0309 - Der Horror-Alchimist
dessen Körper sich schon in fortgeschrittenem Verwesungszustand zu befinden schien, packte Nicole brutal am Arm und zog sie in Richtung Tür.
Den Griff kannte die Französin schon.
Gemeinsam mit dem unverwechselbaren Gestank hatte sie jetzt keinen Zweifel mehr, daß sie es mit ihrem Entführer zu tun hatte.
»Immer mit der Ruhe«, versuchte sie abzuwehren.
Der Zombie ging jedoch kaum darauf ein. Die Kraft, die ihn beseelte, war nicht natürlicher Art. Es war eine Stärke, der Nicole so gut wie nichts entgegenzusetzen hatte. Und es war ihr Glück, daß sie das relativ frühzeitig einsah.
Noch einmal versuchte sie, gegen den harten Zugriff aufzubegehren. Dann ergab sie sich vorläufig in ihr Schicksal. Sie gehorchte, ließ sich aus der Kammer dirigieren und trat gemeinsam mit ihrem Bewacher ins Freie.
Hatte sie insgeheim noch gehofft, nicht allzu weit von Zamorra entfernt worden zu sein, so mußte sie diesen Wunsch nun begraben.
Absolut fremd war das, was sich ihren Blicken bot. Fremd auf eine Art überdies, die sie sich nicht erklären konnte und die nicht allein damit zu tun hatte, daß sie den Ort, an den man sie gebracht hatte, nicht kannte. Da war noch etwas anderes, etwas Unerklärliches. Eine besondere Atmosphäre, die über allem lag…
Sie wurde über einen großen Innenhof geführt, auf dessen einer Seite sich ein hohes, altmodisches Gebäude mit vielen Fenstern, Vorsprüngen und Baikonen erhob, während die anderen Seiten von einer ungefähr drei Meter hohen, umlaufenden Mauer begrenzt wurden, in die an einer Stelle ein schweres Holztor eingelassen war.
Die kleine Kammer, in der Nicole gefesselt gelegen hatte, gehörte zum Hauptgebäude, war jedoch etwas vorgebaut, so daß sie eine eigenständige Einheit bildete.
Der Hof war mit groben Steinen gepflastert und menschenleer. Nur Nicole und der Zombie überquerten ihn und steuerten eine Treppe am linken Rand des Gebäudes an, die steil nach unten in einen Keller zu führen schien.
Als sie dort anlangten, stieß der lebende Tote die Französin rücksichtslos die Stufen hinunter, so daß sie schwer mit ihrem Gleichgewicht zu kämpfen hatte, um nicht hinzufallen und sich das Genick zu brechen. Erschwert wurde dies noch durch den Umstand, daß sie ein Paar Stöckelschuhe mit fingerlangen Absätzen trug, die sich als denkbar ungeeignet für ihre neue Umgebung erwiesen.
Undamenhaft fluchend stützte sich Nicole an den Seitenwänden der Treppe ab und beeilte sich, nach unten zu kommen. Die Tür am Ende der Stufen stand einladend offen. Der Zombie war ihr dicht auf den Fersen.
An Flucht war gar nicht zu denken.
Höchstens Flucht nach vom.
Also trat Nicole durch die Tür am Ende der Treppe, ohne zu ahnen, was sie dort erwartete.
Aber sie sollte es erfahren. Schneller als ihr lieb war.
***
»Drei Leichen geraubt! - Junges Mädchen ermordet!«
Zwei Überschriften, untereinander plaziert und offenbar irgendwie in Zusammenhang zueinander stehend, ließen Zamorra bei der Zeitungslektüre aufmerken. Merlins Ratschlag klang ihm noch im Ohr, auf mysteriöse Meldungen aufzupassen. Und das hier war eine solche.
Wer klaute heutzutage denn noch Leichen?
Zamorra las das Kleingedruckte zweimal hintereinander durch und war danach etwas schlauer. In einem Randgebiet der Stadt war am frühen Morgen eine Mädchenleiche entdeckt worden - in der gleichen Straße, wo, ein paar Häuser weiter, in der Nacht mehrere Leichen aus einem Bestattungsinstitut entwendet worden waren!
»Na, das ist doch schon was«, murmelte der Parapsychologe im Selbstgespräch. .
Und griff zum Telefonhörer auf dem Nachttisch.
Er konnte direkt nach draußen wählen, und diesmal war er es, der die Polizei anrief.
»Hallo«, sagte er, als sich eine Stimme am anderen Ende der Leitung meldete. »Mein Name ist Zamorra. Ich rufe wegen dieses Mordfalls an, von dem heute in der Zeitung berichtet wird. Könnte ich bitte den zuständigen Kommissar sprechen? Es ist wichtig…«
Wenig später sprach er mit Hartlaub.
Sie verabredeten sich in einem Café, das Zamorra kannte.
Als er den Hörer wieder auflegte, merkte er, daß er nicht mehr allein im Zimmer war.
***
Eine Hexenküche!
Das war Nicoles erster Eindruck, als sie über die Schwelle des Kellerraumes trat und fasziniert auf die unüberschaubare Anhäufung von chemischen Apparaturen blickte, in denen tausenderlei Gebräu vor sich hin brodelte und kochte!
Nirgends war jedoch ein modernes, technisches Gerät zu sehen. Alles zeichnete sich
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