031 - Der Puppenmacher
wußte Dorian auch, welche Rolle die Puppen spielten. Die Druden, Alpe und Trolle konnten Phillip nur in Schach halten, ihn quälen und verwirren, aber sein Leben auslöschen konnten sie nicht. Diese Aufgabe wurden wahrscheinlich die Puppen übernehmen, wenn die Zeit gekommen war. Sie waren menschlichen Ursprungs. Sie konnten Phillip töten. Aber Dorian würde den Dämonen einen Strich durch die Rechnung machen.
Er war satt und schob das Tablett zurück.
Wenn er nur Phillip dazu bringen konnte, ihm zu sagen, wo der Black-Sabbath-Klub untergebracht war. Es konnte keinen Zweifel mehr geben, daß alle Fäden dort zusammenliefen. Aber Phillip war nicht in der Lage, eine verständliche Aussage zu machen. Dorian hatte ihn gleich nach der Rückkehr aus der Scheune auszufragen versucht – doch ohne Erfolg. Phillip schwieg fast die ganze Zeit über, und wenn er sprach, dann ergaben seine Worte keinen Sinn. So blieb Dorian nichts anderes übrig, als zu warten.
Er wünschte Donald Chapman sehnlichst herbei. Die Exhumierung von Edgar Palmers Leiche hatte sich inzwischen erübrigt. Aber das konnte der Secret-Service-Mann nicht wissen. Andererseits, dachte Dorian, konnte es nur von Nutzen sein, wenn Don bei der Aushebung des Grabes auf einen leeren Sarg stieß. Vielleicht würde er dann endlich von der Existenz der Dämonen überzeugt sein, und Dorian hätte damit einen starken Verbündeten gewonnen.
Die Zeit verstrich nur langsam. Es war bereits nach vier Uhr nachmittags, und Nebel senkte sich über den Park. In wenigen Minuten würde es dunkel werden.
Phillip schlief, doch gerade als sich Dorian wieder von ihm abwenden wollte, richtete er sich in seinem Bett auf. Er schnappte wie ein Fisch auf dem Trockenen nach Luft und gab unartikulierte Laute von sich.
»Du brauchst dich nicht aufzuregen, Phillip!« sagte Dorian beruhigend. »Es ist alles in Ordnung. Und ich bin bei dir.«
Phillip vollführte heftige Bewegungen mit den Armen, als wollte er Dorian zum Schweigen bringen; dann legte er das Gesicht in die Hände.
»Viel Schwärze«, flüsterte er. »Schwärze überall.«
»Du mußt dich irren, Phillip«, besänftigte Dorian ihn. Phillip winkte wieder ungeduldig ab. »Finsternis kommt«, sagte er gequält. »Finsternis triumphiert, Finsternis spricht und lacht. Alles liegt im Dunkeln. Was das Auge sieht, ist Trug.«
»Sprich weiter, Phillip!« drängte Dorian. »Es ist da! Es ist gegenwärtig!«
Es klang wie ein gequälter Aufschrei. Phillip fiel auf sein Lager zurück und begann erneut, sich unruhig hin und her zu wälzen.
Dorian blickte sich im Zimmer um, sah aber keine drohenden Schatten und keine Irrwische. Vielleicht hatte Phillip gar nicht von diesem Zimmer gesprochen, sondern irgendeinen anderen Raum des Hauses gemeint? Jedenfalls glaubte Dorian, seinen Worten entnehmen zu können, daß irgend etwas oder jemand eingetroffen war. Sollte er ausharren und warten, bis derjenige in dieses Zimmer kam?
Er fühlte sich plötzlich wie in einer Falle gefangen. Ohne sich seiner Tat richtig bewußt zu werden, riß er die Tür auf und rannte auf den Korridor hinaus. Rasch warf er noch einen Blick auf Phillip zurück, der sich lautlos auf dem Bett hin und her warf. Es würde schon nichts passieren, wenn er ihn einige Minuten allein ließ.
Stimmen dröhnten durch das Stiegenhaus aus dem Erdgeschoß zu ihm herauf. Sich an der Wand haltend, wie er es bei Lord Hayward beobachtet hatte, stieg er die Treppe vorsichtig hinunter. Wenn er jemandem begegnete, konnte er immer noch irgendeine Ausrede erfinden. Schließlich hatte ihm Lord Hayward zugestanden, daß er sich im Haus frei bewegen konnte.
Dorian erreichte ungehindert die erste Etage. Die Stimmen waren noch lauter geworden, blieben aber unverständlich. Sie schienen aus dem Salon zu kommen.
Dorian ging weiter nach unten. Von der achten Stufe aus konnte er in den Salon blicken. Was er sah, ließ ihn erleichtert aufatmen.
Lady Hurst saß wieder in dem mit Brokat überzogenen Ohrensessel, den sie für immer mit Beschlag belegt zu haben schien. Hinter ihr stand ihr Sohn Henry. Er blickte zu einem Mann auf, der noch in Hut und Mantel war. Als der Mann den Kopf leicht zur Seite wandte, erkannte Dorian seinen Freund Donald Chapman.
Chapman sagte gerade: »Es entspricht vielleicht nicht den Gepflogenheiten, daß Versicherungsagenten im Haus ihrer Kunden übernachten, aber Sie müssen zugeben, daß der zu Versichernde völlig aus der Norm schlägt.«
»Sie haben recht, Mr.
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