit genug. Das hieß, ich mußte eine von ihnen erst mal vergrößern. Mit der scharfen Schnallen kante begann ich zu schaben.
Holzspäne fielen zu Boden. Ich arbeitete mit zäher Verbissenheit. Es war meine einzige Chance. Wenn es mir in dieser Nacht nicht gelang, freizukommen, würde ich es wohl nie mehr schaffen, denn morgen legte garantiert Stockard Ross mit seiner Folter los.
Ein Verdacht, daß ich ein Hexer war, ließ sich von Count Gilford schnell konstruieren. Er brauchte nur zu behaupten, niemand sonst als ein Hexer könne ein Interesse daran haben, daß eine Hexe freikam.
Und schon gab es einen Vorwand, mich dem Hexenjäger zu übergeben.
Verrückt — Tony Ballard, ein Hexer.
Seit Jahren kämpfte ich gegen die Mächte der Finsternis, und nun bezichtigte man mich vielleicht schon bald der Hexerei, der Umtriebe mit dem Bösen. Ausgerechnet mir mußte das passieren.
Endlich war die Ritze zwischen den Bohlen groß genug. Ich schob den Gürteldorn durch und erlebte eine herbe Enttäuschung. Der Dorn war nicht lang genug. Ich erreichte damit den eisernen Riegel nicht.
Ist es ein Wunder, daß ich vor Wut einen Fluch zwischen den Zähnen zerbiß? Ich lehnte mich an die Tür und dachte fieberhaft nach. Es mußte mir gelingen, aus diesem Kerker zu fliehen.
Ich mußte mir selbst helfen, denn niemand sonst würde sich für mich verwenden. Möglicherweise überlegte sich Ken Ketton, was er für mich tun konnte. Aber ich wollte nicht warten, bis ihm etwas einfiel, denn es bestand immerhin die Möglichkeit, daß ihm keine Idee kam.
Da!
Ein Geräusch!
Deutlich vernahm ich es. Durch die Tür drang es an mein Ohr.
Jemand schob den Riegel zur Seite. War es Endo, der mich nicht schlafen lassen wollte? Kam er, um mir wieder mit seiner verdammten Peitsche zuzusetzen?
Hatte er die Absicht, zu jeder Stunde zu erscheinen und mich weichzuschlagen? Ich sprang in den toten Winkel der Tür und nahm meinen Gürtel in beide Hände.
Ich war zwar geschwächt, aber ich hoffte, daß mein Selbsterhaltungstrieb Kraftreserven mobilisierte, sobald ich Endo vor mir hatte. Der Riegel stieß knirschend gegen die Steinmauer.
Nun mußte sich die schwere Tür gleich öffnen. Sobald der vierschrötige Henkersknecht eingetreten war, wollte ich mich auf ihn stürzen. Ich stemmte bereits den rechten Fuß gegen die Wand, um mich davon abstoßen zu können.
Mein Herz schlug hoch oben im Hals, und dicke Schweißperlen bedeckten meine Stirn. Meine Zukunft, mein Leben hingen von dieser Attacke ab. Erfolg oder Mißerfolg? Was würde die nächste Sekunde bringen?
Die Tür öffnete sich — aber nicht so, wie Endo sie aufgemacht hätte. Er hätte ihr einen derben Stoß versetzt, und sie wäre hart an die Wand geknallt. Das war seine Art, Türen zu öffnen.
Im Augenblick schwang die Tür aber ganz langsam auf. Wer war der Besucher, wenn nicht Endo? Die Tür wurde geöffnet, als sollte es niemand merken. Heimlich und leise geschah es.
War Ken Ketton zurückgekehrt, um mich rauszuholen? Ich wartete mit bis zum Zerreißen angespannten Nerven. Der Gürtel war genauso zwischen meinen Händen gespannt.
Mit ihm wollte ich mich verteidigen, falls es nötig sein sollte.
Endlich berührte die Tür die Wand. Niemand trat ein. Die Unruhe machte mich furchtbar kribbelig.
Die Spannung war kaum noch zu ertragen.
»He! Pst! Tony Ballard!« flüsterte jemand. Es hörte sich nach einem Mädchen an.
Ich trat aus dem toten Winkel. Meine Augen weiteten sich verwundert, denn ich hatte ein bildschönes fremdes Mädchen vor mir…
Pacar ließ von Blythe Gilford ab. Er hatte genug Blut getrunken, den Rest sollten seine beiden Diener haben. Gierig stürzten sie sich auf die junge Frau, als der Obervampir zurücktrat.
Bis auf den letzten Tropfen saugten sie das Opfer aus. Bleich lag Blythe auf dem Boden. Pacar grinste zufrieden. An seinen Eckzähnen hingen noch Blutstropfen.
Die Frau des Counts war tot. Als Untote würde sie weiterleben, mit einer unbändigen Gier nach Menschenblut behaftet. Von nun an würde sie sich nur noch davon ernähren, und sie würde für ihren Gemahl eine tödliche Gefahr sein, ohne daß dieser es bemerkte.
Bald würde auch Count Gilford dem Kreis der Blutsauger angehören, und Pacar würde sein Meister sein, dem er gehorchen mußte. Dann war der Count nur noch Befehlsempfänger, während der wahre Herrscher Pacar hieß.
»Nun
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