0306 - Die Träne des Teufels
könntest mich reinlegen, van Doolen? Hast du das wirklich gedacht, du verfluchter Hund?«
Er hörte die Worte. Eine Antwort konnte er nicht geben, weil ihn der Schmerz fast betäubte.
Die Hexe drückte zu. Sie kannte kein Erbarmen. Van Doolen hatte das Gefühl, als wäre seine Hand in eine eiserne Würgeklammer geraten. Er glaubte schon, das Brechen der Knochen zu vernehmen, aber noch war es nicht soweit.
»Du hast keine Chance!« flüsterte die Hexe, »du hast wirklich keine Chance und wirst dafür bezahlen.«
»Ich, ahhh…« Van Doolen bekam einen heftigen Stoß, der ihn zurückschleuderte. Er fiel bis gegen die Wand, wo sich auch der Tresor befand, und blieb dort zitternd stehen.
Wikka stand auf.
Lässig, dabei noch lächelnd, und sie strich mit beiden Händen über ihr dunkelgrünes Gewand. Nichts war ihr geschehen. Zwei Kugeln hatte sie eingesteckt, ohne überhaupt eine Reaktion zu zeigen. Sie waren in ihrem Körper verschwunden.
Wikka blieb am Leben!
Zum ersten Mal merkte der Mann, daß es nicht so leicht war, gegen Gegner und Kräfte anzukommen, die nicht von dieser Welt stammen konnten. Wikka war das beste Beispiel. Ihr hatte es überhaupt nichts ausgemacht, die Kugeln zu schlucken. Im Gegenteil, sie gab sich noch freier, noch lockerer als zuvor.
»Ich hätte dich normalerweise nicht bestraft«, sagte sie, nahm das Etui an sich, steckte es ein, ohne hineinzuschauen. »Nun aber sieht die Sache völlig anders aus. Du hast gegen meinen Willen gehandelt. Du wolltest mich hintergehen, dafür habe ich dich bestraft, wie es nun mal meine Art ist.«
»Wie… wieso?«
Wikka lachte krächzend, bevor sie sagte: »Schau auf deine Hand, mein Lieber. Die rechte.«
Van Doolen senkte den Blick. Er glitt an seiner rechten Seite in Richtung Hand, und er glaubte, plötzlich wahnsinnig zu werden. Was er da sah, konnte er nicht fassen.
Nein, das war nicht seine Hand. Nicht dieses widerliche verbrannte Etwas, das mehr an einen Klumpen erinnerte und nach unten hing. Die Finger waren nicht mehr zu sehen. Wikka hatte sich schrecklich gerächt, denn nun sah die Rechte des Maklers ebenso aus wie die Klauen der Hexe.
Er stöhnte auf und schüttelte den Kopf, während die Hexe vor ihm kalt lächelte. »Du hast es dir selbst zuzuschreiben«, erklärte sie. »Hättest du all das getan, was ich wollte, wäre dir wohl kaum etwas geschehen, nun kannst du die Folgen tragen.«
Van Doolen hob den Kopf. »Welche Folgen?« schrie er. »Verdammt, sag mir doch, welche Folgen ich noch tragen soll? Reicht es nicht, daß du mir meine Hand verbrannt hast?«
»Nein, es reicht nicht.«
»Und was…?«
»Schau noch einmal hin!«
Der Makler zögerte. Er ahnte Schreckliches, traute sich nicht so recht, senkte schließlich doch den Blick und sah mit eigenen Augen, daß etwas zu Boden fiel.
Es waren zwei Finger.
Seine Finger…
Der Mann wollte schreien, seine Not herausbrüllen, er kam nicht dazu.
Das Grauen hatte ihm die Kehle regelrecht verschlossen. Nur ein würgendes Geräusch drang über seine Lippen. Speichel erschien, floß über das Kinn und tropfte auf seinen Pyjama.
Im nächsten Augenblick fielen die drei weiteren Finger, und plötzlich lag seine Hand am Boden.
Van Doolen hob den rechten Arm. Die Gelenke funktionierten zwar, doch es bereitete ihm eine ungeheure Mühe.
Sein Blick saugte sich am Handstumpf fest.
Ja, es war nur ein Stumpf, mehr nicht.
Der Arm endete jetzt am Gelenk, wo noch einige verbrannte Flecken zu sehen waren.
Er schluchzte wieder auf, schüttelte den Kopf und begann zu weinen.
Kalt blickte Wikka ihn an. Mitleid, Gnade und Barmherzigkeit kannte sie nicht. Ihr kam es allein auf den Erfolg an. Dazu war ihr jedes Mittel recht. Ob Menschen dabei starben oder verletzt wurden, interessiert sie nicht. Sie mußte gewinnen.
Und sie hatte gewonnen!
»Willst du mich noch immer reinlegen, van Doolen?«
Der Mann schüttelte weinend den Kopf. »Nein!« keuchte er, »nein, nicht mehr.«
Wikka lachte. »Ich werde dich jetzt allein lassen. Der Arm bleibt als Andenken an mich. Ich wünsche dir viel Spaß. Du wirst dich daran gewöhnen, das haben andere auch.« Nach diesen Worten drehte sie sich um. Wikka wandte dem Mann den Rücken zu. Sie wußte ja, daß er gegen sie nichts ausrichten konnte.
Damit hatte sie auch recht.
Hendrik van Doolen starrte ihr nur haßerfüllt nach. Sie schritt provozierend langsam durch den großen Schlafzimmerraum, öffnete die Tür und wollte hinausgehen.
Plötzlich zuckte sie
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