0306 - Die Träne des Teufels
Safe offen stand -, auch an die Waffe herankam. Er mußte sie hervorreißen, herumfahren und schießen.
Nein, das wollte er nicht. Ein anderer Plan war besser.
Mit Daumen und Zeigefinger faßte er das kleine Coderad und drehte vorsichtig die nur ihm bekannte Zahlreihe. Innerhalb des großen Rads befand sich noch ein kleines. An seinen äußeren Rändern wies es Buchstaben auf. Auch sie mußten in die korrekte Reihenfolge gebracht werden. Es war für Hendrik van Doolen kein Problem.
Wieder klickte es. Ein Zeichen, daß der Code eingerastet war. Nichts stand einer völligen Öffnung des Safes mehr im Wege. Die Trenntür in der Mitte besaß einen schmalen Griff. Van Doolen umfaßte ihn. Ein saugendes Geräusch entstand, als die Luft entwich. Die Stahltür schwang auf und gab den Blick ins Innere des Safes frei.
Der Tresor war in zwei Hälften unterteilt worden. In der unteren lag nur Geld. Scheine in den härtesten und wichtigsten Währungen der Welt. Dollar, DM und Yen. Selbstverständlich waren auch Schweizer Franken dabei.
Oben lagen Papiere. Eingeklemmt in Hefter. Drei waren es insgesamt, und auf ihnen, gewissermaßen als Schmuck, konnte der Betrachter ein schmales schwarzes Etui sehen.
In diesem Etui lag die Träne des Teufels!
Van Doolen streckte seinen Arm, damit er in das Fach hineintasten konnte.
Vor dem Zubettgehen hatte van Doolen das Etui schon einmal in der Hand gehabt, es geöffnet und sich den Stein angesehen. Nun berührte er es wieder, doch er mußte die Träne des Teufels abgeben, wollte er selbst überleben.
Es war ein schmuckloses Etui. Vorsichtig nahm er es heraus, ohne es allerdings zu öffnen. Mit dem Etui in der Hand drehte er sich um, und er sah die weißen Augen der Hexe auf sich gerichtet.
»Ist der Stein drin?«
»Ja.«
»Gib es her!« Wikka konnte es kaum erwarten. Sie sprang vor und riß dem Mann das Etui aus der Hand.
Zum ersten Mal atmete der Makler wieder voll durch. Er trat einen Schritt zurück, spürte am Hinterkopf die Kante der offenstehenden Safetür und sah, daß sich die Hexe allein für den Stein interessierte. Sie stand halb gebückt da, schaute auf das Etui und versuchte, mit ihren schwarzen Fingern den Verschluß zu öffnen.
Das klappte nicht so einfach.
Van Doolen blieben wenige Sekunden Zeit. Wieder drehte er sich herum, ohne von der Hexe beachtet zu werden. Seine Hand verschwand abermals im Innern des Safes, nur drückte er sie diesmal unter die Schnellhefter, denn dort lag der Revolver. Er besaß einen Griff aus Walnußholz. Der Mann riß die Waffe aus dem Safe und drehte sich gedankenschnell. Blitzartig richtete er die Mündung auf die Hexe.
Die war dabei, das Etui aufzuklappen.
»Nein!« brüllte der Makler sie an. »Du kriegst ihn nicht, den Stein!«
Dann schoß er zweimal…
***
Wir waren nach Belgien geflogen, in Brüssel gelandet, hatten uns dort einen Leihwagen besorgt und fuhren nun mit dem Opel Rekord nach Antwerpen.
Zunächst bewegten wir uns noch im französisch sprechenden Teil des Landes, doch schon bald lasen wir auf den Ortsschildern flämische Namen.
Mit Suko hatte ich ausgelost, wer den Wagen fuhr. Ich hatte das zweifelhafte Vergnügen.
Der Norden Belgiens ist ähnlich flach wie die südwestlichen Provinzen meines Heimatlandes. Die Autobahn war ausgezeichnet, und wir kamen zügig voran.
Der Himmel war grau. Mächtige Wolken wurden vom Wind in Richtung Osten getrieben. Einige Male gerieten wir in einen kräftigen Schauer, der auch mal als Schneeregen vom Himmel fiel und die Straßen gefährlich glatt machte.
Bis Antwerpen änderte sich das Wetter nicht. Die Stadt ist ziemlich groß und hat auch zahlreiche Vororte. Hendrik van Doolens Anschrift suchten wir im Telefonbuch.
Leider gab es mehrere van Doolens und auch zwei mit dem Namen Hendrik. Wir hatten zum Glück Geld gewechselt und wählten den ersten van Doolen an.
Eine Frau meldete sich. Im Hintergrund hörte ich Kindergeschrei.
Nein, das war wohl nicht der richtige Anschluß.
Mit einer gemurmelten Entschuldigung legte ich auf.
Der zweite Anruf brachte uns den erhofften Erfolg. Nur meldete sich ein Hausangestellter. Er erklärte uns, daß sein Brötchengeber nicht im Hause sei.
»Wann kommt er denn zurück?« Ich sprach Französisch, und der Diener verstand mich.
»Noch im Laufe des Abends.«
Ich bedankte mich und versprach, später noch einmal anzurufen. Die Adresse schrieben wir uns auf.
Als wir die Zelle verließen, begann Suko zu stöhnen. Er verspürte Hunger. Mein
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