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0313 - Der Blutgraf erwacht

0313 - Der Blutgraf erwacht

Titel: 0313 - Der Blutgraf erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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zu schaffen.
    Etwas knackte schon verdächtig. Er hieb und schnitt.
    Der nächste Pfeil durchschlug die Messerhand. Die Klinge blieb im unterarmdicken Seil stecken. Der Mann stöhnte verzweifelt auf. Der Blutverlust schwächte ihn. Er wußte, daß er nicht mehr lebend hier wegkam. Er warf sich auf das Seil, auf das Messer. Zwei Pfeile gleichzeitig durchschlugen ihn, nagelten ihn förmlich an die Wand.
    Haltlos sank er zusammen.
    Aber die letzten Fasern des Seils rissen, als seine Augen brachen.
    Er sah noch, wie ein paar Männer die Stiegen hinaufrannten, um das Öffnen der Zugbrücke zu verhindern, sah noch, wie die Räder wirbelten und die Ketten nach unten rasselten, dann war die Schlacht für ihn vorbei.
    Die Zugbrücke donnerte nach unten.
    Pferdehufe donnerten über die Brücke. Berittene Bauern rammten das Tor auf, hieben sofort mit Sensen und Dreschflegeln um sich.
    Die fünf, sechs Männer, die bisher im Burghof zusammengekommen waren, schossen mit Pfeilen und hieben mit Schwertern, aber sie wurden niedergeritten.
    Aber die Sturmglocke läutete. Und jetzt stürmten sie hervor, die Verteidiger, in Kettenhemden, mit Hellebarden und schweren Bihändern und Streitäxten.
    Binnen Augenblicken brach im Burghof die Hölle los. Und der Sensenmann lachte und hielt reiche Ernte.
    ***
    Bodo von Geyerstain sah den Lautenspieler drohend an. Erblassend hörte der Jüngling auf, sein Instrument zu malträtieren. Auf der Stirn des Grafen bildete sich eine senkrechte Falte.
    »Wenn du nicht bald beginnst, besser zu spielen, lasse ich dir den Kopf vor die Füße legen«, verkündete Bodo von Geyerstain.
    Im Hintergrund des Saales erhob sich eine gedrungene Gestalt.
    Die Augen glänzten erfreut. »Darf ich, Herr? Ja? Darf ich?«
    »Nein«, beschied ihm der Herr von Geyerstain. »Noch nicht.«
    Der Henker verschanzte sich wieder hinter dem Krug Wein. Aus dem soff er. Graf und Gräfin von und zu Geyerstain nippten an güldenen Pokälchen, in die ständig nachgeschenkt wurde. Schlußendlich aber waren die Mengen auch nicht geringer, wenn man alles zusammenrechnete. Bodo von Geyerstain rechnete aber ungern in anderen Begriffen als denen, welche »Häupter erschlagener Feinde« genannt wurden. Davon gab’s genug und hätte es noch mehr gegeben, wenn sich Trogo, der Zauberer, nicht immer wieder ein paar ausgeliehen hätte, die er im Zuge magischer Experimente zumeist zerstörte. Die Sammlung, fand Graf Bodo, schrumpfte in den letzten Monden beträchtlich zusammen. Es wurde Zeit, die Bestände wieder einmal aufzufüllen.
    Der junge Lautenspieler nahm seine Tätigkeit wieder auf. Er spielte nicht besser als zuvor, aber langsamer. Bodo seufzte. Der Henker vernahm’s und hob wieder erwartungsvoll den Kopf.
    »Nein«, donnerte Bodo. »Ich gebe ihm noch eine Chance.«
    Worauf der erschrockene Jüngling prompt eine Saite zerriß.
    »O weh«, hauchte Gräfin Gundhilde. »Wir werden wieder eine neue Laute beschaffen lassen müssen.« Andere hätte »stehlen« gesagt. Gräfin Gundhilde war entschieden vornehmer.
    Bodo nippte wieder am Wein.
    »Es ist mir ein Rätsel«, philosophierte er, »wie dieser Knabe es fertigbringen möchte, mit einer Saite weniger als zuvor ein besseres Spiel hervorzubringen. Da ich mich aber ungern mit Rätseln dieser Art abgebe, mag man ihn fortschaffen.«
    Schon schoß der Henker am Ende der Tafel hoch. »Herr, darf ich, ja?«
    »Fünfzehn Peitschenhiebe auf die nackten Fußsohlen«, sagte Bodo gelangweilt. »Aber nicht hier, ja? Ich mag es nicht, wenn das Blut auf den Teppich spritzt und den besudelt.«
    Der Teppich stammte aus dem Orient und hatte zwei Sklavinnen gekostet. Zwei Mädchen, die Bodo ohnehin loswerden wollte, weil die eine widerspenstig war und die andere ihm nichts Aufregendes mehr brachte.
    Zwei Männer nahmen den Lautenspieler zwischen sich und schleiften ihn fort, allerdings erst nach einer kräftigen Kopfnuß, die seinen Widerstand brach.
    »Füllen«, befahl Bodo und hob den güldenen Pokal. Ein Diener sputete sich, dem Wunsch seines Herrn Folge zu leisten.
    Graf Bodo feierte viermal im Monat ein Fest. Seine Untergebenen nannten es hinter vorgehaltener Hand freudig »Orgie.« Es gab Wein und Gerstensaft im Übermaß, den man zuvor auf Raubzügen beschafft hatte. Es gab Musik und Tanz – der Graf war sehr leutselig und teilte Wein und Weib mit der Dienerschaft und umschichtig auch mit den Söldnern und dem sonstigen Kriegspersonal. Natürlich nicht sein eigen Weib – da war er recht eigen.

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