031 - Die blaue Hand
sich vor, nach dieser Transaktion die Dienste dieses unangenehmen Schotten nicht mehr in Anspruch zu nehmen. Er haßte das Gesetz, und er haßte Rechtsanwälte. Er hatte den Eindruck gehabt, daß die Firma Bennett froh sei, diesen großen Auftrag zu erhalten, und deshalb seinen Wünschen entgegenkommen würde. Zu seinem Verdruß mußte er feststellen, daß der gefügige Rechtsanwalt, den er sich vorgestellt hatte, in Wirklichkeit nicht existierte.
»Geben Sie mir das Dokument, ich werde meine Mutter unterzeichnen lassen.«
»Werden Sie nach Paris fahren?«
»Ich lasse es ihr mit Flugpost schicken.«
Der Anwalt nahm die übrigen Papiere und legte sie sorgfältig in seine Ledermappe.
»Dann erwarte ich Sie also morgen um zwölf Uhr im Büro des Nordland-Syndikats.«
27
Digby Groat machte eine unvorhergesehene Reise nach Kennett Hall, dem Landsitz, den seine Mutter einst geerbt hatte.
Den Wagen schickte er schon am frühen Morgen voraus, er selbst fuhr mit dem Zug. Vor dem Bahnhof wartete der Wagen auf ihn. Die paar Beamten sahen Digby nicht gerade freundlich nach, als er den Bahnsteig verließ.
Eine hügelige Straße führte nach Kennett Hall. Die schmiedeeisernen Tore waren prachtvolles Rokoko, die Wachhäuschen zu beiden Seiten dagegen viktorianische Bauten, die häßlich und zerfallen aussahen. Unkraut überwucherte die Blumenbeete, den geschotterten Fahrweg konnte man kaum mehr vom Rasen unterscheiden.
Der Verwalter kam zum Tor geeilt und schloß es auf.
»Ist jemand hier gewesen?« fragte Digby.
»Nein, Sir, nur der Flugzeugführer ist da.«
»Steigen Sie aufs Trittbrett, Masters!« befahl Digby.
Der Wagen fuhr durch eine lange Ulmenallee, drehte dann nach rechts und hielt vor einer Terrasse. Alle Schönheit der Natur von Somerset kam nicht gegen den traurigen Eindruck auf, den das Herrenhaus machte. Steingeländer, Terrassen und Hauswände zerbröckelten. Digby kannte den Anblick, ihn deprimierte er nicht, er hatte schon immer die Absicht gehabt, das Haus niederzureißen und einen modernen Bau errichten zu lassen.
Masters schloß die große Haustür auf. Im Innern wurde der Verfall noch deutlicher als draußen. Als sie in die Eingangshalle traten, entstand ein Huschen und Rascheln.
»Ratten gibt es auch?«
»Ja«, bestätigte Masters, »sogar unheimlich viele. Ich habe Mühe, sie von meiner Wohnung fernzuhalten, aber hier im Ostflügel ist es geradezu fürchterlich.«
»Wo ist der Flugzeugführer?«
Digby folgte dem Verwalter durch einen langen, dunklen Gang.
Der bärtige Villa nickte ihm vergnügt zu. Er trug noch Fliegerkleidung.
»Gut, daß Sie da sind«, sagte Digby. »Ich habe es glücklich geschafft, aber es ist eigentlich mehr ein Zufall.
Ich bin diese leichte Maschine nicht gewöhnt. Es ist besser, wenn Bronson sie zurückbringt.« Digby setzte sich ihm gegenüber.
»Bronson kommt hierher. Ich erwarte ihn heute abend.«
Villa wartete, bis Masters gegangen war.
»Was ist eigentlich los? Sie wollen doch nicht einen Domizilwechsel vornehmen?«
»Vorläufig schwer zu sagen. Der Flugplatz in Seaford wird beobachtet, Steele ist alarmiert, jedenfalls vermutet er etwas. Ich kann nur ein Privatflugzeug nehmen.«
»Dieses Haus ist aber auch nicht das Richtige für Sie!« Villa schüttelte den Kopf. »Warum kommen Sie überhaupt hierher? Eignet sich nicht als Hauptquartier... Steht die Sache schlecht?«
»Es kann sein, daß jeder sehen muß, wie er davonkommt. Ich hoffe, daß es nicht dazu kommt. Alles hängt davon ab ...« Digby beendete den Satz nicht und fragte unvermittelt: »Wie weit liegt die Küste von hier?«
»Die ist sehr nahe. Ich bin in zweitausend Meter Höhe geflogen und konnte den Kanal von Bristol deutlich sehen.«
»Ich kann mich ja auf Sie verlassen, Villa, und darum muß ich Ihnen jetzt sagen - auch wenn Sie diese schnellen, leichten Flugzeuge hassen, müssen Sie sich trotzdem bereit halten, mich mit einer solchen Maschine in Sicherheit zu bringen. Verstehen Sie mich recht, es muß nicht dazu kommen, so wie ich die Sache überblicken kann, aber wir müssen auf alles vorbereitet sein. Nun gut, aber das ist noch nicht alles. In der Zwischenzeit hat sich noch ein anderer Auftrag für Sie ergeben. Sie haben wahrscheinlich in den Zeitungen von dem reichen brasilianischen Pflanzer Maxilla gelesen? Er hält sich jetzt in Deauville auf.«
»Meinen Sie den Spieler?«
»Er hat in der letzten Zeit viel Pech gehabt. Ich weiß zufällig, daß er allein in der letzten Woche etwa
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