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0302 - Der Unhold

0302 - Der Unhold

Titel: 0302 - Der Unhold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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selbst zuzuschreiben.«
    Ich hob nur die Schultern.
    Ihr Mund verzog sich zu einem breiten Lächeln. »Können Sie und Ihre Freunde eigentlich gut schwimmen?« fragte sie flüsternd.
    »Es geht!«
    »Schön. Sie haben gleich Zeit genug, es unter Beweis zu stellen. Die Küste ist so weit nicht entfernt. Möglicherweise schaffen Sie es und Sie erreichen das Festland noch. Wenn nicht, haben Sie Pech gehabt. Dann werden irgendwann drei Leichen an den Strand geschwemmt. Leichen von Männern, die den Golf und seine Tücken nicht kannten und sich trotz allem mit einem Schlauchboot herausgewagt hatten. Ist das nicht eine Lösung, Signore?«
    »Für Sie vielleicht.«
    »Ich finde sie gut.« Sie schaute mich noch einmal scharf an, bevor sie einen Befehl gab.
    Jemand stieß mir einen Waffenlauf so hart in den Rücken, daß ich zusammenzuckte und auch einen Laut des Schmerzes nicht mehr unterdrücken konnte.
    »Sehr hart sind Sie aber nicht«, sagte La Bandita und drehte mir den Rücken zu. Dann sprach sie zu ihren Leuten, die nach den Worten nickten. Einige lachten sogar.
    Ich mußte mich umdrehen.
    Noch in der Bewegung erkannte ich meine beiden Freunde, denen das gleiche Schicksal bevorstand.
    Mandra und Suko nickten mir zu, und ich nickte zurück. Wir drei wurden bis dicht an die Bordwand dirigiert. Nebeneinander mußten wir uns aufstellen.
    Hinter uns hatten sich die Seepiraten und Schmuggler versammelt. Schwerbewaffnet und scharf darauf achtend, daß wir keine falsche Bewegung machten.
    »Ich hoffe, John, daß du Kondition hast«, sagte Suko.
    »Klar.«
    »Ich gebe euch noch eine Chance. Wollt ihr reden?« hörte ich die Stimme der Claudia Corelli.
    »Nein! Wir haben alles gesagt.« Diese Antwort gab Suko, und Mandra Korab nickte.
    »Dann springt.«
    Das taten wir nicht sofort. Als hätten wir uns abgesprochen, hoben wir gleichzeitig das rechte Bein und stellten es auf den Rand der Reling. Wir hatten uns auch vorgebeugt, schauten auf das schwarze Meer und pumpten schon einmal Luft in unsere Lungen.
    Vielleicht hatten wir noch drei oder fünf Sekunden Zeit, bevor wir im Bach landeten, und in dieser Spanne passierte tatsächlich etwas. Nicht auf dem Schiff, sondern unter uns im Wasser.
    War die Fläche fast schwarz, so hatte sie sich direkt an der Bordwand aufgehellt. Nicht durch Licht, sondern durch Schaum, der eine Folge heftiger Bewegungen war, die sich dicht unter der Wasserfläche abspielten.
    Zudem warfen die Wellen auch Kreise. Die Ausläufer klatschten gegen die Bordwand, und ich hatte das Gefühl, daß aus der Tiefe des Meeres etwas an die Oberfläche wollte.
    Ich drehte den Kopf.
    Hinter mir erkannte ich verschwommen die Gesichter der Banditen, und ich sah auch das Schimmern der Waffen.
    »Willst du eine Kugel?« schrie jemand.
    »Nein, aber da unten ist etwas!«
    »Ja, Wasser.«
    »Auch. Ich würde an eurer Stelle nachschauen!«.
    Claudia Corelli sagte etwas. Ich hörte Schritte. Jemand stellte sich neben mich, er hätte nicht zu kommen brauchen, denn ich vernahm Sukos Warnung.
    »Achtung, John! Es ist da!«
    Ich schaute nach vorn.
    Im selben Augenblick klatschte eine Flosse auf die Reling, und schlagartig änderte sich die Lage…
    ***
    Wo die Gassen am schmälsten und am dunkelsten waren und wo auch tagsüber kaum Licht hinfiel, da wohnte Rosa Beluzzi, die Frau mit dem Zweiten Gesicht.
    Sie war in gewisser Hinsicht eine lokale Berühmtheit, denn sie hatte es verstanden, ihren Mitmenschen die Zukunft zu lesen. Zumeist brauchte sie Kaffeesatz oder nur einfach den Klienten in die Augen zu schauen, um zu wissen, was los war.
    Rosa verdiente nicht schlecht durch ihr Gewerbe, denn sie besaß auch Kunden, die Geld hatten und zu den führenden Leuten der Stadt gehörten. Daß sie Bosse der Mafia waren, spielte keine Rolle.
    Rosa war nur scharf auf das Geld. Und davon hatte sie im Laufe ihrer 60 Jahre einiges angesammelt. Da sie den italienischen Banken nicht traute, lagen die Scheine auf einem Schweizer Nummernkonto. Die Bank in Lugano galt als sicher und krisenfest.
    Niemand fragte sie nach Steuern. Für die meisten führte Rosa ein ärmliches Leben, und sie dachte auch nicht daran, vorerst aus den Slums auszuziehen, denn dort gehörte sie hin. Ein Leben ohne Rosa konnten sich die meisten Leute nicht vorstellen.
    Manche behaupteten, daß sie nicht schlafen würde, und wenn Rosa darauf angesprochen wurde, hob sie nur die Schultern und lächelte. Nein, Schlaf brauchte sie wirklich keinen oder so gut wie nicht, denn sie

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