0300 - Die Messermörder von Manhattan
gekreuzte Dolche gemalt.
»Ein Verrückter«, konstatierte Phil.
»Ja, aber ein gefährlicher Irrer.«
»Vielleicht ist er auch ganz normal«, überlegte mein Freund. »Schon mancher hat den Übergeschnappten gespielt, um den Gegner in Sicherheit zu wiegen.«
»Dann wäre er also der Boss der Gang, die die Cross Bones aus Greenwich Village vergraulen will«, meine ich. »Aber Schrift und Stil sind die eines Zwölfjährigen. Ich glaube, es wird gut sein, unseren Grafologen zu Rate zu ziehen, der wird uns wahrscheinlich mehr sagen können.«
Unser Schriftsachverständiger überlas den Brief, runzelte die Brauen, schüttelte den Kopf und zog mit dem Schriftstück ab.
Wir ermahnten ihn, es beim Erkennungsdienst abzuliefern, damit es auf Abdrücke untersucht werde.
Diese Auskunft kam als erste. Unser Kollege Bill Cramer, vom Erkennungsdienst, legte uns die Fotografie der gefundenen Abdrücke vor.
»Sie sind nicht registriert«; sagte er. »Sie können von einer Frau oder von einem Mann stammen.«
Das war alles, was Bill- Cramer uns sagen konnte. Dann kam der Grafologe zurück.
***
»Ich kann Ihnen Folgendes sagen«, meinte der Sachverständige. »Es handelt sich um einen Menschen, dessen Mentalität der eines Vierzehnjährigen gleicht. Er hat ein ungeheures Geltungsbedürfnis, und seine Schrift weist einige geradezu frappierende Ähnlichkeiten mit der eines vor wenigen Wochen hingerichteten Massenmörders auf. Ich würde sagen, dass der Schreiber im höchsten Grade gefährlich ist.«
»Das sind ja herrliche Aussichten«, meinte Phil. »Schicken Sie uns möglichst schnell Ihr schriftliches Gutachten. Inzwischen herzlichen Dank.«
Jetzt wurde es höchste Zeit, dass etwas geschah.
Wieder einmal konferierten wir mit Mister High, der uns Vollmacht gab, einen Einsatzstab zu bilden und eine Großfahndung nach den Mitgliedern der Gang der gekreuzten Dolche einzuleiten.
Greenwich Village ist nicht sehr groß.
Man sollte also meinen, dass es sehr leicht sei, dieses Gebiet zu überwachen.
Aber weit gefehlt, die ganze Gegend ist denkbar unübersichtlich, durchzogen von engen, winkligen Straßen, bebaut mit meist alten Häusern. Es gibt viele dunkle Hinterhöfe und Hunderte von Kneipen, Bars und Studentenlokalen. Dazu kommen die Piers und Docks längs des Flusses.
Wir zogen die Leiter der Polizeistationen in den Hudson und in der Canal Street hinzu, die ihre Reviere natürlich besser kannten als wir.
Selbstverständlich musste die ganze Aktion so unauffällig wie möglich durchgeführt werden. Es durften nicht mehr Streifenwagen eingesetzt werden als gewöhnlich, und die Zahl der uniformierten Polizisten konnte nicht erhöht werden.
Da auch die Detectives der beiden Stationen überall bekannt waren, mussten auch sie sich Zurückhaltung auferlegen.
Wir vom FBI konnten nicht mehr als fünfundzwanzig G-men zu diesem Zweck abstellen.
Dazu drei Wagen, denen man nicht ansah, woher sie kamen.
Also setzten wir uns mit dem Polizei-Hauptquartier in der Center Street in Verbindung, wo man sich bereit erklärte, uns noch fünfzehn Detectives aus der Bereitschaft zur Verfügung zu stellen.
***
Schon am gleichen Abend, dem 13. November, lief die Aktion an. Ich hatte meinen Jaguar im Stall gelassen und 26 einen unserer schnellen unauffälligen Buicks benutzt.
Da kaum damit zu rechnen war, dass vor Mitternacht etwas passieren würde, kamen wir erst um diese Zeit in Greenwich Village an.
Langsam, so als suchten wir ein nettes Lokal, durchfuhren wir die Straßen, ließen dann den Wagen an der Einmündung zum Hudson-Tunnel in der Christopher Street stehen und bummelten zu Fuß weiter.
Alles war ruhig und friedlich.
Der Abend war kalt, aber trocken. Viele Menschen waren unterwegs.
Wir gingen die Greenwich Street entlang und bogen nach Westen in die Perry Street ein.
Wir kamen über die Washington Street, auf die Charles Lane, eine Straße, die am Pier 46 auf die Uferstraße mündet.
Diese Straße ist ein einziger Rummelplatz.
Kneipen, Bars und andere Vergnügungslokale liegen dicht an dicht. Es wimmelte von Nachtbummlern, die entweder ihrem Vergnügen oder ihren Geschäften nachgingen.
Hier in dieser Umgebung blüht noch der Handel mit »garantiert echten Brillanten«, die heimlich und verstohlen angeboten und an Dumme zu einem Preis abgegeben werden, der einem Glasstein durchaus nicht angemessen ist.
In der Charles Lane kann man so ziemlich alles kaufen.
Die Spielhalle Lucky Day war gedrängt voll.
Unablässig
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