0306 - Die Träne des Teufels
peilten durch die Gitterstäbe und schauten in ein großes, parkänlich angelegtes Grundstück, das zum Haus hin leicht anstieg.
»Na?« fragte Suko und grinste breit.
»Schätze, du hast recht«, gab ich zurück. »Ich glaube wirklich, daß wir klettern müssen.«
»Dann fangen wir mal an.«
»Aber einen konkreten Grund hast du auch nicht.« Mandra Korab zögerte noch.
Ich hob die Schultern. Eine richtige Antwort fand ich auch nicht.
Eigentlich ließ ich mich nur von meinen Gefühlen leiten, aber wir waren schließlich nicht gekommen, um etwas zu stehlen. Unter Umständen standen Menschenleben auf dem Spiel, und so etwas wischte meine Bedenken zur Seite, obwohl mir nicht wohl war, als ich zusammen mit den Freunden eine geeignete Stelle suchte, um über die Mauer zu klettern.
Wir waren nach links gegangen.
Suko schaute auch den Weg zurück. Sehr ruhig lag die Straße vor uns.
Nichts deutete darauf hin, daß man uns irgendwie sah oder überwachte.
Den Fiat, den wir bei unserer Hinfahrt passiert hatten, sahen wir nicht einmal mehr als Schatten.
Glatt war die Mauer nicht. Zum Glück waren die Steine unregelmäßig angeordnet worden, so daß wir immer Halt fanden.
Suko blieb stehen. »Okay«, sagte er, »ich mache den Anfang.« Dabei schaute er schon auf meine zusammengelegten Hände, die ihm als erste Hilfe und Trittstelle dienen sollten.
Hühnerleiter nennt man so etwas.
Geschmeidig kletterte Suko in die Höhe. Ich gab ihm noch Schwung, so daß er mit den Händen den Mauerrand umklammern konnte. Er schwang sich hoch, und es gelang ihm auch, sich so zu setzen, daß ihn der Stacheldraht nicht störte.
Mandra folgte als zweiter, ich machte den Schluß, wobei mir Suko einen Arm entgegenstreckte.
Die Mauerkrone war ziemlich breit. Es gab auch keine hochstehenden Glasscherben, die uns hätten verletzen können, und die Räume zwischen dem Stacheldraht waren breit genug, um sie so weit zur Seite schieben zu können, daß wir uns hindurchschlängeln konnten.
Das schafften wir leicht.
Mandra hielt für uns den Stacheldraht hoch. Ausgerechnet er verfing sich noch.
Wir zerrten ihn los.
Jetzt mußten wir springen.
In einem Gebüsch würden wir nicht landen, sondern auf weichem Rasen, der den Aufprall zum Glück dämpfte. Ich stand an der Kante, duckte mich zusammen und stieß mich ab.
Sicher kam ich auf.
Zwar wurde ich nach vorn geworfen, doch meine Sprungroutine schaffte es, daß ich mir nichts verstauchte oder mit einem der beiden Füße umknickte.
Die Landung meiner Freunde lief ebenfalls glatt und sicher über die Bühne.
»Da wären wir«, sagte Suko und schüttelte den Kopf.
»Was hast du?« fragte ich.
Er schaute mich an. »Fällt dir nichts auf, John?«
»Kaum.«
»Es ist verflixt ungewöhnlich, daß ein Mann, der ein großes Vermögen hat, sein Haus und das Grundstück nur auf eine so primitive Art und Weise sichert. Das will mir einfach nicht in den Kopf. Tut mir leid.«
»Vielleicht kommt der Hammer noch.«
»Möglich.«
Wir peilten die Lage. Es wuchsen zwar Bäume auf dem Gelände, doch ziemlich weit verstreut, so daß wir wenn wir Deckung suchen wollten, über freie Rasenflächen laufen mußten. Vom Haus selbst sahen wir kaum etwas. Das Gebäude war ein großer Kasten in der Dunkelheit, an dem nur eine einzige Lampe brannte.
Wir trennten uns nicht, als wir über die Rasenflächen liefen.
Manchmal riß die Wolkendecke auf, dann wurde es heller, da Mondlicht auf die Erde fiel.
Der Rasen begann leicht zu glänzen, und Mandra war es, der den dunklen Gegenstand schräg rechts von uns entdeckte.
»Da liegt etwas.«
Das konnte alles Mögliche sein und eine völlig natürliche Erklärung haben. Nur paßte es einfach nicht zu diesem wohlgestutzten und gepflegten Rasen, deshalb waren wir mißtrauisch geworden.
Daneben blieben wir stehen und blickten auf den Gegenstand.
Niemand von uns wußte, um was es sich handelte.
Suko dachte praktisch. Er bückte sich und begann, das Unbekannte zu untersuchen. Er beugte sich weit darüber, roch auch daran, kam wieder hoch und runzelte die Augenbrauen.
»Was hast du?« fragte ich ihn.
»Das Zeug stinkt wie verbranntes Fleisch.« Er stand wieder auf und trat mit der Fußspitze dagegen. Die Masse knisterte, obwohl sie eine gewisse Zähigkeit besaß. Und dann traf Sukos Fuß auf Widerstand.
»Das sind Knochen!« flüsterte Mandra.
Er hatte recht. Was uns da aus der dunklen Masse entgegenschimmerte, waren Knochen. An einigen Stellen sahen sie bleich
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