031 - Die blaue Hand
- Mrs. Groat hatte mich beauftragt, an diese Frau - sie ist eine alte Freundin von ihr - zu schreiben und sie zu bitten, zu ihr zu kommen und bei ihr zu bleiben. Ich glaube, Mrs. Groat hat große Angst vor Digby.«
»Und sie ist gekommen?«
»Ja, aber nur eine Stunde geblieben. Mr. Groat setzte sie ohne Umschweife wieder auf die Straße. Es geht wirklich sonderbar zu in dem Haus! Die alte Mrs. Weatherwale haßt Digby furchtbar. Sie war reizend zu mir.«
»Wer könnte Digby Groat schon lieben? Erzählen Sie bitte weiter -hat sie etwas über ihn gesagt?«
»Sie ist über alles im Bild, sie kennt auch die Geschichte mit Estremeda. Glauben Sie übrigens, daß sich dadurch die Sache mit dem Testament ändert?«
»Nein, Digby bleibt immer ihr Sohn. Wenn sie das Geld erst einmal hat... Die Tatsache, daß er nicht der Sohn von John Groat ist und vor der Ehe geboren wurde, ändert daran überhaupt nichts.«
»Wann werden die Groats nun in den Besitz des großen Vermögens kommen?«
»Am nächsten Donnerstag«, seufzte Jim. »Und es gibt noch nicht die geringste gesetzliche Handhabe, um es zu verhindern.«
Er sagte ihr nicht, daß er Lady Mary Danton gefunden hatte. Er durfte von sich aus dieses Geheimnis nicht lüften, und darum konnte er ihr auch nicht sagen, daß Lady Mary die Dame war, die sie gewarnt hatte.
Als sie weiter durch den Park gingen, hängte sie sich an Jims Arm ein. Sie lachte ihn aus, weil er noch immer nicht von seiner alten Idee ablassen konnte, sie mit der Dantonschen Erbschaft in Verbindung zu bringen.
»Ich möchte gar niemand anders sein als die, die ich bin. Ich habe meine Mutter geliebt und sehr um sie getrauert, als sie starb. Auch mit meinem Vater stand ich sehr gut.«
»Ja, es ist eine phantastische Idee, und angesichts der Tatsachen kann ich sie auch nicht aufrechterhalten. Ich habe einen Freund in Kapstadt, der auf meine Bitte hin Nachforschungen angestellt hat.«
»Jim, wir wollen nicht in ein Lokal gehen, um Tee zu trinken! Könnten wir, da wir doch in der Nähe sind, nicht in Ihre Wohnung gehen? Ich würde sie gern einmal sehen.«
Seine Wohnung gefiel ihr außerordentlich. Sie legte ihren Mantel ab und machte sich in der kleinen Küche zu schaffen.
»Sie haben mir erzählt, daß es eine ganz kleine Wohnung ist«, sagte sie vorwurfsvoll, als sie den Tisch deckte. »Es ist hier so sauber. Sie haben doch nicht alles selbst gereinigt und geputzt, all das Geschirr und Porzellan?«
»Eine ältere Frau kommt jeden Morgen und bringt alles in Ordnung.«
»Da kommt ein Zug!« Sie sprang zum Fenster. Ein D-Zug donnerte am Haus vorbei. In entgegengesetzter Richtung nahte mit hoher Geschwindigkeit ebenfalls ein Zug.
Sie sahen sich an und lachten.
»Kommen Sie, Jim, wir wollen unseren Tee trinken, ich muß ja wieder nach Hause.«
Sie setzte gerade die Tasse an ihre Lippen, als die Tür aufging und eine Frau eintrat. Eunice bemerkte sie erst, als sie Jim sagte. Die Frau an der Tür war sehr schön, wie Eunice sofort sah.
Ihr Alter war schwer zu bestimmen, obschon nicht jung, hatte sie eine glatte Haut und nur wenige graue Haare. Einen Augenblick sahen sich die beiden Frauen in die Augen.
»Ich komme nachher wieder. Es tut mir leid, daß ich Sie gestört habe.« Mit diesen Worten verließ die Dame das Zimmer.
Ein peinliches Schweigen folgte. Jim setzte dreimal an, um eine Erklärung vorzubringen, brach aber jedesmal wieder ab. Er konnte ja nicht sagen, daß die Dame Lady Mary Danton war.
»Sie hat Sie Jim genannt - ist es eine Freundin von Ihnen?« fragte Eunice endlich.
»Es ist meine Nachbarin, Mrs. Fane.«
»Sie haben mir aber erzählt, Mrs. Fane leide an Paralyse, könne nicht aufstehen und habe seit Jahren die Wohnung nicht verlassen?«
Jim war ratlos.
»Ich möchte Ihnen erklären, Eunice ...«
»Wie ist sie in die Wohnung gekommen? Sie muß selbst aufgeschlossen haben. Hat sie einen Schlüssel zu Ihrer Wohnung?«
Jim wußte nicht, was er sagen sollte.
»Ich möchte wissen, ob sie einen Schlüssel hat, Jim!«
»Ja, sie hat einen Schlüssel. Es ist ... Ich kann es jetzt nicht aufklären, Eunice, aber Sie müssen ...«
»Ich verstehe. Sie ist sehr schön.«
»Ja, ja, aber hören Sie ...« Jim fühlte sich immer elender. »Sie spricht von meinem Telefon aus, sie hat kein eigenes, begreifen Sie doch, Eunice!«
»Ja, ich begreife - und darum nennt sie Sie Jim!« Sie schob ihren Teller zurück. »Ich kann nicht länger hierbleiben. Bitte, begleiten Sie mich nicht nach Hause,
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