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0305 - Der Tod schminkt sich die Lippen

0305 - Der Tod schminkt sich die Lippen

Titel: 0305 - Der Tod schminkt sich die Lippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Tod schminkt sich die Lippen
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Phil mitnehmen sollen, aber wahrscheinlich wäre die Dame im Kopftuch und mit der MP dann gar nicht aufgetaucht. Mit Bestimmtheit hatte einer der Gang in dem Laden hinter einem Glas gesessen, hatte mich beobachtet, ob ich wirklich allein war, und erst als das feststand, war er — oder sie — hinausgegangen, um das Mordkommando zu rufen. Sicherlich hatten sie die gleiche Vorsichtsmaßnahme auch draußen angewandt.
    Aus dem gleichen Grund war in dem Brief auch die unbestimmte Zeitangabe »an einem Abend« gewählt worden. Wäre ich unter dem Schutz von Cops oder G-men erschienen,- so wäre weder Jane Larrow, noch die Lady mit der Maschinenpistole auf getaucht.
    Jane Larrow stand also auf der anderen Seite? Es sah so aus, aber es blieb die Frage offen, ob sie den Wisch überhaupt geschrieben hatte. Ich hatte nie eine Zeile von ihrer Hand gesehen.
    ***
    Pünktlich um zehn Uhr betrat ich den Übungsraum von Mrs. Jenny Husters Dancing School.
    Acht Girls turnten in dem großen, kahlen Zimmer herum. In ihrer Mitte stand Mrs. Huster, in der einen Hand ein großes Tamburin, das sie mit einem kleinen Schlegel bearbeitete. Dazu rief sie Kommandos auf Französisch, und die Girls gehorchten ihr wie die Rekruten einem Unteroffizier.
    Als die Frau mit dem kurzgeschnittenen Männerkopf mich sah, ließ sie das Tamburin sinken, und für Sekunden erstarrten die Mädchen in den Tanzposen, die sie gerade eingenommen hatten.
    »Ah, Sie sind pünktlich«, begrüßte mich Mrs. Huster. »Ich habe die Mädchen ein wenig weich gemacht. Wir können gleich beginnen.«
    Sie legte das Tamburin weg und klatschte in die Hände. Aus dem Büro kam ein junger Mann in einem Anzug, dessen Schultern offensichtlich zu stark wattiert waren. Mit einem schrägen Seitenblick auf mich schlich er zu dem schwarzen Klavier, dem einzigen Möbelstück in dem Raum. Er setzte sich auf den Drehstuhl und senkte den Kopf, so daß er praktisch hinter dem Instrument verschwand.
    Mrs. Huster lehnte sich an das Klavier. Da es einen Stuhl einfach nicht gab, baute ich mich neben ihr auf. »Was wollen Sie zuerst sehen?«
    »Oh, das ist mir egal?«
    Sie musterte mich scharf.
    »Klassisch oder leicht?«
    »Leicht«, antwortete ich.
    »Anita, du beginnst!« befahl die energische Chefin, Und mit einer Kopfbewegung zu dem Mann am Klavier: »Rumba!«
    Ein großes, schmales, schwarzhaariges Mädchen baute sich in der Mitte des Saales auf. Der Bursche in dem wattierten Anzug fiel in die Tasten, und das Girl begann, seine Glieder zu verrenken.
    Der Himmel mag wissen, ob sie es gut machte, oder ob sie gar eine unentdeckte, ganz große Begabung war. Mir war es beinahe unangenehm, zu sehen, wie sie sich in dem kahlen Zimmer und ohne Kostüm und Beleuchtung bemühte, südamerikanisches den Kopf schüttelte, sich die schwarzen Haare ins Gesicht fallen ließ und lächelnd die Zähne fletschte.
    Mrs. ‘ Huster fragte kalt wie ein Chirurg:
    »Gefällt sie Ihnen?«
    Ich versuchte, ein fachmännisches Gesicht zu schneiden.
    »Nicht schlecht.«
    »Genug?«
    »Was meinen Sie?«
    »Ob Sie genug gesehen haben, um Ihre Fähigkeiten beurteilen zu können?«
    »Ja… danke!«
    Mrs. Huster schnippte mit den Fingern. Der Klavierspieler nahm die Finger so hastig von den Tasten, als wären , sie plötzlich glühend geworden, und das Mädchen blieb stehen wie eine abgespielte, mechanische Puppe.
    Ich fühlte, daß irgendeine Äußerung von mir erwartet wurde, und ich besann mich auf das,' was Mr. Gilberry mir eingetrichtert hatte.
    »Ich danke Ihnen. Sie erhalten von uns Bescheid«, sagte ich.
    Mrs. Huster setzte hinzu: »Du kannst dich umziehen und gehen, Anita.«
    Die Schwarzhaarige knickste und verschwand.
    Als nächstes tanzte mir ein schmales, blondes Ding etwas auf Spitzen vor. Dann folgten zwei Mädchen in einer Art Grotesktanz, eine zweite Schwarzhaarige in einem Step, eine Blonde in einem Walzer, und noch eine Blonde mit einer Cha-Cha-Cha. Was dann folgte, war anscheinend wieder klassischer Tanz. Das ganze Theater dauerte etwa eine Stunde, und ich verwünschte mich, daß ich mich überhaupt auf den Unsinn eingelassen hatte.
    Endlich nahm der Klavierspieler die Hände von den Tasten. Ich stotterte den üblichen Satz: »Sie erhalten Bescheid.« Mrs. Huster schickte das Mädchen mit einer Geste zum Umziehen. Dann wandte sie sich an mich.
    »Haben Sie sich entschieden?«
    »Ich muß es mir überlegen. Sie hören von mir,«
    »Ich werde Ihnen die Namen und Adressen der Mädchen nennen«, sagte sie

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